Im Krankenhaus angekommen steige ich sofort aus und renne um den Wagen. Roman wird auf der Trage im Eiltempo in den Schockraum geschoben, dort muss ich leider draussen warten. Zwanzig Minuten später kommt ein Sanitäter wieder raus und setzt sich zu mir auf die Wartebank.
„Hören Sie, es müssen noch einige Untersuchungen gemacht werden. Aber so wie es aussieht, hat Ihr Freund etwas mit der Lunge oder mit dem Herzen. Die Ärzte hier übernehmen ihn jetzt, das könnte alles etwas dauern. Soll ich Ihnen die Cafeteria zeigen?", fragt er und legt mir eine Hand auf die Schulter. Geistesgegenwärtig nicke ich und lasse mich von ihm aufhelfen. Er führt mich in die Cafeteria und bestellt mir sogar einen Kaffee, den ich langsam trinke. Der Sanitäter, der sich mittlerweile mit Will vorgestellt hat, versucht die ganze Zeit mich zu trösten.
Doch irgendwann piepst es in seiner Hosentasche und er muss zum nächsten Einsatz. Ich umarme ihn, weiss auch nicht warum ich das tue, doch es erleichtert mich ein wenig, denn ich fühle mich verstanden. Als er gegangen ist sitze ich auf den Plastikstühlen in der Cafeteria und starre Löcher in den Tisch. Ich weiss nicht, was ich tun soll. Der Kaffee vor mir wird kälter, ich trinke ihn trotzdem Schluck für Schluck auf. Er hilft mir aber nicht, im Gegenteil.
Irgendwann kommen Julian, Erik und Leandro angestürmt. Als sie mich entdecken kommen sie zielstrebig auf mich zu. Ich stehe auf und schmeisse mich meinen besten Freunden in die Arme. Sofort schluchze ich los. Leandro fährt mir durch die Haare und spricht mir beruhigend zu. Alle Leute in der Cafeteria starren. Klar, es ist auch nicht üblich, dass zwei Profifussballer und ein junger Italiener in der Notaufnahme des Krankenhauses ein Mädchen trösten. Doch ich bin mir sicher, dass sie alle wissen, wer ich bin. „Ich hab noch Milli angerufen, er bringt dir was zu Essen und ein Ladekabel mit. Wir sind einfach losgefahren so schnell wir konnten.", meint er atemlos. Ich nicke, drücke mein Gesicht wieder in Leandros Pullover und schniefe.
„Komm, wir fragen mal was mit ihm ist.", meint Erik und nimmt meine Hand. Auch Leandro greift mich am Arm und Julian schreitet zügig voran. Am Empfang der Notaufnahme fragen wir nach Roman. „Der junge Mann ist noch beim EKG, wir geben Ihnen Bescheid falls wir was wissen." Ich nicke und gehe betrübt zu den Stühlen zurück.
Leandro und Julian holen sich beide einen Kaffee und Erik setzt sich zu mir. „Weisst du Erik, ich hätte es merken müssen. Schon im Spiel gegen Gladbach hatte er Schmerzen, ich hab's genau gesehen. Ich hätte darauf schauen müssen, nachhaken müssen und ihn fragen müssen.", sage ich verzweifelt zu Erik. Dieser nimmt mich nur in den Arm.
„Mach dir keinen Vorwurf, wirklich! Auch er hat die Zeichen seines Körpers missachtet, auch er hat lieber gespielt anstatt sich zu schonen nach dieser Erkältung. Selbst ich habe net bemerkt, dass irgendwas mit ihm nicht stimmt.", meint Erik beruhigend, doch ich beruhige mich nicht.
Im Gegenteil. Ich mache mir die schrecklichsten Vorwürfe, schliesslich hätte ich all das hier verhindern können wenn ich nur auf die Zeichen seines Körpers geachtet hätte. Die Tränen laufen mir über die Wangen. Das letzte Mal habe ich in Russland so stark geweint, an Hendriks Bett, als wir um sein Leben bangen mussten. Und jetzt geht es um Romans Leben.
Nach einer ganzen Stunde kommt schliesslich ein Arzt. „Sind Sie die Angehörigen von Herrn Bürki?", fragt er uns. Sofort stehen wir auf. „Ja. Wie geht es ihm? Was hat er? Wo ist er?", frage ich drauflos. „Wie wäre es wenn wir zu ihm gehen?", fragt der Arzt. „Ich bin Dr. Meier. Ich bringe Sie jetzt auf die Intensivstation, dort liegt Ihr Freund.", meint er freundlich und läuft zügig voran.
Auf der Station bekommen wir einen blauen Kittel und dürfen dann den Vorraum des Zimmers betreten. Durch eine Tür und eine Glasscheibe sind wir noch von Roman getrennt. „Also, ich hab jetzt noch eine wichtige Frage an Sie. War ihr Freund vor einiger Zeit krank?", fragt Dr. Meier mich. „Ja, vor etwa zwei Wochen hatte er eine schlimme Erkältung. Er war mindestens drei Tage tief im Bett, ist kaum aufgestanden. Sein Zustand war wirklich schlecht. Aber es ging ihm wieder gut, zwei Wochen später hat er wieder normal trainiert und auch die Spiele wieder voll gespielt.", erzähle ich mit klopfendem Herzen, den Blick nicht eine Sekunde von Roman abgewandt.
Der Arzt nickt und schreibt sich dann etwas auf, ehe er sich wieder mir zuwendet. „Er hat eine Myokarditis erlitten. Das ist eine Entzündung des Herzmuskels. Bei ihm ist es jetzt durch ein Virus passiert, durch seine sportliche Betätigung hat er es herausgefordert und die Viren des grippalen Infekts verschleppt, er hat es somit noch schlimmer gemacht. Das kann im schlimmsten Falle lebensgefährlich sein, es kann tödlich enden. Gut dass Sie sofort und richtig reagiert haben, Sie haben ihm das Leben gerettet. Wir geben ihm jetzt Virostatika und er braucht Ruhe. Und er hat absolute Bettruhe. Die Schwellung muss zurücktreten, dann kann man schauen ob bleibende Schäden vorhanden sind und erst dann kann er langsam wieder mit dem Aufbautraining beginnen.", meint der Arzt fachlich. Ich nicke und greife Leandros Hand.
„Sie können ihn besuchen, er hat momentan noch Sauerstoff, der ihm zugeführt wird und er schläft noch. Das liegt aber an den Medikamenten und an seinem Zustand. Passen Sie auf dass er sich nicht überanstrengt. Dann dürfen Sie jetzt zu ihm.", meint der Arzt und hält mir die Türe auf. Drinnen piepst es und es riecht nach Desinfektionsmittel. Ich fühle mich wie damals in Russland, vor einem Jahr. Roman liegt im Bett, blass wie zuvor, jedoch nicht mehr so bläulich im Gesicht. Seine Stirn ist noch immer mit Schweisstropfen übersäht.
Langsam gehe ich in seine Nähe und greife seine Hand, die eiskalt ist. In seinem Handgelenk steckt eine Nadel, durch die er verschiedene Medikamente erhält. Als ich mich auf die Bettkante setze bewegt sich Romans Hand in meiner. Ich lächle und ziehe ihm die Sauerstoffmaske etwas runter, damit er etwas sagen könnte.
„Roman, ganz ruhig. Du bist auf der Intensivstation, alles ist gut. Du hast eine Herzmuskelentzündung, du darfst dich jetzt nicht aufregen! Ganz ruhig, ich hol den Arzt.", flüstere ich und winke den Arzt heran. Dieser betritt eilig den Raum und prüft den Puls und die Pupillenreaktion, Roman wirkt noch etwas desorientiert. Dann öffnet er langsam die Augen und blinzelt ins helle Licht. Er schaut die ganze Zeit verwirrt im Zimmer herum. „Wo bin ich?", fragt er. „Du bist im Krankenhaus Roman, alles wird gut.", beruhige ich ihn und setze mich wieder an den Bettrand, als der Arzt die Geräte einstellt.
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Happy Sunday sweeties!
Bis bald!
T.
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47 degrees north (Roman Bürki FF)
FanficDie 19jährige Sarah hat auf ihrer Russlandreise nicht mit dem Team des BVB gerechnet. Gemeinsam startet eine mehrtägige Wanderung durch das Kaukasus-Gebirge in Russland. Dass sie auf ihrer Reise besondere Menschen kennen lernt, macht die ganze Situa...