Albtraum

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Langsam begann der Schlaf die Oberhand zu gewinnen und schwere Felsen zogen ihn immer weiter in die Dunkelheit hinab. Zunächst nahm er die leisen Geräusche der Stadt nicht mehr wahr, dann hörte er auf sein gewohntes Sofas zu riechen und zu guter Letzt, war er komplett in der Traumwelt hinabgetaucht. Akaya entspannte sich langsam, als er die ersten Bilder sah. Es war ein intensiver Traum, dies wusste er jetzt schon, obwohl es äußerst selten war, dass er träumte. Er war kein Mensch wie dieses Kind, welches in ihrer eigenen Welt zu leben schien. Er wollte nicht aus der Realität fliehen, eher war er ein Realist und das musste er auch sein. Ansonsten hätte er niemals seine Arbeit so gut ausführen können, wenn er stetig nur geträumt hätte. Und wenn er ehrlich war, wollte er Träume abschaffen, sie brachten einem nichts. Träume gingen nie in Erfüllung, man musste schon selber schauen wie man im Leben zurechtkam, daher konnte er dieses Mädchen nicht leiden. Auch wenn sie schon Erwachen zu sein schien, so hatte sie noch sehr kindliche Züge an sich. Er konnte sie einfach nicht ernst nehmen. Doch im Moment war das unwichtig, der Schlaf zog ihn weiter hinein in das Unbekannte, so dass er unfähig war klar zu denken.

Es tauchten Bilder vor seinem inneren Auge auf und er träumte von einer einsamen Insel, auf der nur er Platz zu haben schien. Nichts anderes machte er, als dort zu sitzen und in Richtung Horizont zu blicken. Er wusste nicht genau, was er verspürte, aber es war ein angenehmer Traum und doch veränderte sich das Bild. Er konnte nichts dagegen tun und ehe er sich versah, befand er sich in einem bekannten Zimmer. Es war sein Kinderzimmer, was er sosehr verfluchte. Über ihn gebeugt lag sein Vater, der ihn hämisch angrinste.

„Guter Junge", flüsterte er, ehe er einzelne Strähnen wegwischte, als würden sie das Gesamtbild stören. Dies war eine Geste, die bei Akaya sosehr eingebrannt waren, dass er sie sah, sobald er die Augen schloss. Er kannte jeden einzelnen Ablauf und verfluchte seinen Vater. Er wünschte ihm den Tod, während er hilflos war. Der Traum wollte einfach nicht aufhören und so durchlebte er noch einmal die Angst, in dem sich sein Vater in ihm erleichterte. Hatte Horror grenzen? Nein, das hatte er schon damals erfahren müssen. Seine Mutter war gestorben, direkt nach der Geburt. Verblutet war sie, wegen Akaya, so hatte es ihm sein Vater stets gesagt. Zu Beginn wurde er von ihm nicht angefasst, eher hatte er ihn wie ein liebevoller Vater aufgezogen. Und so war es unvorstellbar zu glauben, dass er mit vier Jahren von ihm das erste Mal missbraucht worden war. Niemand konnte sich dies vorstellen, nur der junge Mann wusste wie es war. Fast täglich musste er ihn ertragen, vor allem Nachts griff er ihn an und wenn er betrunken war, war es besonders schlimm gewesen. Etliche Knochenbrüche hatte er davongetragen und so war er mit sechzehn ausgezogen und hatte seinen Nachnamen abgelegt, ehe er auf der Straße weiterlebte. Akaya wusste nicht, ob sein Vater noch lebte, doch dies war ihm auch egal. Lieber sollte er sich in seinem Suff ertränken, denn er hatte ihn geprägt. Akaya, so wie er heute war, hatte sich nur wegen seinem Vater so entwickelt. Liebe kannte er nicht, Emotionen war etwas für Schwache und Frauen waren nur Lustobjekte. Der gesamte sexuelle Akt hatte nichts mit Liebe zu tun. Es galt nur, seine Triebe auszuleben, mehr nicht. Für den jungen Mann musste alles einen Nutzen haben, den er verwenden konnte. Er betrachtete alles als Mittel zum Zweck und doch machten ihm diese Bilder Angst, welche er schon lange nicht mehr gespürt hatte. Akaya wollte raus, diese Bilder hinter sich lassen, doch es ging nicht. Sie waren eingebrannt, fest verankert und noch mehr. Erst als er sich erschreckenderweise daran gewöhnt hatte, so wie es früher auch gewesen war, erkannte er am Ende der Dunkelheit etwas anderes. Er griff danach und hielt es fest, sodass die Bilder so plötzlich verschwanden wie sie aufgetaucht waren. Nun konnte er ruhig schlafen, ohne Träume, denn die brauchte er nicht mehr.

Ich konnte nicht schlafen. Unentwegt starrte ich an diese weiße Decke, welche trotz der verschlossenen Vorhänge hell schien. Auch von Außen her drang das bunte Stadtlicht hinein. Es prägte diese Gegend, dass hier öfters die Nacht zum Tag gemacht wurde. Zum Glück wurde ich von den Geräuschen verschont und doch wollte der Schlaf nicht kommen. Mehrere Male wälzte ich mich hin und her. Für jeden anderen wäre dieses Bett ein Himmel auf Erden gewesen, doch für mich war es ungewohnt groß. Ich verlor mich regelrecht darin und so atmete ich einige Male schwer. Irgendwann wurde es mir zu bunt und ich setzte mich auf. Wie lange würde es wohl dauern, dass ich mich hier an mein neues vorübergehendes zu Hause gewöhnen würde. Bestimmt niemals, dafür war die Welt einfach zu unwirklich.

Streets  #Wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt