Kapitel 53

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Als wir den Raum betreten, sehe ich ein Bett, umringt von Geräten und Kabeln. In der Mitte liegt ein Häufchen Elend. Milli, kalkweiss im Gesicht, liegt auf der Matratze wie tot. Er bewegt sich nicht, nur der Sauerstoff, an den er angeschlossen ist, blubbert ununterbrochen. Der Infusomat piepst ab und an oder das Gerät zeigt einen zu niedrigen Puls an.

Die Frau, welche am Bett steht und eine Infusion anschliesst, kenne ich. „Jay, Mensch was tust du denn hier?", frage ich meine Arbeitskollegin. „Ich arbeite für die nächsten sechs Monate hier. Während du dein Praktikum woanders machst, mache ich meines hier.", meint sie gelassen und nimmt mich in den Arm. „Aber woher kennst du Herrn Philipp?" „Naja...", meine ich und deute auf die beiden Profifussballer hinter mir. Jays Augen werden gross und Roman lächelt. „Dürfen wir denn zu unserem Freund?" „Aber klar.", meint sie und ich verlasse mit ihr gemeinsam das Zimmer.

Im Vorraum erklärt sie mir, was genau mit Milli passiert und wie es weitergeht. Ich kralle mich geschockt in ihren Arm. „Wird er durchkommen?" „Er ist aus dem Gröbsten raus. Es kann natürlich immer wieder zu Nachblutungen kommen aber die Chancen auf eine komplette Heilung stehen gut. Er hatte echt Glück, warum hat er nichts gesagt? Will hat mir die Geschichte erzählt." „Will?" „Schätzchen er ist mein Bruder. Aber warum hat er nix gesagt?", fragt mich Jay und deutet auf Milli. „Milli ist nicht einer, der rumheult. Im Gegenteil, er beisst die Zähne zusammen und stiert alles durch, was er tun will. Manchmal ist er so ein Sturkopf, echt.", erzähle ich ihr und sie schliesst mich in die Arme. „Jetzt geh schon zu deinen Freunden. Ich habe jetzt Feierabend, ruf mich nachher noch einmal an bitte. Und wenn was ist, bitte ruf mich sofort an.", meint sie schliesslich und öffnet mir die Tür.

Zögerlich mache ich einen Schritt ins Zimmer. In das Zimmer, in dem Roman vor ein paar Wochen noch gelegen hat und um sein Leben gekämpft hat. Ganz ehrlich, hat diese Pechsträhne auch mal ein Ende? Irgendwann kann ich nicht mehr, diese Angst einen geliebten Menschen zu verlieren frisst einen innerlich auf. Roman nimmt mich in den Arm und vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren. Ich drücke ihn an mich, mein Herz klopft Eine solche Umarmung habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Nicht dass wir uns zu wenig umarmen, es löst in mir einfach gerade alle Gefühle. Ich fühle Freude, Glück aber auch Trauer und grosse Angst. Die Emotionen prasseln auf mich ein. Dann piepst ein Gerät, im Bett regt sich etwas.

Ich lächle und gehe einen Schritt aufs Bett zu. Doch es ist nicht etwa erfreulich, im Gegenteil. Milli krampft. Seine Hände sind zu Fäusten geballt und er schlägt wild um sich. Sofort rennen Ärzte und Pfleger rein, Roman führt mich langsam aus dem Raum. Nachdem ich mich draussen ausgeheult habe fühle ich mich einfach nur völlig leer. Die ganze Zeit sitzt mein Freund neben mir auf den hässlichen blauen Plastikstühlen, die vor der Intensivstation platziert sind. Scheinbar müssen hier öfters Angehörige draussen warten. Auch wenn die Wände hier in einem schönen, hellen Blau gestrichen sind, wirkt der Raum sehr kalt. Ich fühle mich nicht sehr wohl in meiner Haut.

Vor uns an einem anderen Tisch sitzt eine alte Frau, die sich gerade geräuschvoll die Nase putzt. Sie schluchzt kurz darauf allerdings schon wieder los. Besorgt schaue ich sie an. Sie sieht, dass ich sie anschaue. Verbissen versucht sie sich ein Lächeln aufzuzwingen.

Nach einer Weile kommt ein Arzt raus, ich frage ihn über den Gesundheitszustand von Milli aus. „Das ist schwierig zu beurteilen, er hat eine Gehirnblutung erlitten. Das kann vom Unfall hervorgerufen worden sein, jedoch aber auch von anderen Faktoren. Er ist im Moment im OP, wir können noch keine genaue Prognose geben. Allerdings hat sich sein Zustand durch die Blutung akut verschlechtert, er muss jetzt kämpfen.", meint der Arzt und nimmt mich dann etwas von Roman und Jule weg. „Bitte geben Sie gut Acht auf die Beiden. Es sind seine Teamkollegen und ich weiss, dass sie ihm sehr nahe stehen. Die beiden brauchen Sie jetzt mehr denn je.", flüstert er mir zu und ich nicke. Ich weiss, dass ich für sie da sein muss, auch wenn ich selbst sehr darunter leide. Roman nimmt das alles mehr mit als er zugibt.

Der Abend bricht an und wir warten elend lange Stunden auf diesen unbequemen Plastikstühlen. Mir fällt ein, dass ich mich noch bei Nuri und Jay melden muss, ich habe es beiden versprochen. Schliesslich rufe ich den Fussballer zuerst an. „Ja, hier Sahin?", meldet er sich und flucht eine Sekunde später laut auf. „Nuri, hi, hier ist Sarah." „Hi! Sorry, bin gerade in einen Legostein von Ömer getreten. Was gibt's denn?", fragt er mich nichts ahnend. „Nuri setz dich bitte hin, ja? Oder sag Tugba Bescheid sie soll sich neben dich setzen.", meine ich vorsichtig und man hört im Telefon ein leises Rascheln. Dann hört man Tugba und ihn auf Türkisch reden, anschliessend meldet er sich wieder.

„Millis Zustand hat sich akut verschlechtert, er hatte wohl eine Gehirnblutung. Ich weiss nicht wie es genau entstanden ist, ich bin bei ihm gewesen, gemeinsam mit Jule und Roman. Dann hat er plötzlich gekrampft, es war schrecklich. Roman hat mich aus dem Raum geschleift und die Ärzte haben Milli aus dem Raum gefahren. Einfach nur der Horror.", rattere ich die heutige, erneut filmreife Story runter. Hätte mir jemand diese Geschichte erzählt, hätte ich sie niemals geglaubt.

Eine Stunde später steht Nuri mit vier Starbucks Bechern in der Hand im Eingang und schaut uns traurig an. Wir begrüssen uns und freuen uns über den warmen Kaffee, die Plörre vom Automaten ist doch nicht so lecker und das Restaurant hat geschlossen. „Marc und Erik wollen nachher auch noch hierher kommen, ich habe das Training für morgen abgesagt.", meint Nuri plötzlich. „Dann ist er nicht alleine hier." Ich nicke. „Ich werde auch in jeder freien Sekunde hier sein."

Roman steht neben mich und hält meine Hand. Sie ist wieder kalt und schweissig, das bedeutet er hat Angst. Zitternd steht er neben mir während ich mein Handy zücke. „Hey Jay.", meine ich zögerlich. „Hey Sarah. Was gibt's?", fragt sie aufgestellt. „Milli, er hatte eine Gehirnblutung. Kommst du auf die Intensiv?" „Oh Gott, natürlich. Ich bin gleich unterwegs.", ruft sie ins Telefon, während sie sich auf den Weg macht.



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Tatataaaaa!

okay, ich weiss ich bin dumm. jaaa, ich hab wirklich das Kapitel 52 nochmal hochgeladen, anstelle von Kapitel 53. Okay, dumm muss man sein!

Und was läuft bei Jay und Milli? Sie scheint sich wirklich um ihn zu sorgen.

see you

T.

47 degrees north (Roman Bürki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt