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Am nächsten Morgen wollte Shawn, dass ich mich mit ihm, Andrew und einem potentiellen rechtlichen Vertreter treffe. Manchmal fragte ich mich wirklich, wie Shawn es schaffte, dass alle Leute alles stehen und liegen ließen, nur um mir aus der Patsche zu helfen. Nach dem Frühstück lieh ich mir den Wagen meiner Mutter und fuhr nach Toronto. Da ich den Verkehr total unterschätzt hatte, kam ich natürlich zu spät. „Tut mir so leid, dass ich zu spät bin. Der Verkehr war die Hölle.", entschuldigte ich mich hektisch, als Shawn mir die Tür öffnete. „Alles gut, B.", er schenkte mir ein Lächeln und gab mir einen schnellen Kuss. Er wartete bis ich meine Jacke an die Garderobe gehangen hatte und meine Schuhe ordentlich neben der Tür platziert hatte, bevor er mich ins Wohnzimmer führte. Dort saßen bereits Andrew und eine Frau, die ich nicht kannte. Beide standen auf, als wir den Raum betraten. „Becca, guten Morgen.", Andrew begrüßte mich mit einer Umarmung. „Hallo, ich bin Tasha Maywell. Ich bin eine von Anwälten der Rechtsabteilung aus Shawns Team." Tasha hatte einen starken britischen Akzent. Ich schüttelte ihre Hand. „Becca.", stellte ich mich vor. „Shawn und Andrew waren so frei und haben mich schon etwas eingeweiht, ich hoffe, das ist kein Problem für dich." Ich schüttelte den Kopf und setzte mich auf das Sofa ihr gegenüber.

„Bei der Polizei sagte man dir, dass es nichts nützen würde Nick anzuzeigen. Stimmt das?" Ich nickte leicht. „Ja, dort hieß es, dass das Video im Internet inszeniert sein könnte." Tasha schrieb immer wieder etwas auf den Block, der auf ihrem Schoß ruhte. „Und wie erklärt sich dann die Polizei deine Verletzungen und Krankenhausaufenthalt? Dort wird man schließlich festgestellt haben, dass du dir die Verletzungen nicht selbst zugefügt haben kannst." – „Nicks Vater, er ist ein angesehener Mann. Wahrscheinlich hat er die Polizisten bezahlt, damit nichts unternommen wird. Schließlich studiert der Sohnemann Medizin und da würden solche Anklagen natürlich gar nicht gut aussehen.", warf Shawn ein. „Ist das wahr?", Tasha sah mich fragend an. Wieder nickte ich. „Sein Vater drohte meinen Eltern. Wenn wir damit an die Öffentlichkeit gingen, würde er sowohl die Zukunft meiner Eltern und meine zerstören." Tasha schwieg kurz. „Vielleicht ist es genau das, was dein Fall braucht. Wir müssen damit an die Öffentlichkeit gehen, besonders wenn die örtlichen Autoritäten nichts unternehmen wollen. Ich weiß, dass wir auch auf viel Unterstützung von Shawns Freunden zählen können. Selbst wenn wir in die Medien weltweit damit gehen müssen. Du verdienst es, gehört zu werden. Diese Form von Gewalt erleben Frauen weltweit täglich, du kannst ihre Stimme sein, wenn du das möchtest. Kein Mann hat das Recht zu behaupten, dass es nicht wert ist, gegen den Täter vorzugehen. Nicks großzügiges Angebot, dass er dich in Ruhe lässt, wenn du ihm deinen Körper verkaufst, ist nicht nur menschenunwürdig, sondern einfach nur widerlich. Nick muss Konsequenzen zu spüren bekommen. Du sollst nicht die einzige sein, die darunter leidet und er kann sein Leben wie zuvor unbeschwert weiterleben."

Zusammen mit Tasha erstellten wir eine Akte mit allen Beweisen, die wir der Polizei vorlegen konnten. Darin waren meine Akte aus dem Krankenhaus, Berichte und Fotos meiner Verletzungen, sowie Screenshots der Nachrichten, die Nick mir hin und wieder schrieb, auf einem USB-Stick fügten wir das Video an. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch fuhr ich mit Tasha zur Polizeiwache. Andrew und Shawn blieben in Shawns Wohnung. „Ich kann das nicht.", flüsterte ich als wir vor der Wache standen. „Hab keine Angst, Becca. Ich werde nicht von deiner Seite weichen.", versprach Tasha und hielt mir die Tür der Wache auf. Ich atmete tief durch und folgte ihr hinein.

„Ich möchte gerne Anzeige erstatten.", meine Stimme zitterte als ich die Polizistin am Empfang ansprach. „Wie kann ich dir weiterhelfen?", sie lächelte mich freundlich an. „Ich möchte Anzeige wegen schwerer Körperverletzung gegen Nick Michaels und seine Komplizen erstatten." In diesem Moment trat Nicks Vater lachend mit einem Polizisten aus dessen Büro, doch als er den Namen seines Sohnes hörte, verstummte er. Mit zusammengezogenen Augenbrauen stürmte er auf mich zu. „Ich habe dir doch schon einmal gesagt, dass du meinen Sohn nicht anzeigen sollst. Deine Lügen versauen nur seine Karriere. Du machst dich strafbar mit Rufmord. Außerdem wird dir sowieso hier niemand glauben, meine großzügigen Spenden für diese Wache werden schon dafür sorgen." Er musterte mich hämisch und dann meine Anwältin. „Wenn du glaubst, dass dir die Schwarze da helfen wird, dann scheinst du wirklich so dumm zu sein wie du aussiehst. In ein paar Wochen wirst du sowieso zu meinem Sohn zurückgekrochen kommen, wenn du gemerkt hast, dass dein Popsternchen dich nicht besser behandelt als er." Tasha nahm die vorbereitete Akte und reichte sie der Polizistin hinter dem Empfang. „Besorgen Sie Ihrem Sohn einen Anwalt, Mr Michaels, denn wir sehen uns vor Gericht.", sagte sie und legte ihre Hand auf meine Schulter. Nicks Vater lachte nur. „Träum weiter, mein Sohn ist unschuldig." – „Das wird der Richter entscheiden." Schnellen Schrittes verließen wir die Wache.

Als die Tür hinter uns zufiel, nahm ich tief Luft, als hätte ich die ganze Zeit den Atem angehalten. Tränen standen in meinen Augen. „Ich sagte doch, dass es nichts bringen wird.", wieder zitterte meine Stimme. „Hab keine Angst. Der Fall wird definitiv vor Gericht gehen. Wenn Nicks Vater so darauf beharrt, die Unschuld seines Sohnes zu beweisen wird er die Presse miteinbeziehen. Bisher läuft alles genau so, wie ich es erwartet habe." 

it has always been him {Shawn Mendes} (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt