Laut seufzend lag ich auf meinem Bett und starrte unentwegt meine weiße Decke an. Ich hatte zwar Lust auf meine Arbeit, immerhin war es für mich wie ein zweites zu Hause. Dort fand der Großteil meines Lebens statt und die Umgebung war auch sehr entspannend. Mein Chef behandelte mich menschlich und ich hatte zu keinem einzigen Zeitpunkt das Gefühl, als ob ich für ihn eine Last darstellte. Doch nun überkam mich eine Motivationslosigkeit, die ich kaum von mir kannte. Wahrscheinlich lag es an der Angst die mich umgab, denn noch immer hatte ich den Schrecken tief in meinen Knochen sitzen. Das, was gestern geschehen war, konnte man nicht so einfach ignorieren. Immer wieder tauchten die Szenen vor meinen Augen auf, schon längst waren sie in meinem Gedächtnis eingebrannt und hinderten mich daran in meine Welt einzutauchen. Meine Vorstellung von meinen Heldinnen war gestört, wie ein schlechter Empfang. Es gelang mir einfach nicht eine interessante Geschichte auszudenken, in der das Gute gewann. Diese Menschen lebten ein komplett anderes Leben wie ich. Es war gefährlich und definitiv nicht meine Welt. Meine war unscheinbar und gar sehr klein, womit ich vollkommen zufrieden war. Allerdings fühlte ich mich wie ein Parasit, der in das Leben dieses Akayas eingedrungen war, obwohl dem nicht so schien. Schließlich hatten wir nur ein kurzes Gespräch geführt, was ziemlich einseitig verlaufen war. Er hatte mich anscheinend auch nicht als Mensch angesehen, eher als Nervensäge. Ich musste aufpassen, mich in Acht geben, sie durften mich nicht noch einmal kriegen. Auch wenn dieser arrogante reiche Mann mich nicht noch einmal treffen wollte, so hatte ich das ungute Gefühl, als ob da noch mehr auf mich lauern würde. Schließlich sollte ich an Yoshi denken, dem ich nicht noch mehr Stress antun wollte, als das er ohnehin schon hatte. Langsam setzte ich mich auf und begab mich im Schneckentempo in mein Badezimmer. In wenigen Schritten hatte ich es erreicht. Meine Wohnung war klein, sie besaß gerade einmal ein Wohnzimmer, eine kleine Küche, ein kleines Schlafzimmer – mit einem Ein-Mann-Bett drin – und einem kleinen Bad. Nichts war im Entferntesten mit dem zu vergleichen wie die Reichen lebten. Ihre Apartments waren bestimmt fünfmal so groß, obwohl sie den vielen Platz nicht brauchten.
Aber es reichte für mich und hier fühlte ich mich wohl. Natürlich hätte ich mit dem Geld jede Menge verbessern können, aber ich hatte es nicht genommen. Jetzt erst wurde es mir klar und es lag nicht nur an der Tatsache, dass es nicht meins war. Ich fühlte mich einfach nur dreckig. Vielleicht war das Geld auch illegal, mit Waffen oder Drogen verdient und solche Scheine wollte ich nicht anfassen. Wenn durch dieses Geld Menschen zu Schaden gekommen waren, wollte ich die Scheine nicht berühren und besitzen. Ich wollte meinen Lohn ehrlich verdienen und selber dafür aufkommen, aber dies würde dieser Akaya niemals verstehen, denn seine Weltanschauung war auf jeden Fall anders als meine. Und trotz all dem, solange ich auch darüber nachdachte, während ich mir langsam meine Haare zu einem langweiligen Zopf band, das Leben ging immer weiter. Auch wenn es nicht allzu gut für mich gelaufen war, so lebte ich noch und das war es was zählte. Deswegen fasste ich neuen Mut und begab mich mit einigermaßen sicheren Schritten in Richtung Arbeit, die sich nicht alleine machen ließ.
Wie immer waren die Straßen leer und nichts deutete auf den grausigen vorherigen Tag hin, den ich so schnell es nur ging, vergessen wollte. Es dämmerte noch etwas und nur langsam ergoss sich das Licht über unsere Stadt. Die Kalte Jahreszeit wartete bereits und die großen Straßenlaternen erhellten den Weg. Meine Hände waren eisig kalt, obwohl ich schon dicke Handschuhen angezogen hatte. Es würde mit Sicherheit ein harter Winter werden, indem nur wenige Leute sich auf die Straßen trauten. Ich konnte es gut verstehen, denn schließlich drückte dieses Wetter ziemlich auf die Stimmung und doch mochte ich dieses Kalte, weil es eben so anders war wie der Sommer.
Mit meinem Gedanken weit weg, begab ich mich auf direktem Weg zur kleinen Buchhandlung, die ich gestern – dies fiel mir erst jetzt auf – gar nicht erreicht hatte. Unentschuldigt war ich und ich musste meinem Chef genau erklären, was passiert war. Bestimmt würde er es verstehen, aber doch konnte ich dieses Thema nicht vor ihm verbergen und so überlegte ich mir genau, wie ich meine Worte wählen würde, ehe ich nach langem aufblickte. Verunsichert über die Tatsache, dass dort ein weißer Geländewagen mit hellen Ledersitzen direkt vor dem Laden stand, reichte schon aus, dass ich mir die schlimmsten Gedanken vorstellte. Panik brach in mir aus, die ich nur schwer zügeln konnte. Waren sie zurückgekommen und wollte sich nun Yoshi schnappen? Würde der alte Mann noch leben? Was wollten sie ihm antun? Und doch kam mir das alles ziemlich neu vor, warum sollte ein Akaya sich noch mehr mit mir abgeben wollen? Es gab keinen Grund dazu.

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Streets #Wattys2018
RomanceUnscheinbar, verträumt, still und allein, so könnte man Tora Ioshi beschreiben. Ihr Leben ist nicht gerade aufregend und eigentlich könnte die Geschichte schon bei ihrer Charakterbeschreibung enden, doch hier macht ihr dieser arrogante, eiskalte Man...