Kapitel 70

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Und so zieht sich die Zeremonie hin, wie bei jeder Hochzeit. Aber die eigene Hochzeit ist was anderes. Ich erlebe alles in einem rosa Schleier, es fühlt sich an wie frisch verliebt. Roman will jetzt, hier und vor allen Gästen einige Worte zu mir sagen.

„Sarah. Ich weiss noch genau, wo unsere Geschichte beginnt. In Russland, im Gebirge. An dem Ort, wo wir fast unser Leben lassen mussten. Unser Coach hatte die verrückte Idee, ein Wandertraining in den russischen Bergen zu veranlassen. Naja, heute bin ich ihm irgendwie dankbar dafür. Teambildung und Ausdauer, hatte er uns eingetrichtert, wir sollen uns gefälligst benehmen und als richtig grossartiges und verbundenes Team zurückkommen.

Nicht sehr romantisch für den Anfang einer grossen Liebesgeschichte. Nun ja, schlussendlich kamen wir als Team wirklich als beste Freunde zurück, der springende Punkt war aber, dass wir beinahe umgekommen wären.

Und genau in diesem Wandertraining habe ich Sarah kennengelernt. Die Liebe meines Lebens. Du kanntest mich kaum und hast mich behandelt, als wären wir schon jahrelang beste Freunde. Von der ersten Sekunde an hattest du Vertrauen in mich. Du hast mich in den Arm genommen, als ich am Ende meiner Kräfte war. Du hast mich getröstet, als ich nicht mehr weiterwusste. Und du hast mich aufgebaut, als ich nicht mehr konnte.

Nach und nach hast du Stück für Stück von meinem Herzen gestohlen und es bis heute nicht zurückgegeben. Du hast mir in den letzten anderthalb Jahren immer wieder gezeigt, was wahre Liebe ist. Selbst als du um dein Leben gekämpft hast, warst du mit deinen Gedanken bei mir. Und ich mit meinen bei dir. Als ich um mein Leben gekämpft habe, bist du nicht von meiner Seite gewichen, hast mit mir geredet, an meinem Bett gesessen und stundenlang meine Hand gehalten.

Sarah, es gibt Momente, in denen ich dich einfach nur in den Arm nehmen möchte und nie wieder loslassen will. Niemand kennt mich besser als du, du kennst jeden Winkel meines Herzens.

Du bist der Grund, weshalb ich jeden Morgen mit einem Lächeln aufstehe und mich auf den neuen Tag freue. Du bist der Grund, weshalb ich jeden Abend mit einem Lächeln ins Bett gehe und an den wunderschönen Tag zurückdenke. Du zeigst mir jeden Tag aufs Neue, was das Leben schönes bringen kann. Du zeigst mir, dass auch die kleinen Dinge im Leben zu den ganz grossen gehören können. Du führst mich aus jedem noch so dunklen Tal. Du bist an meiner Seite, wenn alle sich abwenden wollen.

Wenn alle wegsehen, siehst du hin. Dank dir weiss ich, was bedingungslose Liebe ist. Mit dir kann ich streiten und mich wieder versöhnen, ich kann lachen und weinen, ich kann reden und schweigen, ich kann dir vertrauen, aber auch mal ein Geheimnis vor dir haben. Ich werde jeden Tag mit einer neuen Facette von dir überrascht, obwohl ich dich mittlerweile besser kenne als mich selber.

Ich bewundere dich für deine Art, immer das positive in den Menschen zu sehen und ihre Gefühle zu lesen. Du weisst genau, wenn mir was fehlt. Du weisst, wenn ich was brauche oder wenn was nicht in Ordnung ist. Mit dir kann ich über alles reden, ich weiss, dass du es für dich behalten kannst. Du weisst immer, was du sagen musst, um mich aufzubauen wenn es mir schlecht geht.

Und du weisst auch, ich bin nicht der, der gerne grosse Reden schwingt. Deshalb hier kurz und bündig: Sarah, du bist die Liebe meines Lebens. Der Himmel zu meiner Erde, die Farbe in meinem Regenbogen, die Blume in meiner Wiese. Du bist das grösste Geschenk, das ich je erhalten habe und dafür danke ich Gott. Ich danke Gott für das grösste und schönste Geschenk, das man einem Menschen machen kann.

Sarah, ich liebe dich, bedingungslos und ich verspreche dir hiermit, vor all diesen Leuten, ich werde dich niemals aufgeben."

 Völlig überwältigt von diesen Worten und Gefühlen stehe ich da und lasse das Gesagte sacken. Dann laufen mir die Tränen runter, zum Glück waren die Mädels so intelligent und haben wasserfeste Schminke genommen. Ehe ich mich fasse, wischt Roman mir eine kleine Träne von meiner Wange und streicht dann eine Locke aus meinem Gesicht. Er wispert nur für mich hörbar: „Ich dachte du wolltest nicht weinen heute.", grinst und gibt mir dann einen kleinen Kuss auf die Hand.

„Roman, ich liebe dich auch. Mehr als alles andere auf dieser Welt.", schluchze ich und küsse ihn. Der Pfarrer spricht seine Worte und Gala bringt gemeinsam mit Leo die Ringe. Ein „Aaaaw" ertönt durch die Reihen in der Kirche und es sieht wirklich putzig aus. Die beiden würden das perfekte Paar abgeben. Die kleine Gala in einem bezaubernden weissen Kleidchen, ihre Schuhe und ihre Strümpfe passen perfekt und sie hält nebst dem kleinen Kissen mit den Ringen, an welchem sich auch Leo festklammert, einen Mini-Brautstrauss, der meinem zum Verwechseln ähnlich ist.

Als wäre es abgesprochen trägt Leo einen Anzug, der fast derselbe ist, wie Romans. In seiner Brusttasche steckt eine kleine, weisse Rose, die auch in Galas Haar wiederzufinden ist. Dieselbe, die auch in Romans Brusttasche und in meinem Brautstrauss steckt.

Ich weine vor Glück. Wir haben den Bund der Ehe geschlossen, wir haben es wirklich getan! Erwartungsvoll blicken zwei Kinderaugenpaare auf uns hoch, während wir die Ringe tauschen und uns anschliessend küssen. Dann gehen Roman und ich beide in die Hocke und geben Gala und Leo ein Küsschen auf die Stirn. Wir flüstern ihnen zu, dass sie jetzt zu Mama und Papa zurückgehen können, was sie natürlich auch sofort machen.

Roman streckt mir seinen Ellenbogen entgegen. Gemeinsam laufen wir aus der Kirche, während die Kirchenmusik ertönt. Draussen wartet eine wunderschöne Pferdekutsche mit weissen Pferden. Roman wusste, dass ich, genau wie meine Grosseltern damals, mit einer Kutsche fahren wollte. Vor der Kirche bekommen wir von allen Seiten Glückwünsche. Fast das gesamte Dortmunder Team ist da.

Karin und Martin kommen lächelnd auf mich zu. „Was haben wir für eine bezaubernde Schwiegertochter.", meint Martin und küsst mich dreimal auf die Wange. Karin fällt mir um den Hals, ehe sie ihrem frisch vermählten Sohn gratuliert. Plötzlich taucht Jelsa aus der Menge auf.

„Heilige Scheisse Jelsa! Was machst du hier?" Sie grinst mich an. „Ich kann doch nicht zuhause in Spanien rumsitzen wenn in Deutschland eine meiner besten Freundinnen heiratet! Dachtest du wirklich, ich lasse mir das entgehen?" Halb lachend halb weinend falle ich ihr um den Hals.

„Und du trägst ein Kleid! Mensch, dass ich das noch erleben darf, Jelsalein!" Sie schüttelt den Kopf. „Naja, Toni hat mich gezwungen..." „Es steht dir fabelhaft! Wirklich, du solltest öfters Kleider anziehen." „J'ai dit princesse!", ertönt eine Stimme neben uns. „Die Jungs wollten unbedingt auch mit.", meint sie augenverdrehend, als sie sich von mir löst. „Antoine, was machst du hier?", frage ich ihn überrascht, obwohl ich ihn vorhin in der Kirche gesehen habe.

Ich habe gedacht, das sei Einbildung gewesen. „Tu t'as marié, et bien, je suis là!" Ich drücke auch Antoine kurz an mich, ehe Yann vortritt und mich in den Arm nimmt. „Gratulation. Ich freue mich so unglaublich für euch beide!" Antoine gesellt sich jetzt neben Jelsa und verschränkt seine Finger mit ihren. Ich könnte mir die beiden an unserer Stelle so gut vorstellen.

Doch schon werde ich aus meinen Träumen gerissen, Romans Bruder drückt mich fest an sich. „Ich bin so stolz auf euch zwei. Ihr seid wirklich super.", grinst er und ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke. Tausend Dank Marco." Roman stupst ihn an. „Hey, sie ist meine Frau, ich teile sie nicht." Grinsend gratuliert Marco auch seinem Bruder, bevor er sich dann aufmacht zum Nebengebäude der Kirche. Dort gibt es ein kleines Apéro, bevor wir dann ins Restaurant fahren, wo nur der engste Freundeskreis und die Familie dabei sind.

Erik fällt mir um den Hals. „Mensch Sarah, ich gratuliere dir. Ich muss zugeben, bei Romans Rede hatte ich schon etwas Pipi in den Augen." Ich grinse über mein ganzes Gesicht. „Danke Erik. Für alles." Nach und nach laufen alle Gäste zum Apéro rüber. Dort werden wir mit Glückwünschen überhäuft, alle wollen uns gratulieren. Während dem Apéro holt der Fotograf die Kamera hervor. „So, jetzt alle raus auf den Platz, wir schiessen Fotos."

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Freunde, das war das längste und leider auch letzte richtige Kapitel dieser Story. Der Prolog wird in einigen Minuten auch noch hier erscheinen!
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen!

Love ya!

T.

47 degrees north (Roman Bürki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt