Als er mich abgesetzt hat betrachtet er mich von unten nach oben. „Du hast dich kein Stück verändert. Bis auf die Schiene bist du noch ganz die alte Sarah!" Ich lache. „Und du hast deinen frechen Mund auch behalten, wie ich höre." „Hey, sei nicht wieder so fies zu mir, ich kenne deine Schwachstellen Mädchen.", grinst Leandro.
Mit seinen blonden Locken könnte er mein Bruder sein, bloss dass ich keine Locken sondern gerade Haare habe. Was würde ich dafür geben solche Löckchen zu haben wie mein bester Freund. Ich liebe seine Haare.
„Mensch Cucciola, sei mir nicht böse." „Nenn mich nicht schon wieder Cucciola, du weisst dass ich das nicht mag!" „Meine Mamma ist nun mal so, sie nennt dich auch so. Basta. Punkt!" Lachend wuschle ich durch seine Haare.
Leandro ist ein süsser blonder Italiener, er hat ziemlich Temperament, ist aber der liebste Junge (neben Roman natürlich), den ich kenne. Wir kennen uns seit Sandkastenzeiten, wir haben also schon früh zueinander Kontakt gehabt. Da wir im selben Quartier aufgewachsen sind haben wir oft was zusammen unternommen. Leandro ist mit drei Jahren von Italien hierhin gezogen und hat hier erst Deutsch gelernt, bei ihnen zuhause wird Italienisch gesprochen. Das hört man an seinem Akzent, der über die Jahre aber leider etwas verloren gegangen ist. Denn er hat sich perfekt an die deutsche Sprache angepasst. Und jede Woche kann er wieder etwas Neues auf Deutsch!
Aber dieser Spitzname, den mir seine Mamma verpasst hat, der hat auch eine Geschichte. Cucciola bedeutet auf Italienisch Tierbaby. Und das wiederum hat seine Mutter davon, dass wir als Kinder mit ihr gemeinsam in den Zoo gegangen sind. Ich war so fasziniert von den kleinen Babyrobben, da wollte ich eine mit nach Hause nehmen. Von da an hat sie mich nur noch Cucciola genannt.
„Komm, wir kochen uns was. Roman und Christian kommen nachher zum Essen." „Sag mal Cucciola, was ist das für ein Roman?" „Roman ist mein Freund. Also mein Freund Freund. Du weisst schon wie ich meine." „Ach sooo, komm schon, sag, wie ist er so?." Ich werde langsam weich. „Na gut. Aber hast du noch nichts erraten? Ich meine, wir sind in Dortmund und..." „Was? Roman Bürki? Der Roman?" Ich nicke zögerlich. „Hoffentlich hast du damit kein Problem Leo. Also, wenn schon dann... es tut mir leid aber es hat einfach Klick gemacht, ich.... Wir.... Er ist der wundervollste Mensch, den du je kennenlernen durftest, glaub mir. Er ist so herzlich, seine braunen Augen sprühen nur so und sein Lächeln haut einem vom Hocker. Ich weiss nicht, er hat bereits bei den ersten Worten ein komisches Wärmegefühl bei mir ausgelöst und..."
„L'amore, l'amore! Das ist die Liebe Sarah. Du hast dich ganz schön in ihn verguckt." Ich lächle und gucke etwas beschämt zu Boden. „Aber das heisst nicht, dass ich jetzt weniger Scheiss mit dir mache Leo. Komm in die Küche.", meine ich streng und missbrauche ihn als Pferd. Im Galopp geht's ins Herzstück des Hauses, die wunderschöne Küche. „Wow, in einer solchen Küche durfte ich noch nie kochen. Was kochen wir?" Ich grinse, Leandro auch. Dann fängt er damit an, die gesamte Zutatenliste der Lasagne runterzurattern. Von vorne bis hinten, sodass zum Schluss kein Gramm Mehl fehlt. „Prima, gehen wir einkaufen."
Leandro klimpert mit den Autoschlüsseln und ich weise ihn durch die Strassen bis zum nächsten Laden. Das ist so etwa der einzige Weg, den ich kenne hier in Dortmund. Zum nächsten Geschäft und wieder zurück. Grinsend lenkt mein bester Freund sein Auto um die Häuser und kommt schliesslich vor dem Laden zum Stehen. „So, kleiner Italiener, du trägst bitte den Korb und ich sage dir was du holen musst, ja?" Mit verdrehten Augen steigt er aus und gibt mir die Krücken aus dem Kofferraum nach vorne.
Nach dem Einkauf kochen wir unsere Lasagne-Spezial und decken den Tisch für vier. Ich werde also heute die Henne im Korb sein, die einzige weibliche Person unter allen Männern. Das Gemüse ist schnell geschnippelt und die Kerzen stehen. Spanische Musik läuft im Hintergrund und Leandro und ich singen laut zu Despacito mit. Dieser Song hat uns einfach gepackt, es ist unglaublich wie schnell ich den Text auswendig konnte. Direkt danach kommen mehrere Italienische Songs, zu denen Leandro lauthals mitsingt. Er ist eben mit Leib und Seele Italiener.
Schon zehn Minuten später stehen zwei pitschnasse Typen vor der Tür. „Mensch was ist denn mit euch passiert?", frage ich entgeistert. Christian grinst frech. „Wir dachten wir nehmen noch eine, ähmm, eine Shower bevor wir kommen zum Essen." Roman haut ihm auf den Hinterkopf, bricht aber dann in lautes Gelächter aus. Hinter mir hat nämlich Leandro noch einige Überreste von unserer Mehlschlacht im Gesicht. Die Bechamelsauce hat schlussendlich weniger Mehl abgekriegt als der Küchenboden. „Ich hab jetzt aber noch eine Küche, oder habt ihr die abgefackelt?", fragt Roman belustigt und wackelt mit den Augenbrauen. Das Funkeln in seinen Augen ist wieder da, auch Christian kriegt sein Grinsen nicht aus dem Gesicht. „Aber jetzt kommt doch erstmal hinein, ihr werdet noch krank."
Roman kann ein erneutes Lachen nicht unterdrücken. „Danke, dass du mich in mein eigenes Haus reinbittest.", meint er keck und gibt mir einen Kuss. „Bääääh du bist nass! Geh duschen und dich umziehen.", lache ich und gebe ihm meinen Klaps auf den Po. Leandro versteckt sich schüchtern im Türrahmen. „Leo, sonst bist du doch auch nicht so schüchtern. Komm, sag Hallo!" Ich reisse ihn an der Hand nach vorne. Schüchtern hebt er die Hand und winkt in die Runde. Roman und Christian winken zurück. Sie stehen noch immer im Regen. Christian beginnt jetzt zu zittern, auch Roman steht nicht mehr still.
„Kommt jetzt rein verdammt!" Sofort ziehe ich die beiden rein und Leandro rennt hoch um Frotteetücher zu holen. „Wo sind die denn?", schreit er volle Lautstärke von oben runter. „Im begehbaren Schrank ganz rechts, die linke Tür. Dort auf dem obersten Tablar. Aber sei vorsichtig, die Tür ist kaputt.", brülle ich zurück. Nebeneinander sitzen die zwei auf dem Sofa und zittern. „Was müsst ihr denn auch ohne Jacke im November in die Stadt?" Leandro kommt mit Tüchern und Decken wieder zurück und legt Christian sofort ein Tuch um die Schultern. „So, jetzt geht ihr beiden Duschen und wir machen in der Zwischenzeit die Lasagne bereit." Roman nickt und tapst die Treppe hoch. Christian verschwindet im Bad des unteren Stocks. Leandro grinst und stellt die Teller auf den Wohnzimmertisch. „Ich glaube wir essen hier in den warmen Wolldecken, okay?" „Ja, ist gut. Ich hol schon mal den Salat und den Rest des Gedecks." „Okay."
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Grüsse aus dem Wallis, wir haben zurzeit etwa -20 Grad draussen. Und ich fahre Ski. Okay, zu viele unnötige Informationen, noch eine schöne Zeit und bis bald. Hab euch lieb.
T.
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47 degrees north (Roman Bürki FF)
FanfictionDie 19jährige Sarah hat auf ihrer Russlandreise nicht mit dem Team des BVB gerechnet. Gemeinsam startet eine mehrtägige Wanderung durch das Kaukasus-Gebirge in Russland. Dass sie auf ihrer Reise besondere Menschen kennen lernt, macht die ganze Situa...