47 degrees north (Roman Bürki FF)

Kapitel 64

***15. März 2019***

Der Alltag hat sich wieder eingependelt, wir sind wieder zurück in Dortmund und ich bin wieder voll arbeitstätig. Marc wird nicht mehr geschont und ausnahmsweise ist mal kein Dortmunder verletzt.

Heute ist Bundesliga angesagt und zwar gegen die Bayern. Leider habe ich mir eine fette Grippe eingefangen und muss zuhause auf dem Sofa das Spiel verfolgen. Mit einem Krug voller Tee, einem Schal und dick eingewickelt in der Wolldecke sitze ich vor dem Fernseher und sehe zu, wie mein Liebster mit seinem Team einläuft. Hustend hole ich mich einen Zwieback aus der Küche, gegessen habe ich heute knapp zwei davon.

Plötzlich klingelt es an der Haustüre. Die Klingel schrillt in meinem Kopf wie ein ganzes Blasorchester. Cliff rennt bellend zur Tür um den Besuch zu begrüssen. „Leo, hi!", krächze ich. Leandro schaut mich entgeistert an. „Mensch Sarah, du siehst scheisse aus!", meint er. „Danke für das Kompliment." Ich will ihn gerade hineinbitten, als ich von einem Hustenanfall durchschüttelt werde. Leo führt mich an den Schultern auf die Couch zurück und schliesst die Türe wieder.

Vor dem Fernseher ist gerade Anpfiff. Roman hat sich so auf das Spiel gefreut, er hat mich schon Wochen zuvor gefragt, ob ich ihn begleiten möchte. Genau in diesem Moment vibriert mein Handy. Ein Foto von Meli und Sarah, sie sitzen im Stadion. „Du fehlst.", steht darunter. Ich schicke ein Bild zurück, darauf sieht man Leo mit der Popcornschüssel und der Cola, daneben ich mit meinem Tee. „Homeparty mit Leo." Ich lächle meinen besten Freund an. „Was tippst du?", frage ich ihn. „3:1 für uns.", meint er selbstsicher. „Ich tippe 1:0 für uns. Roman hält die Kiste sauber.", huste ich.

Dann geht das Spiel richtig los. Chance um Chance vergeben die Dortmunder. Auba haut das Ding rechts am Tor vorbei, Milli knallt es an die Latte. Marco haut das Leder an den Pfosten und auch Mario will das Runde einfach nicht ins Eckige bringen. Leo neben mir verzweifelt fast, es artet bereits in ein Frustessen aus, die Popcornschüssel ist leer. Cliff liegt in seinem Körbchen und wirft ab und zu einen verstörten Blick zu uns rüber.

Zur Halbzeitpause ist noch kein Tor gefallen, von beiden Seiten sind etwa gleich viele Chancen auszumachen. Leo begibt sich aufs Örtchen und ich schliesse meine Augen. Das Pochen in meinem Kopf wird weniger schlimm und ich merke, wie ich langsam abdrifte. Als Leo nach etwa zwei Minuten noch nicht auftaucht schlafe ich friedlich ein. Mitten in der zweiten Halbzeit wache ich auf. Leo ist hellwach und rastet beinahe aus. Milli wurde gerade im gegnerischen Strafraum schlimm gefoult. Man sieht, dass er schreckliche Schmerzen erleiden muss. Schreiend hält er sich seinen Fuss.

„Scheisse, das ist das Innenband.", entfährt es mir. Leo schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, als die Sanitäter aufs Feld eilen. Das Pech scheint doch kein Ende zu nehmen. Jedoch hat der Schiri schon lange auf den Elfmeterpunkt gezeigt. Bosz winkt jetzt Marco zu sich. Er soll den Elfmeter schiessen. Ich drücke meinen linken Daumen so fest ich kann. Die Menge applaudiert, als Milli mit Hilfe des Mannschaftsarztes aufstehen und hinaushumpeln kann.

Dann tritt Marco zum Penalty an. Er fokussiert sich ganz auf den Ball. Er schiesst... und trifft! Der BVB führt mit 1:0 gegen die Bayern. Jubelnd fallen Leo und ich uns um die Arme. Aber nicht lange herrscht die Freude, sogleich gibt es einen Angriff für die rot-blauen. Ich kann gar nicht hingucken, als Vidal mutterseelenalleine auf Roman zuläuft. Doch mein Verlobter macht alles richtig und stürzt sich, wie oft schon sehr riskant, auf den Ball zu. Er hält den Ball. Erneut juble ich auf und falle Leo um den Hals, als es plötzlich still wird im Stadion. Entsetzt wende ich mich wieder dem Fernseher zu.

Sofort habe ich ein Déjà-Vu von vor fünf Jahren. Roman liegt regungslos auf dem Platz. In der Zeitlupe sieht man wie Vidal, nachdem mein Freund den Ball genommen hat, ohne Grund nachsetzt. Er hat Roman gegen den Kopf getreten. Ich setze mich wie vom Blitz getroffen auf und stelle meinen Tee auf den Tisch zurück. Erik kniet sich sofort zu Roman hin und winkt wie wild mit den Armen. Kein gutes Zeichen. Ich renne hoch in unser Schlafzimmer, schnappe mir meine Handtasche und meine wärmste Jacke. Unten ziehe ich mich an.

„Verdammt Sarah, was tust du?", schreit Leo vom Wohnzimmer nach hinten. „Ich fahre dort hin. Jetzt.", verkünde ich und schnappe mir die Schlüssel, ehe ich noch einmal um die Ecke schaue. „Kommst du mit?" Leo schüttelt den Kopf und stellt die umgekippte Popcornschüssel zurück auf den Wohnzimmertisch. „Warte doch jetzt noch zwei Minuten. Dann wissen wir vielleicht etwas mehr.", meint er ruhig. Ich setze mich wieder zurück aufs Sofa und starre auf den Bildschirm. Mein Freund wird noch immer behandelt. Ich sehe Markus, wie er mit ihm spricht und ihn untersucht. Zumindest ist Jule bei ihm und auch Erik steht noch neben seinem Freund.

„So, jetzt gehen wir.", meine ich harsch und laufe auf die Türe zu. Leandro macht den Fernseher aus, rennt mir nach und setzt sich ans Steuer. „Ich fahre." Im Schnelltempo fahren wir in die Richtung des Signal Iduna Park. Zu 100% schicken sie ihn ins Krankenhaus, aber dann kann ich zumindest mitfahren. Vor dem Stadion lassen uns die Securitas sofort rein, sie kennen mich und wissen wohl auch, was genau passiert ist.

Schnell renne ich durch die Gänge in Richtung der Spielerkabinen, bis ich mich vor dem Notfallzimmer befinde. Dort steht Mario, der zur Halbzeit ausgewechselt wurde. „Sarah! Gott sei Dank, du bist da! Sie haben ihn schon in den Krankenwagen gebracht. Geh, dann erwischt du ihn noch." „Danke.", rufe ich ihm zu. So schnell ich kann renne ich so schnell ich kann zum Parkplatz, wo der Krankenwagen parkiert sein soll.

„Halt, warten Sie, ich will mit!", schreie ich und winke wild mit meinen Händen. Der Rettungswagen hält nach zwei Metern an und die Seitentüre geht auf. „Wer sind Sie?" „Seine Verlobte." „Steigen Sie ein, wir müssen so schnell wie möglich in die Klinik!", ruft der Sanitäter und gibt mir seine Hand, damit ich einsteigen kann.

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Und hiermit Happy Saturday!!!

Eventuell kommt noch ein Kapitel in einigen Minuten, bin gerade in Laune. Kommt natürlich auch ganz darauf an, ob überhaupt jemand Lust hat!?

See ya!