Kapitel 68

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Am Nachmittag kommen Erik und Jule vorbei. Wir quatschen etwa eine Viertelstunde gemeinsam und verlassen dann zu dritt das Zimmer. „Und jetzt, ab zu Milli.", ruft Jule, während er durch den Flur rennt und prompt mit Jay zusammenstösst. „Jay, ich dachte du wolltest nach Hause.", schimpfe ich mir ihr. „Naja, ich hab meine Wohnungsschlüssel hier vergessen und da..." „Du hattest vor mehr als sieben Stunden Feierabend meine Liebe. Ab ins Bettchen, hopphopp.", meine ich und gebe ihr einen Klaps auf den Po.

„Lass das. Wohin will denn deine Fussballmannschaft?" „Es ist nicht meine Fussballmannschaft. Und wir gehen zu Milli.", meine ich. Jays Augen weiten sich. „Was ist mit ihm?" „Du lebst aber auch hinterm Mond! Ach, komm einfach mit. Los, wir gehen.", lache ich und reisse sie am Arm mit.

Bei Milli im Zimmer ist es viel heller als in Romans Zimmer. Die Sonne scheint durchs Fenster. „Na, du Mimose!", begrüsst Erik seinen Mannschaftskollegen und schlägt mit ihm ein. „Ich bin keine Mimose. Ein Innenbandriss ist nicht wirklich toll, glaub mir." Ich grinse leicht, als Jay ins Zimmer tritt und sich schüchtern hinter mir versteckt. „Lasst ihn doch in Ruhe. Hi Milli.", meine ich und umarme ihn.

„Ich hab dir Jay mitgebracht. Weisst du noch, sie hat dich auf der Intensivstation betreut." Milli nickt. „Ja natürlich erinnere ich mich an sie.", meint er und schaut sie lächelnd an. Ich grinse. „Passt auf, eure Augen fallen noch aus euren Köpfen raus.", lache ich. „Mensch jetzt geh schon und umarme ihn Jay. Ich sehe doch, dass ihr euch anstarrt wie ein Löwe ein Rippchen."

Jule prustet los. „Dieser Vergleich. Aber wirklich, wir lassen euch jetzt in Ruhe." Kichernd verlassen Jule, Erik und ich den Raum, ich streife meinen Mundschutz kurz ab. „Im Ernst Jungs, geht nie erkältet in ein Spital. Unter dieser Maske kann man kaum atmen." Erik lacht. „Naja, du musstest ja auch unbedingt krank werden. Geh jetzt lieber nach Hause und kurier dich aus, wir geben schon auf Roman Acht."

„Danke, mach ich. Ich geh jetzt schlafen, habe letzte Nacht kein Auge zugetan. Womöglich sollte ich Jay mitnehmen, oder was meint ihr. Ich meine sie hat auch nicht geschlafen." „Vielleicht wäre das noch ganz gut wenn sie heute Abend wieder Schicht hat.", meint Erik besorgt und umarmt mich. „Bis bald." Auch Jule drückt mich an sich und gibt mir dann einen Luftkuss auf den Weg. „Und hüte dich vor den beiden Verliebten.", ruft er mir noch hinterher, bevor sie um die nächste Ecke verschwinden.

Ich klopfe an, dann betrete ich noch ein letztes Mal für heute Millis Raum. Die zwei sind gerade in einen Kuss vertieft, als ich mich hörbar räuspere. „Dürfte ich Jasmine entführen? Sie kommt bestimmt vor ihrer Schicht noch einmal zu dir aber sie hat seit gestern Abend nicht geschlafen und wir haben Nachmittag." „Ich komm ja schon. Bis bald Milli." „Ciao Jay. Bis dann.", ruft er und lächelt selig.

„Oh da haben sich aber zwei gefunden.", necke ich sie, als wir im Auto sitzen. „Halt die Klappe und fahr, ich bin müde." „Schätzchen, du hast noch genau acht Stunden Zeit um zu schlafen. Dann musst du wieder los. Ich schlage vor wir gehen zu mir. Wir haben zuhause eine grosse Couch, ein grosses Bett..." „Einverstanden. Los, ich will endlich pennen gehen."

***17. März 2019***

Der nächste Tag bricht an und ich fahre so früh wie möglich los ins Spital. Ich begegne Jay auf dem Flur, sie hält eine Tasse Kaffee in der Hand. „Morgen Jay. Wie sieht's aus?" „Gut, die Medikamente wirken. Er braucht einfach noch viel Ruhe, wenn alles komplikationslos verläuft kann er heute Nachmittag nach Hause." „Und Milli?" „Ne du, der muss operativ sein Innenband richten lassen."

„Ach so. Ich werde da sein, wenn er nach Hause kann. Also Roman. Womöglich muss ich aber heute Morgen noch einkaufen gehen. Unser Kühlschrank zuhause füllt sich nicht von alleine." „Ja geh nur. Er schläft sowieso noch und solange sollten wir ihn nicht wecken. Schlaf ist immer noch die beste Medizin, wie mein Opa immer zu sagen pflegte." Ich grinse, denn Grossvater hat immer das gleiche gesagt. Er war der liebenswürdigste Mensch, den ich gekannt habe. Ein riesengrosses Herz, unglaubliche Empathie und eine Lebensfreude, an der sich manch anderer eine Scheibe davon hätte abschneiden können. „Dann bis später.", rufe ich Jay zu und laufe zu meinem Freund.

Am Nachmittag kann Roman tatsächlich nach Hause gehen. Sein Zustand ist stabil und seine Werte sehr erfreulich. Wenn alles so weitergeht kann er in einer Woche mit dem Aufbautraining beginnen, seine Hand war ja nur gequetscht und verheilt somit recht schnell. Ich kann mir schon vorstellen wie quengelig er sein wird. Aber mir wird immer wieder bewusst, wie glücklich ich mit ihm eigentlich bin. Logisch gibt es mal den einen oder anderen Streit, mal hier eine Zankerei mal da eine Meinungsverschiedenheit. Aber in solchen Situationen merkt man einfach, was man voneinander hat.

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Freunde, heute Abend kommt vielleicht noch eins. Aber ich warne euch. Wer emotional ist, sollte besser Taschentücher bereithalten.

SPOILER!

Oder so. Also, see you later alligator!

47 degrees north (Roman Bürki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt