Kapitel 7 - Asche

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„Ben ist tot! Sprich nie wieder diesen Namen aus!" sprach Ren mit zusammengebissenen Zähnen und ballte seine Hand zur Faust.

„So tot wie Han Solo ?! Warum hast ihn getötet? Deinen eigenen Vater. Und die Kinder, Kylo! Das waren unschuldige Kinder!", flehte ich ihn schon beinahe an. Seine Faust schlug nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht in die graue Wand hinter mir ein und hinterließ eine sichtbare Delle.

„Es musste sein! Die uralte Geschichte, die Vergangenheit sind doch letztlich nur Gespenster unserer selbst. Sie verhindern wer wir wirklich sind. Alles muss enden, damit eine neue Ordnung aus der Asche des Universums entstehen kann... !", dabei leuchteten seine dunklen Augen gefährlich. „Ich kann die Balance wieder herstellen. Nur ich! Rey hätte an meiner Seite stehen können... Doch sie hält an den Gespenstern fest... Sie versteht nicht. Han Solo hat nicht verstanden. Und auch Luke konnte die Visionen nicht sehen... niemand...ich.. !", brach er ab. „Wenn niemand auf deiner Seite steht, wenn niemand das sieht was du siehst, dann....." ich holte Luft, „dann bist vielleicht DU die Person, die sich irrt, Kylo!"

Ich hatte meinen Mund noch nicht geschlossen, da konnte ich schon Rens Hand an meiner Gurgel spüren. Ich versuchte mich seinem Griff zu entziehen, aber er presste mich unerbittlich an die Wand. Die Fußfessel schnitt in meinen Knöchel! „Ben, bitte!", krächzte ich mehr, als dass ich sprach... Sein Griff lockerte sich etwas, sodass frischer Sauerstoff meine Lungen wieder füllen konnte. Seine Gesichtszüge waren angespannt. Er presste die Lippen aufeinander... Die feuchten schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht... Er sagte nichts, aber seine dunklen Augen wirkten, wie als wollten sie zu mir sprechen... doch ich verstand die Sprache nicht!

Seine Augen! Wer auch immer er in diesem Moment war, was er getan und welchen Namen er sich gegeben hatte, seine Augen, unverkennbar, er hatte die Augen seiner Mutter! Das waren Leias Augen, die mich anblickten.

Sie war so unglaublich stark, General Leia! Bei Han Solos Beerdigung schaffte ausgerechnet sie es den anderen Kraft zu geben, Hoffnung. Hoffnung auf eine bessere Welt. Ihr Augen waren gerötet, aber während der ganzen Zeremonie blieb sie gefasst. Fast stolz blickte sie auf den aufsteigenden Rauch, der Han Solo in die Galaxie trug...

„Wo ist sie?", hörte ich Ren plötzlich förmlich in mein Ohr schreien... Der Griff um meinen Hals wurde wieder fester. „Was?..Wer?", brachte ich nur hervor. „Sie! Leia! Der Widerstand! Wo sind sie versteckt! Sag es mir!"

Erst jetzt merkte ich, dass ich ungeheure Kopfschmerzen hatte. Ich erschrak. War Kylo wieder in meinen Kopf unterwegs? Aber ich konnte doch noch meinen Körper spüren und denken... Denk an irgendwas anderes, schoss es mir durch den Kopf! Wenn Kylo es drauf anlegt, wirst du ihm das Versteck Preis geben... Denk an irgendwas anderes, sprach ich wie ein Mantra weiter zu mir selbst, bevor Kylos andere freie Hand meine Stirn berührte. Der Schmerz kanalisierte sich augenblicklich an der Stelle zwischen seiner Hand und meiner Stirn und die fast schon bekannte Kälte ließ meinen Körper erstarren...

Ich sitze auf einem Stuhl, meine Füße baumeln in der Luft. Ich bin zwölf Jahre alt und sitze neben meinem Vater und in mitten weiterer Gäste in dem großen Auditorium. Ein älterer Mann spricht vorne auf dem Podium. Es war wieder eine dieser Wahlkampfveranstaltungen, die mein Vater sowie andere Senatoren besuchen mussten... und es war das langweiligste auf der Welt! Mein Vater blickt konzentriert zum Podium, stimmt hin und wieder nickend dem Gerede des alten Mannes vorne zu. Mir tut schon der Po weh, und ich rutsche unruhig hin und her. Mein Blick schweift einmal in die Menge und bleibt an dem einzigen anderen Kind im Auditorium hängen. Schräg vor mir sitzt Ben Solo neben seiner Mutter, die sich gerade zu ihm dreht, mit dem Zeigefinder an den Lippen! Er schüttelt missmutig seine dunklen Haare und blickt plötzlich über seine Schulter direkt zu mir. Ich lache ihm zu und simuliere mit meiner Hand vor dem Mund, dass ich ganz laut gähne. Dabei zeige ich auf den alten Mann am Podium. Ben lacht zurück und fasst sich an seine Bauch und tut so, wie als müsste er sich übergeben. Ich lache so laut auf, sodass sich mein Vater und andere Gäste empört zu mir umdrehen.

Plötzlich geht ein Blitz durch das Auditorium. Der Raum wird in gleißendes Licht getaucht. Der Boden zittert! Der alte Mann am Podium steht mit offenen Mund vorne. Stille! Augenblicklich breitet sich eine Panik in dem großen Raum aus. Die Stühle fallen teilweise um, als die Zuhörer versuchen ihre Plätze zu verlassen. Mein Vater umfasst fest meinen Oberarm und zieht mich Richtung Ausgang. Rauch drang bereits in den Raum, sodass die Sicht eingeschränkt war. Mein Vater stolpert und stürzt über eine Absperrung. Er lässt meine Arm nur einen Augenblick los. Aber das reicht schon, um uns zu trennen. Die weiteren Gäste hinter uns pressen mich weiter. Ich schreie nach meinem Vater. Der Rauch brennt in meinem Hals. Ich kämpfe mich gegen die Massen zurück zu dem Punkt, wo mein Vater gestolpert war... War das hier? Oder weiter drüben? Umvermittelt trifft mich plötzlich ein Bein voll in die Magengrube... Ich stütze und falle auf den Boden.. Rechts und links sehe ich nur noch Füße und Rauch... Ein anderes Bein trifft mich am Kopf... Ich versuche auf allen Vieren weiter zu krabbeln... Eine Hand fasst an meinen Oberarm und zieht mich zur Seite...

„Komm hier entlang!" hörte ich Ben sprechen, der sich ein schwarzes Tuch um den Mund gebunden hatte, wie eine Art Maske. „Aber mein Vater...!" erwidere ich nur. „Der ist schon draußen!" höre ich Ben sprechen. „Woher willst du das wissen!", huste ich mehr, als dass ich noch sprechen kann. Ben blickt mir beruhigend in die Augen „Ich weiß es! Komm mit mir!", dabei streckte er seine Hand zu mir. Ich griff seine und wir rannten zusammen, Hand in Hand, die Treppe hinab nach draußen. Draußen stand tatsächlich mein Vater, neben Leia, und nahm mich in die Arme. Ich weinte... Sanitäter kümmerten sich um uns... Leia und Ben verloren wir aus den Augen.

Das Gebäude in dem sich das Auditorium befand, brannte an diesem Tag fast bis auf die Grundmauern ab. Staub und Asche konnte man noch Tage danach riechen und sehen... Außer einer kleineren Rauchvergiftung trug ich keine Schaden davon. Ich betrachte die dünne Staubschicht, die den Boden vor meinen Füßen bedeckt... Ich knie mich runter und schreibe in die Asche meinen Namen und dann zeichne ich Herz und schreibe daneben einen weiteren Namen. Ben!

Ich spüre mein Herz schlagen... Mir ist unfassbar heiß. Sobald ich wieder Kontrolle über meinen Körper hatte, schlug ich Ren mit meiner flachen Hand ins Gesicht.

„Das ist privat! Du hast kein Recht... ausgerechnet du... Das ist Jahre her!" stammelte ich drauf los. Er wich einen Schritt zurück und blickte mich an... Es war unmöglich für mich zu erkennen, was gerade in ihm vorging.

Ich wendete mich ab und blickte mich hilflos in dem kleinen Raum um.

Wo ist bitte das Loch, um augenblicklich im Boden versinken zu können...?

Die dunkle OrdnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt