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Wenig später stand ich mit Kathy auf dem Campus der Universität Torontos. Fröhlich plaudernd gingen wir betraten wir das Hauptgebäude und wurden mit dem Menschenstrom einfach mitgesogen. Völlig fasziniert passierten wir all die verschiedenen Stände der Fachschaften. Lasen Plakate und Flyer, ließen uns das ein oder andere Mal in ein Gespräch mit Fachschaftsmitgliedern hinter den Ständen verwickeln.

„Becca, da will ich mir unbedingt einen Flyer holen!", Kathy piekte aufgeregt in meine Seite und zeigte in eine Richtung. Ich rieb mir die schmerzende Stelle und folgte ihrem Blick. Es war der Stand der Medizinfachschaft. Und dahinter stand Nick. Wie angewurzelt blieb ich auf der Stelle stehen. Seit unserer letzten unerfreulichen Begegnung habe ich ihn nicht mehr gesehen. „Becca?", fragend sah meine beste Freundin mich an, „Was ist los?" Ich schluckte schwer. Ich hatte ihr nichts davon erzählt, was Nick getan hatte. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum und sah auf den Boden. „Was ist passiert?", eindringlich sah das Mädchen mich an. „Ich...", fing ich stotternd an. „Du hast ihn nicht mehr gesehen, seit der Sache mit Shawn oder?" Schnell nickte ich zustimmend. Ich konnte es ihr einfach nicht sagen. Ich wollte es, aber ich konnte die Worte nicht über meine Lippen bringen. „Alles wird gut, ich lass dich nicht alleine." Aufmunternd lächelte sie mich an, hakte sich bei mir ein und zog mich mit zu dem Stand der Mediziner. Natürlich erkannte Nick uns direkt. „Kathy, Rebecca, ich habe mich schon gefragt wann ich euch hier sehe.", begrüßte er uns mit einem falschen Lächeln. Neben Nick stand einer seiner Freunde, dessen Name ich natürlich vergessen hatte. „Interessiert ihr euch für's Medizinstudium?", fragte dieser. Kathy nickte. „Ich schon, es ist in meiner Top 3 Auswahl bisher." Und schon waren die beiden in ein Gespräch verwickelt. „Rebecca, können wir uns kurz unterhalten?" Nicks Blick bohrte sich durch mich hindurch. „Nein." Sofort schüttelte ich abwehrend den Kopf und ging einen Schritt zurück. Seine Augenbrauen zogen sich verärgert zusammen und er trat hinter dem Stand hervor. Mein Atem verschnellerte sich, ich konnte meinen Herzschlag in meinen Ohren hören. „Komm mir nicht zu nah.", wisperte ich und suchte Schutz hinter Kathy, die mich verwirrt ansah. „Becca, was zur Hölle?" Ich fing an zu zittern, meine Hände waren eiskalt. Nick streckte die Hand nach mir aus, um nach meinem Arm zu packen. „Fass mich nicht an!" Panisch klammerte ich mich an Kathys Oberarm. „Rebecca, stell dich nicht so an, das ist echt peinlich." Nick sah mich augenverdrehend an. Kathy sah mich mit beunruhigtem Blick an. Vorsichtig löste sie meine verkrampften Hände von ihrem Arm. „Becca, was ist passiert? Sprich mit mir. Was hat er getan?", fragte sie mich mit leiser und ruhiger Stimme. Meine Schultern bebten. „Er hat mich geschlagen.", flüsterte ich so leise, dass ich mir fast nicht sicher war, ob sie es gehört hatte. Doch anscheinend hatte sie mich verstanden, denn sie atmete scharf an, stopfte ein paar Informationsflyer in ihre Tasche, bedankte sich bei dem Typen für die Informationen und zog mich dann wortlos hinter sich her. Erst als wir außer Sichtweite waren, konnte ich wieder aufatmen. Meine Lungen fühlten sich so an, als hätte ich die ganze Zeit über die Luft angehalten. Nach einer Weile fanden wir eine halbwegs ruhige Ecke. Wortlos nahm mich Kathy in den Arm und drückte mich fest. „Ich bin stolz auf dich, dass du es mir gesagt hast.", sagte sie.

Nachdem wir eine kleine Mittagspause in der Mensa des Campus eingelegt hatten, verschwand Kathy noch schnell auf Toilette. Ich wartete davor und tippte auf meinem Handy herum.

Hoffe du hast einen schönen Tag
S xx

Lächelnd las ich die Nachricht, die mich gerade erreicht hatte.

Das hast du hoffentlich auch. B  

„Ich lasse mich nicht noch einmal von dir so vorführen!" Nicks energische Stimme ließ mich erschrocken herumwirbeln. Wie zur Hölle hatte er mich gefunden? „Weißt du wie peinlich das für mich war? Und das auch noch vor meinen Freunden? Meinen Kommilitonen?", herrschte er mich an, was mich zusammenzucken ließ. Ich wich seinem Blick aus und starrte auf das Verpackungspapier eines Schokoriegels, das auf dem Boden lag. „Schau mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede!" Grob packte er mich am Kinn, riss meinen Kopf nach oben und zwang mich so ihn anzusehen. „Ich bin noch lange nicht fertig mit dir.", drohte er mir und verschwand genauso schnell wie er gekommen war. Ich bewegte meinen schmerzenden Unterkiefer, so fest hatte er zugedrückt, und schaute ihm verdattert nach. „So, da bin ich wieder.", riss mich Kathy zurück in die Realität. „Möchtest du noch irgendwo hin?" Ich überlegte kurz. „Ich würde mir noch gerne die Stände der Managementfachschaft ansehen." Kathy nickte und schon machten wir uns auf die Suche nach den Ständen.

Nachdem wir uns durchgefragt hatten, kamen wir nach einer Ewigkeit endlich an unserem Ziel an. Während wir davor standen, nahm ich immer wieder Flyer in die Hand, legte sie jedoch wieder zur Seite, wenn sie mich nicht ansprachen. „Becca, schau mal." Kathy hielt mir einen Flyer unter die Nase. Er enthielt etliche Informationen über das Musikmanagementstudium. Musikmanagement. Ich ließ das Wort auf der Zunge zergehen. Es wurde mir ganz warm ums Herz. Ich nahm den Flyer entgegen und fing sofort an zu lesen. Und das, was ich dort las, klang perfekt. „Gefällt's dir?" Strahlend sah ich Kathy an. „Und wie!"

Wir liefen noch eine Weile über den Campus, bekamen den ein oder anderen gratis Kugelschreiber zugesteckt und sahen uns Hörsäle und Seminarräume an. „Wie kommen wir eigentlich wieder nach Hause?", fragte mich Kathy. „Gute Frage." Wir beide fingen an zu lachen. Wir beide versuchten unsere Eltern zu erreichen. Dad musste noch hierbleiben, Mum war in ihrem Laden und Kathys Eltern konnten uns frühstens in zwei Stunden abholen. „Na toll. Und jetzt?", betrübt sah mich Kathy an, „Ich wollte nicht noch zwei Stunden hierbleiben." – „Ich könnte Shawn fragen, ob er gerade Zeit hätte.", schlug ich vor und wählte auch schon ohne ihre Antwort abzuwarten seine Nummer.

Tatsächlich hatte er gerade Zeit und keine 15 Minuten später fuhr sein schwarzer Jeep auf den großen Parkplatz des Campus. „Warte mal.", hielt mich Kathy zurück. „Was ist?" – „Ich treffe jetzt zum ersten Mal deinen Freund?" Mit großen Augen sah ich sie an. Mist, daran hatte ich gar nicht gedacht. Kathy hatte Shawn bisher nie kennengelernt, eigentlich hatte das keiner meiner Freunde so wirklich. Sie war zwar immer auf meinen Geburtstagsfeiern gewesen, aber so wirklich viel hatte sie nie mit Shawn gesprochen. „Naja, er ist auch nur ein Mensch. Komm schon, mir ist kalt und im Auto ist es warm.", drängte ich und zog sie mit zum Auto.

„Hi. Ich bin Shawn." Shawn hatte sich zu Kathy, die auf der Rückbank saß, gedreht und hielt er strahlend die Hand hin. „Oh glaub mir, ich weiß wie du heißt.", lachte diese und schüttelte seine Hand. „Kathy." Shawn erwiderte ihr Lachen. Damit schien das erste Eis gebrochen zu sein. 

it has always been him {Shawn Mendes} (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt