Kapitel 8

9 3 0
                                    


Ich entdeckte Dad auf dem Sofa. Er hatte eine Bierflasche in der Hand und seine Augen waren feucht und rot. Ein erschreckendes Bild. ,,Dad?", fragte ich leise. ,,Scar? Warum bist du so früh wieder da?", wollte er verwundert wissen. ,,Ist doch egal. Wichtig ist, was mit dir gerade ist", beharrte ich angeregt. Er stellte seine Bierflasche so ab, dass ich sie kaum noch sah. ,,Nur eine kleiner Streit mit Jennifer. Sorge dich nicht um mich", versicherte er mir. Ungläubig starrte ich ihn an. Scheint eher ein großer Streit gewesen zu sein. Ungeduldig schaute Dad zu seiner Bierflasche: ,,Gehst du bitte aus dem Zimmer? Vor dir kann ich nicht trinken." ,,Aber Dad... wie wäre es, wenn wir lieber etwas gemeinsam machen? Ich bräuchte auch Ablenkung", versuchte ich es. ,,Tut mir leid, Scarlett. Vielleicht morgen", sagte er. Ich seufzte. Er hat einfach nicht hinausblicken können, dass es mir genau so schlecht geht. Obwohl ich sogar indirekt darauf hingewiesen habe.

Von der Terrasse beobachtete ich die Menschen, die ihre Kinder von der Schule abholten. Sie sahen so glücklich aus. Ihre Kinder erzählten ihnen wohl gerade von ihrem Tag und ihren Sorgen. Die Eltern nickten und taten überrascht. Auch Geschwister holten ihre kleinen Geschwister ab. Sie zogen an den Händen, sobald es grün wurde. Ich sah allen hinterher, bis sich die Straße leerte. Und dann war ich alleine. Ich schlich in die Küche und klaute eines von Dads Bierflaschen. Danach war ich wieder auf meiner Terrasse. Nur fühlte ich mich um Einiges befreiter. Ich liebe meine Terrasse. Ich liebe meine Aussicht. Eine Sommerbrise wehte direkt in mein Gesicht. Edwin lag damals vollkommen falsch damit, dass mir diese Aussicht nicht gut tun würde. Ich verbringe meine Zeit hier gerne. Meine Beats werden hier um einiges besser, als in meinem Zimmer. Das hier ist mein Ort. Damals war es aber unser Ort. Ein Schauer durchfuhr mich. Kann ich hier vielleicht so gut mixen, weil es auch unser Ort war?

Ich weiß nicht, wie lange ich hier stand. Feststand aber, dass ich nicht mal die Hälfte der Flasche getrunken habe. Ich habe schnell keine Lust mehr zu trinken... und ich ertrage nicht viel. Alarmiert starrte ich nach unten. Zu einer gewissen Person. Mein Vater. Er wirkte angetrunken und stolperte fast , während er seine Hand nach oben streckte und ein Taxi rief. Schnell rannte ich raus. Er redete noch mit dem Taxifahrer. Eher gesagt diskutierte er und wollte nicht vom Auto lassen. Denn der Taxifahrer wollte ihn nämlich nicht fahren, weil er wie ein besoffener Junkey wirkte. Ich zog mein Vater an sein Arm zurück und lächelte den Taxifahrer peinlich berührt an. ,,Sie können ruhig weiterfahren", beschwichtigte ich den Fahrer. Er brummte etwas Unverständliches und fuhr weg. Ich schüttelte mein Vater kräftig an den Schultern: ,,Was ist denn nur los mit dir, Dad!" Er weichte meinen Blick beschämt aus: ,,Ich weiß, wie du von mir denkst oder die Anderen... ich bin immer der Hilflose, der nichts auf die Reihe bekommt, richtig?" Er wurde langsam wütend und begann sich mit Gestiken zu artikulieren. So ein Gesichtsausdruck habe ich noch nie an ihm gesehen. Mir fehlten die Worte. Ich wünschte, ich könnte was dagegen einwenden. Verbittert lief er an mir vorbei.

EdwinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt