Kapitel 54

2 0 0
                                    


Gequält starrte Dad mich an. Ich versuchte mich unwohl immer kleiner zu machen. ,,Scarlett", sagte Dad mit rauer Stimme. Ich atmete tief durch: ,,Nein, Dad." Seine Miene verzog sich und sein Kiefer spannte sich an. Fast das Einzige, was er bewegen konnte. ,,Gib mir nur ein Schluck", bat er. Die Verzweiflung war ihn anzusehen. ,,Nein, Dad. Und jetzt benehme dich nicht wie ein Kind", erwiderte ich erbarmungslos. Er sah mich weiterhin stur an. Ich seufzte und hielt ihn ein Glas Wasser hin: ,,Mach ein Mund auf." Er weigerte sich: ,,Du weißt genau, was ich will. Und du bringst es mir. Ich befehle es dir." ,,Du hast mir nichts zu befehlen", erwiderte ich. Miles beobachtete das Geschehen wortlos und erstarrte erschrocken, als sich sein Blick und der Blick von mein Dad begegneten. Es herrschte Stille. ,,Bringe es mir bitte, Miles", bat er mit einer Stimme, die kein "Nein" duldete. Empört starrte ich ihn an. Was fällt ihn ein, Miles jetzt in so eine heikle Situation zu bringen? Miles wurde rot und senkte schnell seinen Blick: ,,Ich mische mich ungern ein..." ,,Das war ein Befehl", beharrte Dad und sein Gesicht verfärbte sich vor Wut tomatenrot. Hilflos schaute Miles zu mir herüber. Säße Dad nicht im Rollstuhl, würde ich jetzt auch angst vor ihn bekommen. ,,Miles, kannst du uns kurz alleine lassen?", fragte ich leise. Er nickte erleichtert und stand von der Couch auf. Sobald er weg war, wandte ich mich Dad wütend zu: ,,Du bist unglaublich!" ,,Und du bist unverschämt. So habe ich dich nicht erzogen - alleine wie du mit mir redest! Ich bin dein Vater und nicht dein Kind", schimpfte er. Ich hob missbilligend meine Augenbraue: ,,Ach so? Davon habe ich bis heute leider nichts mitbekommen." ,,Ich wiederhole es nicht noch einmal: ,,Ich bin dein Vater, Scarlett! Rede ordentlich." ,,Erzeuger sein macht einen nicht zum Vater, Dad." ,,Wie bitte?", drohte er. Amüsiert stellte ich fest, dass er nicht einmal handgreiflich werden konnte. Jetzt wirkte er noch hilfloser als sonst. ,,Sieh lieber zu, dass es bei deinem neuen Kind anders wird", warf ich ihn entgegen. Damit hatte er nicht gerechnet. Ich konnte Trauer in seinem Gesicht ablesen. Überrascht betrachtete ich ihn. ,,Hat sie es abgetrieben?", wollte er schuldbewusst wissen. Noch immer überrumpelt, zögerte ich kurz: ,,Nein. Paris gibt mir aber nur noch ein paar Tage, um sie davon zu überzeugen, das Kind zu behalten." Jetzt war er überrascht, hoffnungsvoll und alle Wut war aus seinem Gesicht verschwunden: ,,Das machst du die ganze Zeit schon für mich?" Ich nickte nur. Er wirkte sprachlos und wandte sich beschämt von mir ab. Wortlos drehte ich sein Gesicht zu mir und hielt ihn das Glas Wasser hin. Ergeben schluckte er das Wasser. ,,Hast du hunger?", fragte ich ihn. ,,Ein bisschen", gab er zu.

Miles saß auf meinem Bett, als hätte er schon die ganze Zeit auf mich gewartet: ,,Ist alles okay?" Ich betrachtete ihn genau. Er sah gerade unglaublich gut aus. Ich wurde sofort rot und wandte mich meinem Schrank zu: ,,Ja, wir haben die Sache geklärt." ,,Gut, denn es klang heftig", erwiderte er sanft. Überrascht schaute ich zu ihn rüber: ,,Du hast es mitbekommen?" Er nickte. Ich musste kurz ironisch auflachen: ,,Na super!" Er musste leicht grinsen. Ich begann mir mein Schlafanzug heraus zu kramen. Er beobachtete mich dabei. Wieder wurde ich rot: ,,Du musst hier weg. Dad bringt dich um, wenn er dich in mein Zimmer sieht. Du hast Zimmerverbot, weißt du noch?" Er verdrehte die Augen, aber konnte danach nicht ernst bleiben. Er biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu lachen. Und es sah unglaublich gut aus. Eine Weile starrte ich wohl unterbewusst diese Lippen an, den ich bemerkte, wie sich seine Gesichtszüge plötzlich anspannten. ,,Scarlett?", fragte er leise. ,,Ja?", sofort schaute ich woandershin, nur nicht mehr auf seine Lippen. ,,Kann es sein, dass wir dabei sind, uns ineinander zu verlieben?", gab er verzweifelt zu. Meine Kehle war wie ausgetrocknet. Du musst nein antworten. Ganz einfach. Aber ich bekam kein Wort heraus. Ich lief auf ihn zu und griff ihn am Arm. Ich wollte: ,,Es ist spät, geh ins Bett", sagen, aber ich bekam nichts raus. Stattdessen starrten wir uns jetzt nur intensiv an. Er zog mich mit einen Ruck an sich und ich spürte seine Lippen auf meinen. Wir küssten uns lange und verlangend. Und zum ersten Mal fühlte es sich gut an. Ich blendete alles aus. Amber. Edwin. Einfach alles. Mit seinen Händen fuhr er durch meine Haare. Langsam beendete er unseren Kuss und raunte: ,,Das wird das letzte Mal sein, denn es ist falsch, was wir hier machen. Amber ist meine große Liebe. Nicht du." Ich nickte paar Mal: ,,Und Edwin ist meine große Liebe." Wieder küssten wir uns und wollten es am Liebsten nicht enden lassen, denn dies sollte der Allerletzte sein. Als wir uns voneinander lösten, lächelte er zerknirscht. Auch ich musste lächeln: ,,Geh jetzt bitte, denn das soll wirklich das allerletzte Mal bleiben." Er lachte und wollte mein Zimmer verlassen. Vorher drehte er sich noch er sich noch einmal zu mir um. Sobald ich alleine war, ließ ich mich glücklich aufs Bett fallen. Hör auf so glücklich zu sein. Das darfst du nicht! Du bist nichts weiter als eine elende Betrügerin. Doch nichts half, um mir diese unverdiente Glückseligkeit zunichte zu machen. Plötzlich hörte ich ein Geräusch aus der Terrasse. Erschrocken und mit klopfendem Herz stand ich ruckartig aus und eilte dahin. Ich schaute nach unten und suchte nach etwas Verdächtiges. War das vielleicht doch nur Einbildung? 

EdwinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt