Lockvogel

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„Ach Noah... ach Noah", begann Akaya ruhig, ehe er durch den großen Raum ging. Es war das Wohnzimmer einer großen Wohnung, welche hoch oben über der Stadt residierte. Von hier aus hatte man den Besten Ausblick, das musste der junge Mann zugeben.

Vielleicht sollte er sich selber einmal überlegen hier einzuziehen, wenn dies Alles hier vorbei war. Kurz warf er einen Blick zu dem am Boden hockenden alten Mann, welcher zitternd seinen Kopf gesenkt hatte. Natürlich machte ihm die Präsenz von Akaya Angst, dies wusste er selber. Jedoch wunderte es ihn, umso mehr, dass er überhaupt die Angst so offen zeigte, immerhin war er selber ein großer Drogendealer. Und in diesem Beruf war es nicht sonderlich von Vorteil, wenn man Angst hatte oder gar zeigte. Der Tod war ein ständiger Begleiter und jeder Moment konnte der Letzte sein.

Doch die Betonung lag auf war, denn nun war er ein alter armer Mann, welcher große Schulden bei dem Hohen hatte. All das hier, der gesamte Luxus, er war nicht mehr wichtig.

Kurz horchte der Anführer in die Stille hinein.

In diesem Stadtteil, den nur die Reichen und Geschäftigen belebten, wurde eher die Nacht zum Tag gemacht. Von den Straßen her, vernahm man das Summen der Autos, ehe sich Akaya erneut zu Noah umdrehte. Mit seinen zerzausten, grauen Haaren und dem grauen Bart, welcher seinen Mund zierte, saß er wie ein Haufen Elend dort. Lächerlich und erbärmlich!

Einzelne Fältchen waren noch tiefer als sonst, auf seiner Stirn und seinen Wangen zu erkennen.

„B-Bitte Akaya, ich...."

Der Schlag klang mächtig auf den Ohren der Restlichen, als einer von Akayas Begleitern seine Faust ausholte. Das rote Lebenselixier bahnte sich seinen Weg aus seiner Nase und tropfte auf den beigen Teppich.

„So eine Schande, der schöne Teppich", erwiderte der Grauhaarige kalt, ehe er sich entspannt auf ein Sofa seines Gegenübers setzte und ihn dabei beobachtete, wie er sich vor Schmerzen krümmte.

„I-Ich... Es tut mir leid, Akaya, bitte. I-Ich kann das erklären. Verstehst du? Das G-Geld bringe ich dir, du..."

Wild mit den Kopf schüttelnd unterbrach der Anführer Noah.

Er hasste solch ein Stottern, konnten die Menschen denn nicht normal reden, wenn sie Fehler gemacht hatten? Immer bettelten sie und winselten um Gnade, statt vorher zu überlegen, welche Konsequenzen sie auf sich nahmen. Akaya war kein Heiliger, er schenkte niemandem Geld und um ehrlich zu sein, war er sehr oberflächlich. Geld war für ihn nur ein Material, welches er in Haufen besaß.

Frauen sah er nur als Lustobjekte an und Familie, wollte er keine haben. Das Leben der Anderen interessierte ihn nie, so wurde er erzogen. So hatte man ihn darauf vorbereitet, auf das, was er nun einmal war.

Und auch wenn er das alles gewohnt war, so verfluchte er seinen Vater, den er schon vor Jahren aus seinem Leben entzogen hatte.

Niemand kannte ihn und niemand kannte Akayas Vergangenheit. Und so sollte es auch bleiben, schließlich sollte man ihn Fürchten und kein Mitleid haben.

„Noah Stevens...", begann der Mann langsam, auch wenn er ihn als Underdog ansah, so nannte er ihn beim Namen. Schließlich war er der Anführer einer Drogenbande, welche mit Mexiko und Japan in Kontakt stand, allerdings konnte man auch auf ihn verzichten. Es bedeutete nicht die Welt, wenn er nicht mehr im Leben anwesend war.

„Wissen sie, welche drei Dinge ich am meisten hasse?"

Brav schüttelte der alte Mann seinen Kopf, noch bis zum letzten Augenblick zeigte er seine ehrfürchtige Achtung vor Akaya. Diesem überkam ein schwaches Lächeln, ehe er sich zur großen Fensterseite umdrehte und nach draußen sah, während er noch immer auf dem Sofa saß. Es war  einfach zu bequem.  

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