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Elena
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Mir wären nie in den Sinn gekommen, dass mir so schwer fallen würde mich von Freya zu verabschieden. Ich fühlte mich etwas komisch als ich sie drückte und dann sah wie sie ihren kleinen Koffer nahm. Ich stelle mir viele Fragen in diesem Moment, aber vor allem eine: wo war er? Auch Liz blickte sich um und schien auf dem Bahnsteig nach den roten Locken Jannis's zu suchen. ,,Leute, ihr könnt aufhören so zu gucken." Freya lächelte etwas wehmütig. ,,Er wird nicht kommen. Wir haben uns schon verabschiedet und ich habe nicht erwartet dass er herkommt. Ist ja auch egal ich habe ja euch." Sie lächelte noch einmal, dann stand da auch schon ihr Zug. Es fühlte sich ein bisschen an wie ein Deja vue. Nur dass es diesmal nicht Liz, sondern Freya war die in diesen Zug steigen würde und den Traum verfolgen würde. Wieder ohne mich. ,,Auf ins Großstadtleben" sagte sie leise und stieg ein. Großartige Abschiedszeremonien waren noch nie ihr Ding gewesen, Liz war da eher dafür. Ich war auch eher für kurz und schmerzlos und direkt. In manchen Situationen hielt ich mich nicht ganz an meiner eigenen Vorsätze. Situationen wie....
,,Da geht sie hin." Liz tupfte sich theatralisch mit einem imaginären Taschentuch die Augen. ,,Lass uns gehen." Sie hakte sich bei mir unter und gemeinsam schritten wir majestätisch, oder eben auch nicht, über dem Vorplatz, die lange alte Kopfsteinpflasterstraße hinunter, bis wir mal wieder vor dem Eiscafe standen und uns fragten: ,,Sollen wir oder sollen wir nicht?" Ich hätte es nie zugegeben, aber in dem Moment wäre ich gerne allein gewesen, ich weiß, das Liz es verstanden hätte.
Aber ich konnte es ihr nicht sagen und deswegen war ich auch wirklich froh, dass ihr einfiel, dass sie ihre Schwester abholen sollte und zu Hause ist Familie auf sie wartete. Ich wusste nicht so richtig wie sie das anfühlte. Meine Eltern erwarten, dass ich da war und ich wusste auch dass sie mich liebten, nur eben vielleicht etwas anders als manch andere.Es half nichts. Ich setzte mich auf. Es war dunkel draußen, ein Wind pfiff ums Haus, meine Eltern schliefen schon seit geraumer Zeit. Ich nicht, obwohl ich es eigentlich schon lange wollte. Ich hatte es mit allem versucht: Musik, Videos, Filme, lesen, sogar Meditation. Aber dabei kam ich mir selbst total albern vor. Ich wünschte ich hätte Liz unverbesserlichen Optimismus, denn dieser Moment fühlte sich nämlich so an als würde ich nie wieder einschlafen. Mühsam bewegte ich mich selbst dazu meine Bettdecke zurückzuschlagen und meine Füße auf den eiskalten Boden zu stellen. Vielleicht konnte mich ja der Anblick des Sternenhimmels etwas beruhigen. Ich sah nach draußen und lehnte mich gegen den kalten Fenstersims. Eine klare Nacht, bis auf die Wolken die vom Wind ziellos über den Himmel getrieben wurden. Viel von Sternbildern verstand Ich nicht, aber ich fand sie faszinierend. Klar, deutlich und doch unergründlich. Und schön. Ich hätte sie gern fotografiert aber mir war klar dass ich Moment nicht einfangen konnte. Also ließ ich es bleiben ich setze mich im Schneidersitz zurück auf mein Bett und tastete nach meinem Handy. Irgendwie muss ich mich beschäftigen bis ein neuer Tag anbrach. Irgentwie landete ich wieder bei Noah... war da noch was? Herzklopfen... nö... Zittern?... nö. Wenigstens das war nicht mehr so... Ich hatte mich wieder unter Kontrolle und doch verstand ich mich selbst nicht... Wer bin ich und wer will ich sein? Will ich ich sein oder die die ich besser sein sollte, wie es scheint? Und bin ich wenn ich anders bin als ich scheine dann immer noch ich selbst? Oder verändere ich mich dann? Und wenn ich lange anders tue als ich bin bin ich dann verändert? Und will ich wenn ich dann anders bin wieder so sein wie ich eigentlich war? Und fängt es dann von vorne an?
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6 Monate , 3 Tage, 7 Stunden und 30 Minuten
RomantizmEigentlich denkt man, es ist alles wie immer. Die Freunde sind die gleichen. Der Ort hat sich nicht verändert. Und ich fühle mich auch wie immer. Verrückt, ironisch, optimistisch, heillos romantisch. Aber es ändern sich Dinge. Menschen ändern sich...