Kapitel 22

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Ich verkroch mich unter der Decke und begann zu weinen. Es hatte sich immer so angefühlt, als wäre Edwin noch irgendwie bei mir. Aber als ob er jetzt endgültig weg ist. Ich spürte förmlich, wie stark ich mich nach ihn sehnte und nach seiner Nähe. Und ich spürte langsam, wie ich unterging und mein Leben entzwei brach. Wie ich immer stärker an meine Vergangenheit dachte. Edwin ist mit mir zum Therapeuten gegangen und es hat mir nichts genützt. Trotzdem ist es Zeit ein bisschen Struktur in meinem Leben zu bringen. Und das habe ich jetzt vor. Ich ging ins Wohnzimmer und schaute nach Dad. Er lag schnarchend auf dem Sofa und hat noch eine Bierflasche in der Hand. Er würde daran zerbrechen, wenn er wüsste, dass er nun in Jennifers Leben ein abgeschlossenes Abschnitt ist. Ich seufzte und begann die leeren und vollen Bierflaschen einzusammeln. Vor ihn war noch sein angeschalteter Laptop. Ich durchsuchte sein Verlauf und fand wieder nur Jobsuchen. Auch hat er aber nach Jennifer gesucht und hatte ihr geschrieben, sie solle zu ihm zurückkehren. Und das so gut wie jeden Tag. Sie hat nicht einmal geantwortet. Ich klappte sein Laptop sauer zu. Mein Hass auf Jennifer wurde immer größer.

Ich atmete tief durch und rannte mit geschlossenen Augen in den Wald rein. Und ich wimmerte dabei. Mich überkam die Sehnsucht. Dann fiel ich hin. Was dachte ich mir auch dabei mit geschlossenen Augen zu rennen? So kann ich doch nicht alles in meinem Leben ausschließen. Die Wunde an meinem Knie schmerzte höllisch und blutete. Aber ich stand auf und rannte humpelnd weiter. Ich machte erst Halt als ich fast ankam. Dann begann ich langsam hin zu humpeln. Ich blieb wie erstarrt stehen, als ich sah, wie ein dunkelhaariger Typ vor mir in der Hocke war und mit seinen Fingern sanft über die Erde strich. Ich schnappte nach Luft. Dann drehte sich Edwin traurig zu mir. Er klappte erschrocken sein Mund auf. Dann rappelte er sich auf und verbeugte sich kurz: ,,Tut mir leid, ich belästige dich nicht weiter." ,,Bleib bitte hier. Ich kann das nicht alleine", bat ich. Das war egoistisch und das wusste ich. Es kam ihn bestimmt so vor, als würde ich mit seinen Gefühlen spielen. Aber er blieb: ,,Natürlich bleibe ich, wenn du das willst." Ich setzte mich zu ihn auf die Erde und spürte den kurz vergessenen Schmerz am Knie. ,,Bist du oft hier?", fragte ich leise und starrte auf die Erde. ,,Jeden Tag, aber nie hätte ich gedacht, dich hier zu sehen", meinte er. Mein Kinn begann zu zittern: ,,Du bist so stark." ,,Du bist auch stark, Scarlett und das weißt du. Ich bin schwach, ansonsten wäre ich nicht jeden Tag hier.", er stich über mein Kinn und schaute mir sanft in die Augen. Ich schüttelte den Kopf und schluckte: ,,Das letzte Mal, als ich hier war, haben wir..." Ich brach verzweifelt ab. ,,Wärst du nicht stark, wärst du nicht mitgekommen. Du hattest so sehr darauf bestanden. Du bist das stärkste Mädchen, was ich je gesehen habe, Scar." Mein Kinn hörte langsam auf zu zittern und auch ich schaute ihn intensiv in die Augen. Er näherte sich mir mit dem Gesicht und ich spürte seinen Atem. Unsere Lippen waren eine Spalte voneinander entfernt. Und ich hätte ihn so gerne geküsst, aber ich konnte nicht. ,,Ich liebe dich, Scarlett", raunte er mir zu. Es fühlte sich so schön an hier zu sein. Hier mit ihm. ,,Ich dich auch", flüsterte ich, wandte jedoch mein Kopf von ihn ab. ,,Warum kannst du mich dann nicht küssen? Warum können wir dann nicht einfach zusammen sein?" Ich schüttelte mein Kopf: ,,Avril liebt dich auch."

Ich fuhr mit meinen Fingerspitzen zitternd über ihre blauen Flecke auf den Arm. Sie blutete stark an der Lippe und ein Zahn fehlte ihr. Dann brach ich vor ihr zusammen und wiederholte immer dieselben Worte. ,,Es tut mir leid... es tut mir so schrecklich leid."  

EdwinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt