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Ich trocknete meine Hände am Geschirrtuch und nahm den Anruf entgegen. „Sorry, dass ich vorhin einfach aufgelegt habe. Ich war beschäftigt.", legte Nick direkt los. „Ja, das hab ich gemerkt.", antwortete ich schroff. Er stöhnt genervt auf. „Was ist jetzt schon wieder dein Problem, Rebecca?" Er nannte mich immer bei meinem vollen Namen, da er der Meinung war, ich würde so erwachsener wirken. „Ist das dein Ernst?", stellte ich ihm schnippisch eine Gegenfrage. „Auf so ein kindisches Gehabe habe ich jetzt wirklich keine Lust. Entweder du sagst mir jetzt was dein verdammtes Problem ist, oder du lässt es!", motzte er zurück. „Du hast mich gestern einfach vergessen?! Du wolltest mit mir Silvester feiern, schon vergessen?", rief ich aufgebracht in mein Telefon. Wieder kam nur ein genervtes Stöhnen. „Genau deswegen habe ich dich nicht mitgenommen." – „Wie bitte?!", meine Stimme klang selbst in meinen Ohren viel zu schrill. „Ich hab mit meinen Freunden von der Uni gefeiert und du passt da einfach nicht dazu, wie sich gerade nochmal bestätigt hat. Du bist einfach noch zu unreif." – „Tja, das hättest du dir ja auch schon vor einem halben Jahr denken können.", zischte ich und legte einfach auf. „Arschloch.", fluchte ich. „Nana, Becca, ich dachte, wir hätten dich besser erzogen.", schmunzelte mein Vater, der gegen die Anrichte lehnte. Seufzend murmelte ich eine leise Entschuldigung. „Aber er hat dich gestern wirklich vergessen mitzunehmen?", hakte er schließlich doch nach. Ich nickte und traute mich gar nicht ihn anzusehen. So wirklich leiden konnte er Nick von Anfang an nicht. Ich hörte ihn scharf ausatmen. „Na, der kann was erleben, wenn er das nächste Mal hier auftauchen sollte."

Doch er tauchte nicht auf. Zumindest nicht an diesem Tag. Am nächsten Morgen wachte ich erst spät auf und fühlte mich als wäre ein LKW über mich gefahren. Wie gerädert stand ich auf und schlüpfte in meinen flauschigen Morgenmantel um nicht gleich wieder zu erfrieren. Die Augen reibend begab ich mich nach unten. Meine Mum war bereits fleißig. Sie hatte ihre Nähsachen auf dem Esstisch ausgebreitet und arbeitete an einem neuen Design. Dad sah ich nicht, vermutlich war er in seinem Arbeitszimmer. „Morgen.", murmelte ich verschlafen. „Morgen, Herzchen.", sie sah gar nicht von ihrer Arbeit auf, so konzentriert war sie. Ich ging in die Küche um mir Frühstück zu machen. Wirklich hungrig war ich eigentlich nicht, deswegen schüttete ich mir bloß ein paar Cornflakes in eine Schüssel und goss Milch darüber. Lustlos löffelte ich mein Frühstück. Bereits morgen würde die Schule wieder beginnen. Meine Motivation ging gegen null. Als ich aufgegessen hatte, räumte ich das benutzte Geschirr in die Spülmaschine.

Die meiste Zeit des Tages verbrachte ich mit Netflix. Denn was gab es besseres als Netflix und heiße Schokolade? In mitten eines spannenden Liebesfilm ploppte eine Nachricht auf meinem Handy auf.

Ich vermisse dich
Shawn x

Wie gebannt starrte ich auf diese simplen drei Worte. Ich pausierte den Film bevor ich mich entschloss zu antworten. Doch er war schneller.

Bitte sprich wieder mit mir, B. Ich halte diese Stille nicht aus

Du fehlst mir auch

Ich merkte gar nicht, dass ich die Luft anhielt, bis nach einigen Sekunden seine Antwort erschien.

Können wir uns sehen?

Ich biss mir auf die Unterlippe.

Ich glaube, ich bin noch nicht bereit dafür. Tut mir leid Shawn

Es brach mir das Herz, dass ich ihm diese Antwort geben musste, aber ich konnte ihm noch nicht wieder unter die Augen treten. Dazu war zu viel passiert. Ich erhielt keine Antwort. Seufzend legte ich mein Handy weg und schaute weiter meinen Film.

Ein zaghaftes Klopfen an meiner Zimmertür ließ mich aufschrecken. Ich blinzelte zweimal. Ich war tatsächlich eingeschlafen. „Ja?",sagte ich schnell und meine Tür öffnete sich. Zuerst wurde nur ein Kopf in mein Zimmer gesteckt. „Kann ich reinkommen." – „Aber natürlich." Die Tür wurde ganz geöffnet und schon stand Shawns kleine Schwester Aaliyah vor meinem Bett. „Frohes neues Jahr!", wünschte mir das Mädchen fröhlich und sprang auf mein Bett und schmiss sich neben mich. „Dir auch, Kleine." Ich umarmte sie lächelnd. Auch sie war für mich wie eine kleine Schwester geworden, besonders da bei uns der Altersunterschied geringer was als bei Shawn und ihr, war ich ihre erste Anlaufstelle bei Mädchenproblemen. „Was verschafft mir denn die Ehre?", fragte ich sie schließlich. Als hätte ich sie bei einer großen Lüge ertappt, sah sie mich zerknirscht an. „Naja, also.", stotterte sie, „Ich ähm. Mein Bruder schickt mich." Stöhnend warf ich mich zurück in meine Kissen. „Nicht sein Ernst.", murmelte ich frustriert. „Ihm geht es wirklich schlecht, Becca." Aaliyah kletterte auf mich drauf und sah mich mit ihren großen Augen an. „Und dann schickt er seine kleine Schwester vor um die Wogen zu glätten? Wirklich sehr männlich." Mit hochgezogener Augenbraue sah ich sie an. „Was ist denn zwischen euch passiert?Er wird direkt total komisch, sobald man deinen Namen erwähnt." Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange. „Das kann ich dir nicht sagen." Ich schob das Mädchen von mir runter und setzte mich wieder auf. „Weil es nicht jugendfrei ist?" Mit offenem Mund starrte ich die 14-Jährige an und spürte die Hitze in meinen Wangen aufkochen. Ich konnte ihr doch unmöglich davon erzählen, dass ich betrunken mit ihrem großen Bruder geschlafen hatte. Dafür war sie doch noch viel zu jung! Diesmal war ich diejenige, die sich irgendeinen Mist zusammenstammelte. „Weißt du", sagte sie plötzlich, „ich habe mir irgendwie schon lange gewünscht, dass aus dir und meinem Bruder was Ernstes werden würde."Erstaunt sah ich sie an. „Wirklich?" Stumm nickte sie. „Ihr kennt euch euer ganzes Leben, ich stelle es mir so romantisch vor, mich irgendwann in den Jungen zu verlieben, den ich von Geburt an kenne und mit ihm zusammen zu sein.",schwärmte sie. Ich schmunzelte. „Aaliyah, du vergisst die Tatsache, dass ich bereits einen Freund habe." Schon beinahe angewidert rümpfte sie ihre Nase. „Den kann doch sowieso niemand leiden. Und der ist viel zu alt für dich." Empört sah ich das Mädchen an. Sie nahm wirklich kein Blatt vor den Mund. „Dir ist bewusst, dass er so alt ist wie dein Bruder?" – „Ja, aber mein Bruder ist um einiges süßer.", um ihre Aussage zu unterstreichen, verschränkte sie trotzig ihre Arme vor der Brust. Ich schüttelte lachend den Kopf. „Genau das hat er auch gesagt." – „Na siehst du! Ihr seid perfekt füreinander. Bitte vertragt euch wieder.", quengelte sie. Seufzend legte ich meinen Arm um ihre schmalen Schultern und lehnte mich an sie. „Ich wünschte, das wäre so einfach.",flüsterte ich und vergrub mein Gesicht in ihren Haaren, die wunderbar nach Vanille rochen. „Wo ist denn das Problem? Du kommst gleich einfach mit zu mir nach Hause und sagst meinem Bruder, dass du ihn liebst. So einfach ist das.",beschloss Aaliyah kurzerhand. War es das denn? So einfach? 

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Kurze Erklärung, falls es nicht verständlich sein sollte:

Die kursiv geschriebenen Sätze sind die Textnachrichten von Shawn und Becca. Die, die normal von links kommen, sind Shawns und die von rechts Beccas.   

it has always been him {Shawn Mendes} (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt