Abend

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Dass ihm aber solch Banales unterlaufen war, machte ihn dann doch ziemlich fertig. Noch immer konnte er es sich nicht verzeihen. Wieso nur hatte er so etwas Dummes von sich gegeben? Vielleicht war es einfach die Tatsache gewesen, dass er nun einmal seine Ruhe haben wollte und Toras Existenz deswegen missbraucht hatte. Etwas anderes konnte es nicht sein und so ließ er das Restaurant hinter sich, während er sich heftig am Kopf kratzen tat. Dieser Tag war einfach nur zum Vergessen und am liebsten wäre Akaya sofort nach Hause gefahren, doch er wusste genau, auch dort würde er keine Ruhe finden. Immerhin war sie noch da und das Kind wollte er auch nicht unbedingt sehen, auch wenn es ihn noch immer interessierte, was sie in diesem Moment tat. Hoffentlich blieb sie im Apartment und wanderte nicht durch die Straßen. Doch sie schien ohnehin viel zu sehr Angst vor ihm zu haben und somit würde sie nur auf ihn hören. Woher er das wusste? Er konnte Menschen ziemlich gut einschätzen. Auch wenn er selber seine Gefühle stets wegsperrte, so war er in der Lage, die Emotionen der anderen gut zu durchschauen.

Langsam sah der junge Mann hoch und blickte auf das vertraute Auto, welches Yuki schon längst vorgefahren hatte. Er musste nie lange auf ihn warten und der Braunhaarige wusste stets was zu tun war. Wenn man mehrere Jahre schon zusammenarbeitete, konnte man das eben gut erkennen. Leise stieg der Grauhaarige ein, ehe er sein Jackett richtete. Den Anzug musste er dringend in die Reinigung bringen, denn trotz der lediglich kleinen Berührung stank seine Jacke nach Parfüm. Es war ein erdrückender Duft, der ihn an eine Frau erinnerte, welche er zurzeit nicht sehen wollte. Der Geruch war leicht süßlich angehaucht, während gleichzeitig ein fruchtiger Nachgeschmack zurückblieb.

„Hat sie dich wieder bedrängt?", fragte Yuki, welcher die Mimik seines Chefs schon längst gelesen hatte. Ein süffisantes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er machte sich lustig, während er den Motor des Autos startete. Er konnte von Glück sagen, dass Akaya es bei ihm zuließ. Er war der Einzige, der sich über den jungen Mann lustig machen durfte.

„Nicht nur...", zischte der Grauhaarige, nachdem er angewidert sein Jackett ausgezogen hatte. Noch immer ärgerte ihn sein Fehler, denn er wusste, dass Hannah keine Ruhe geben würde. Natürlich würde sie alles daran setzen sein zu Hause herauszufinden, was sie zum Glück noch nicht kannte. Und wenn sie irgendwann gefunden hatte und dies würde auf jeden Fall passieren, dann wäre es nur noch eine Frage der Zeit, ehe sie vor seiner Tür stand. Sollte er dann nicht dort sein, würde sie auf Tora stoßen und niemand durfte erfahren, dass sie bei ihm wohnte. Allerdings wollte er sich auch nicht allzu viele Gedanken darum machen, immerhin gab es wichtigeres in seinem Leben. Die Arbeit musste als erstes verrichtet werden und so versuchte er verzweifelt das Ganze zu vergessen, indem er abwesend nach draußen sah und die Sonne in den Fensterscheiben beobachtete. Es war ein wundervoller sonniger Wintertag, der die dunkle Zeit einen vergessen ließ. Doch lange durfte er dies nicht genießen, denn schon bald musste er sich auf das nächste Treffen konzentrieren, wo er keinen Zwischenfall sich erhoffte. Denn auf eine weitere Frau, die er kannte, konnte er sehr gut verzichten. Auch wollte er keinem Jareth begegnen, der zurzeit die gesamte Stadt nach dieser Tora absuchte. Jeder noch so kleinste Fehler seitens Akaya und es wäre das Ende. Dann würde er nicht nur sie verraten, sondern auch den alten Mann, der ihm vertraute und an ihm glaubte.

Kurz schloss der Grauhaarige die Augen. So viel Verantwortung war anstrengend und schon lange hatte er dieses Gefühl nicht gespürt und wenn er wirklich ehrlich war, wollte er es auch nicht mehr spüren. Immerhin wäre es ziemlich lästig, wenn wegen ihm jemand starb, den er beschützen musste. Somit, auch wenn er es nie offen zugab, versuchte er alles um dieses Kind zu retten und schützen. Allein der Gedanke daran, sie würde sterben, versetzte ihm einen nervigen Stich ins Herz. Was es genau war, wusste er nicht, es fühlte sich ziemlich verrückt an. Es war etwas, was er nicht wirklich kannte, doch er wusste, es bedeutete Schwäche. Und eine Schwäche wollte er nie haben.

Streets  #Wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt