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„Um ehrlich zu sein, überrascht es mich nicht, dass er nicht mitgekommen ist. Ich konnte es mir fast denken", erwiderte Yoshi erfreut, sobald ich mich hinsetzte. Keine Sekunde ließ er unnötig verstreichen, worüber ich ihm sehr dankbar war. Mir fiel es nicht gerade leicht, den Anfang zu machen, auch wenn ich ebenfalls Einiges zu erzählen hatte. Wobei es sich dabei eher um Fragen handelten, die ich den alten Mann stellen wollte, welcher mir lächelnd gegenüber saß. Und doch, sosehr er es auch verstecken konnte, so erkannte ich durchaus eine gewisse Trauer. Er war nicht enttäuscht, aber er fand es schade, dass Akaya nicht mitgekommen war. Gerne hätte er ihn gesehen aber dem war nicht so, denn er war ein viel beschäftigter Mann. Termine ließen sich nun nicht einmal so eben ändern, gerade nicht in seinem Beruf.

Sofern man es dies nennen konnte, denn noch immer war es nicht wirklich was Legales. Er arbeitete auf der anderen Seite und diese war eher mit Dunkelheit überschattet.

„Manchmal frage ich mich, ob er seine Arbeit mehr liebt wie alles andere auf der Welt. Er findet so selten Zeit und..."

Leise seufzte Yoshi und sah aus dem Fenster. Ich tat es ihm gleich und genoss für einen kurzen Moment die Stille, welche uns beide umgab. Nur die umliegenden Geräusche durchbrachen diese und das rege Treiben der Menschen auf der Straße, verfolgten wir mit unseren Augen. Die Menschen genossen das Wetter. Sie wollten Dinge erleben, so wie wir beide, welche an diesem Tisch saßen und eben jenen dabei zusahen.

„Es ist", begann ich langsam, „nicht so, dass er es nicht möchte. Es ist so, weil er nicht anders kann."

Bewusst wählte ich diese schwammige Erklärung, denn ich wollte nicht zu viel verraten. Ich wollte nicht, dass Yoshi zu viel wusste, auch wenn er Akaya lange kannte. Auch wenn sie keine Fremden waren, so sollte er nicht alles von seinem Beruf wissen, auch ich wusste schon zu viel für meine Position.

„Wie meinst du das?", wollte man direkt wissen und natürlich war seine Frage berechtigt, denn man verstand es nicht sofort.

Doch ich wollte auch nicht mehr erklären und so sah ich in den verwirrten Blick des alten Mannes, ehe ich fortfuhr: „So wie ich es gesagt habe. Aber ich bin mir sicher, er wäre gerne hier gewesen, nur geht es leider nicht."

In diesem Geschäft konnte er sich nicht so einfach Freizeit nehmen. Manche Partner waren skrupellos und andere wiederum wollten besonders sein Umfeld schaden. Deswegen war es umso besser, dass er sich nicht hier mit uns, an einem öffentlichen Ort befand. Auch wenn es mich ein wenig traurig stimmte, so verstand ich es doch.

„Irgendwann wird es aber klappen müssen. Ich möchte auch sehen, wie es ihm geht. Er kann sich nicht ewig verstecken", sagte Yoshi mit bestimmter Stimme. Schweigend pflichtete ich ihm bei. Irgendwann würde es klappen, nur eben nicht jetzt. Aber Akaya mochte den alten Mann auch und so wollte er ihn ebenfalls wiedersehen und sich von ihm die Geschichte erzählen lassen, die er mir nun darlegte. Da war ich mir sicher.

Stolz erzählte er mir von seinen vielen Ausflügen und Reisen, die er in diesen zwei Monaten gemacht hatte. Zwei Monate waren nun wahrlich nicht viel und doch bekam man sehr schnell das Gefühl, dass mein Gegenüber seine neu gewonnene Freiheit und Kraft wirklich ausnutzte, um die Welt zu sehen.

„Ich muss jeden Tag genießen, immerhin bin ich nicht mehr der Jüngste... übrigens solltest du es auch machen."

Diesen Ratschlag gab er mir nach einiger Zeit und er hatte recht. Gerade jetzt sollte ich damit anfangen, aber ich war jung, so redete ich es mir ein. Und doch hatte er recht. Ich hatte bereits beinahe den Tod vor meinen Augen gesehen, ich war fast Diesem entronnen und irgendwann würde ich es nicht mehr können.

Verkrampft setzte ich mich aufrecht hin. Sein Gesicht wollte ich nicht sehen, ich wollte ihn nie mehr wiedersehen. Er sollte Akaya und mich in Ruhe lassen, ein für alle Male. Aber dies konnte ich nicht bestimmen und doch wollte ich nicht, dass er Teil meines Lebens wurde.

Streets  #Wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt