Akaya war bewusst, dass seine Methoden durchaus auf Andere etwas befremdlich wirken konnten, doch ihm war es egal. Bisher war er immer damit durchgekommen und hatte die Dinge erledigen können, so auch jetzt und doch wirkte es nicht richtig. Tief in Gedanken lief er durch die bekannte Straßen, welche sein Leben am besten beschrieben. Teure Geschäfte, edle Boutiquen und Menschen mit wertvollen Gegenständen kamen ihm entgegen. Allerdings hielt er sich daran nicht auf, es war ihm schon gleichgültig, ja, fast schon normal. Wer Geld hatte, zeigte es auch gerne, so war es schon immer gewesen. Er war da nicht anders, daher beschrieb er sich nach allem auch nicht als gut, nur weil er dieser Tora geholfen hatte. Er war im Grunde nicht anders wie Jareth, von innen heraus schlecht und Blut an den Händen klebend. Mit diesen Gedanken ging er weiter und fuhr sich dabei mit seinem linken Daumen über die Lippen. Die Bilder wollten nicht verschwinden und immer wieder musste er an Hannahs Besuch und dessen Konsequenzen denken. Wie es schien, hatte er Tora völlig überrumpelt und wenn er so darüber nachdachte, schmerzte ihm seine linke Seite. Natürlich war ihm sofort klar gewesen, dass er ihr den ersten Kuss genommen hatte und somit war ihre Reaktion auch verständlich. Immerhin hatte sie Angst vor ihm und mochte ihn nicht, nun war ihr größter Albtraum wahrscheinlich wahr geworden. Aber der junge Mann konnte nicht anders. Er hatte sich etwas von ihr nehmen müssen um das Schauspiel aufrecht erhalten zu können. Trotz all dem erwischte er sich bei dem Gedanken, das es doch nicht richtig gewesen sein muss. Wie kam es dazu nur? Sonst war ihm alles egal, aber nun kämpfte er mit seinem schlechten Gewissen.
Kurz schnalzte er mit der Zunge, ehe er auf seine Hände sah, auf denen noch immer die Wärme von Tora spüren waren.
„Was ist nur los mit mir?", sich selbst fragend schloss er für einen kurzen Moment die Augen, ehe er die kalte Winterluft einatmen tat. Hell leuchteten die Straßen, sodass am Himmel keine Sterne zu sehen waren. Die Weihnachtszeit rückte immer näher. In einem Monat würde schon Heiligabend sein, was er natürlich nicht feiern würde. Niemals hatte er es getan, eher verdiente er Geld. Und auch hoffte er auch, dass bis dahin Tora endgültig aus seiner Wohnung verschwunden war und er nichts mehr mit ihr zu tun haben würde. Doch andererseits spürte er auch etwas anderes. Es war ein fremdes Verlangen nach etwas, was er so nicht kannte. Hatte er etwa ein Verlangen nach Tora? Das konnte doch nicht sein, er würde sie doch niemals so sehen. Das Kind war unerfahren und hatte gar nichts Attraktives an sich, also wieso reagierte er so heftig? Es war befremdlich und neu zugleich für den jungen Mann, der durch die Kälte ging um Abstand zu gewinnen. Er musste den Kopf frei bekommen, damit er sich wieder auf seine Arbeit konzentrieren konnte, welche sein Leben bestimmte und über dieses entschied. Machte er nur einen Fehler würde er sterben, da war es nur verrückt andere mit hineinzuziehen und doch hatte er es getan. Einerseits unfreiwillig und andererseits nicht. Dass er nun dieses Kind bei sich leben ließ, war eine einmalige Situation. Es würde kein zweites Mal geben, jedoch war er daran gebunden ihr Leben zu schützen, denn immerhin musste er das Versprechen gegenüber dem alten Mann halten. Anscheinend hielt er sehr viel von Tora und zog sie auf wie sein eigenes Kind.
Und wenn er so darüber nachdachte, so fiel ihm schlagartig auf, dass er im Grunde gar nichts über sie wusste. So wenig hatte er sich für sie interessiert und dies versetzte ihm einen unangenehmen Stich. Sollte er also mehr Interesse zeigen, was ihm gar nicht gelingen würde? Er war kein Gefühlsmensch, denn Gefühle waren für ihn nur nervig. Jedoch schien er keine andere Wahl zu haben, er musste mit ihr reden. Nicht nur, um diese Sachen zu klären, sondern auch um sich zu entschuldigen und das war wahrlich etwas, was er noch nie zuvor getan hatte. Er wollte es auch nicht tun, doch er konnte ihren verletzten Ausdruck im Gesicht nicht vergessen. Dies brachte ihn sogar dazu, dass er ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber empfand.
Mitten in der Einkaufsstraße, welche fast ausgestorben war – bis auf einzelne Passanten, die hektisch nach Hause kommen wollten – blieb er stehen und sah gen Himmel. Denn da war noch etwas anderes, was ihn auch noch beschäftigte. Die Worte von der Brünetten konnte er einfach nicht vergessen. Inwiefern würde er es büßen? Was konnte sie schon tun um ihn oder Tora zu schädigen? Sosehr er auch nachdachte, er wollte nichts finden, daher beschloss er ihren Worten keine weitere Bedeutung zuzuordnen. Vielmehr wollte er schnellstens wieder in sein warmes Apartment, denn die Dunkelheit brachte auch eiserne Kälte mit sich, die unangenehm durch seine Kleidung auf seine Haut gelangte. Der Winter war wahrlich eine grausame Jahreszeit. Und mit diesen Gedanken im Kopf drehte er sich um. Den schwarzen Mantel – welchen er sich in der Schnelle übergezogen hatte – fest zuhaltend bewegten sich seine Schritte in die entgegen gesetzte Richtung.

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Streets #Wattys2018
RomantizmUnscheinbar, verträumt, still und allein, so könnte man Tora Ioshi beschreiben. Ihr Leben ist nicht gerade aufregend und eigentlich könnte die Geschichte schon bei ihrer Charakterbeschreibung enden, doch hier macht ihr dieser arrogante, eiskalte Man...