Kapitel 43!

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Wortlos lag ich auf der Seite und starrte auf die Wand. Jennifer hat verstanden, weshalb ich gegangen bin. Ich musste anwesend sein, wenn es ihn vielleicht besser ging. Noch immer erleidet er einen Kampf von Leben und Tod. Edwin lag neben mir und drückte mich fest. Ich schluckte: ,,Du musst das nicht tun, Ed." ,,Du würdest dasselbe auch für mich tun. Außerdem... wie könnte ich dich in so einer Situation alleine lassen, Scarlett. Für was hältst du mich?" Er gab mir einen zarten Kuss auf den Nacken. Ich spürte zu viel Trauer, um überhaupt rot zu werden. Es fühlt sich so an, als sei alles gleichgültig geworden. Plötzlich war die Zeit mit Edwin und den Anderen mir überhaupt nichts wert. Ich wollte nur zu Dad und ihn in guter Gesundheit wissen. Ich drehte mich zu Edwin und schmiegte mich fest an ihn. Und ich spürte Geborgenheit. Aber noch lange nicht genug, um mein Kummer zu vergessen. ,,Wirst du wieder schwänzen, Scarlett?", wollte er leise wissen. ,,Was bringt es mir in der Schule zu sein, wenn ich mich eh nicht konzentrieren kann...", murmelte ich tonlos. Er küsste meine Stirn: ,,Ich lasse es dich durchgehen, aber passe auf, dass das nicht zur Angewohnheit wird. Dein Vater würde das nicht wollen."

,,Ich war schon da und habe nach deinem Vater geschaut, obwohl er es alles Andere als verdient hat", erzählte mir Paris mit rauer Stimme und lehnte sich entspannt zurück. Sie war total anders als Jennifer. Jenni ist lieb, hübsch, irgendwie auch schüchtern und vorausschauend. Paris ist selbstsicher, höhnt gerne und ist eher durchschnittlich. Sie trägt sich eine dünne, aber langgezogene Schicht Eyeliner auf und ihre Wimperntusche auf den Wimpern bröckelt. Sie starrte mich an: ,,Was ist?" Ich schüttelte schnell meinen Kopf: ,,Nichts. Ich wollte fragen, was du mit dem Kind jetzt vorhast." Ihre Miene verdunkelte sich schlagartig: ,,Abtreiben. Was bleibt mir Anderes übrig? Alleine werde ich das Kind nicht groß ziehen." Ich zuckte zusammen: ,,Hat mein Dad dir etwa schon geschrieben?" Sie nickte: ,,Der Typ fühlt sich der Aufgabe nicht gewachsen. Wahrscheinlich ist ihn alles auf den Kopf gestiegen und deswegen hat er sich lieber feige mit Medikamenten vollgepumpt." Wieder zuckte ich zusammen. An ihre Direktheit und Kühnheit werde ich ich wohl nie gewöhnen. ,,Abtreiben ist Mord", murmelte ich erschrocken vor mich hin. Sie verdrehte die Augen: ,,Das Ding in jemanden lebt doch noch nicht mal. Und bei mir ganz sicher nicht. Solange bin ich nicht schwanger." ,,Warst du schon beim Arzt?", fragte ich leise. Sie zögerte: ,,Ich habe Angst davor zu sehen, wie es aussieht." ,,Warum?" ,,Ich habe erst später mitbekommen gehabt, dass ich schwanger bin", flüsterte sie ängstlich. Plötzlich war ihre Kühnheit verschwunden und sie wirkte bleich. Als würde sie ihre richtigen Gefühle endlich preis geben. Sie riss sich plötzlich zusammen: ,,Wenn ich abtreibe, ist es doch eh egal. Und du, Mädchen, kannst den Lauf der Dinge auch nicht ändern.",,Wenn du abtreibst, wirst du das bereuen. Ein Leben lang", erwiderte ich nostalgisch. Misstrauisch sah sie mich kurz an und dann sah sie überrascht aus: ,,Sprichst du etwa aus Erfahrung?" Ich schluckte: ,,Leider. Erstens war ich zu jung, um das Kind zu kriegen. Zweitens hatte ich große Angst vor meinem Vater." ,,Inwiefern?", wollte sie jetzt wissen. Ich atmete tief durch: ,,Als Dad mich rief, habe ich mein Schwangerschaftstest versteckt. Leider war ich zu dumm und habe vergessen, es von da wieder raus zu nehmen und wegzuwerfen. Irgendwann fand er es und ich war die Erste, die er an diesem Tag erblickte. E sah wütend aus. Sehr wütend. Er hatte mich gefragt, ob das meiner sei. Ich hatte zu sehr Angst die Wahrheit zu sagen. So hatte ich ihn nämlich noch nie erlebt. Also habe ich gelogen. Dann dachte er, es sei das meiner Mutter. Und meine Mutter hat dann alles auf sich genommen. Ich werde niemals ihren enttäuschten Blick vergessen, den sie mir zuwarf. Niemals." ,,Ist das... nicht gut? Hat er dann nicht gedacht, sie würde ein Kind von ihn bekommen? Dass er Vater wird?", wollte sie irritiert wissen. Ich lächelte bedauernd: ,,Nein, leider nicht. Denn seit Monaten lief da anscheinend nichts zwischen meinen Eltern." Paris durchfuhr ein Schauer und sie sah mich mitfühlend an: ,,Wie hat er reagiert?" Ich begann zu schluchzen. Schnell nahm sie mich in den Arm: ,,Hör auf zu weinen, Babe. Es ist okay." Ich schüttelte meinen Kopf und ließ die Umarmung beschämend enden: ,,Nichts ist okay. Meinetwegen hat er sie geschlagen." Schockiert sah sie mich an: ,,Was kam danach?" ,,Ich wollte mit meine Mutter zusammen weg. Irgendwohin und da neu beginnen. Aber sie war der Meinung, dass Dad mich hier gebrauchen könnte. Du kennst Dad ja. Außerdem hat mich Edwin noch hier festgehalten. Ich wollte ihn nicht ganz aus meinem Leben verbannen." ,,Ich meine mit dem Kind..." ,,Ich habe es alleine abgetrieben. Nicht mal Edwin wusste Bescheid davon. Ich konnte nicht ins Hospital. Sie hätten meinen Vater bescheid gegeben, weil ich minderjährig bin." Mein Schluchzen wurde doller. ,,Du musst nicht weiterreden", wollte sie mich beruhigen. ,,Doch, muss ich. Du darfst dieses Kind auf gar keinen Fall abtreiben." Jetzt starrte Paris nur bedrückt zur Seite. Noch immer ist sie unentschlossen.

EdwinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt