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„Becca, wir müssen los!", ich hörte meinen Vater von unten rufen. „Ja gleich!", rief ich zurück. Grübelnd stand ich vor meinem Kleiderschrank. Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich zur Verhandlung anziehen sollte. Tasha sagte, ich solle etwas tragen, worin ich mich wohl fühlte, aber es solle trotzdem etwas schicker sein. „Becci, kommst du?", rief nun auch meine Mutter. „Sofort!" Schnell entschied ich mich für eine schwarze Hose und eine einfache weiße Bluse, gepaart mit schwarzen Pumps, die kaum Absatz hatten. Ich eilte die Treppenstufen hinab. „Okay, wir können los."

Die Fahrt zum Gericht verlief still, weder meine Eltern, noch ich wussten worüber wir reden sollten. Vor Gericht hatte sich ein Haufen Journalisten versammelt, die uns mit Blitzlichtgewitter begrüßten. Dad versuchte mich so gut es ging zu verdecken, während wir unseren Weg durch die Journalisten bahnten, die uns allmögliche Fragen in die Ohren brüllten. Drinnen angekommen wartete Tasha bereits auf uns. Sie schenkte mir ein kleines Lächeln. „Bist du bereit?", fragte sie mich und sah mich eindringlich an. Ich nickte langsam. Ich war jetzt schon unglaublich nervös, dabei hat die Verhandlung noch nicht einmal richtig begonnen.

Vorab verbrachte ich etwa 20 Minuten mit Tasha in einem Nebenraum um dort unsere, oder eher gesagt ihre, Taktik zu besprechen. Sie erzählte, dass sie die Jury in unserem Vorteil zusammengesucht hatte. Die Mehrheit seien Frauen und Tasha hoffte, dass sie in unserem Vorteil das Urteil fällen würden. Jedoch wussten wir nicht, wer von den Geschworenen von Nicks Vater geschmiert wurde und sich somit ein ordentliches Sümmchen an Taschengeld dazu verdient hatte um für Nicks Unschuld zu plädieren.

Als ich mit Tasha den Verhandlungssaal betrat, waren meine Beine wie Wackelpudding. Hilfesuchend sah ich mich im Saal um. Panisch scannten meine Augen die Sitze nach Kathy, Shawn, irgendjemanden, doch ich konnte sie nicht finden. „Wo sind meine Freunde?", fragte ich Tasha leise, als wir am Klägertisch Platz genommen hatten. „Die Zeugen dürfen erst nach ihrer Aussage auf den Ränken Platz nehmen, damit ihre Aussage nicht beeinflusst werden kann.", antwortete sie und ordnete ihre Unterlagen.

Der Verhandlungsbeginn zog an mir vorbei wie nichts. Meine Ohren rauschten, ich konnte mich nicht konzentrieren, mir war übel, heiß und kalt zugleich. „Miss Clarke?" Tasha stieß mich in die Seite. „Miss Clarke, Sie sehen nicht gut aus, brauchen Sie eine Pause?" Der Richter sah mich an. Ich räusperte mich. „Ähm, nein Euer Ehren, es ist alles in Ordnung." – „Bist du dir sicher, Becca? Du bist kreidebleich.", Tasha legte besorgt ihre Hand auf meinen Unterarm. Ich nickte schnell. „Mr Andrews, führen Sie fort." Der Richter deutete Nicks Anwalt an, seine Rede fortzuführen. Natürlich plädierten sie auf unschuldig und behaupteten, dass ich mir das alles bloß ausgedacht hätte.

Als mein Arzt in den Zeugenstand gerufen wurde, erklärte er meine damaligen Verletzungen, zeigte Fotos vor und während der Behandlung. Automatisch griff ich mir an meine Brust, wo die Narbe mich noch eine ganze Weile begleiten würde. Nachdem er des Standes entlassen wurde, war es kurz ruhig. „Die Verteidigung ruft Rebecca Clarke in den Zeugenstand." Panisch sah ich zu Tasha. „Einspruch!" Auch sie sprang aufgeregt von ihrem Stuhl auf. „Euer Ehren, wir wurden nicht informiert, dass meine Klientin den Zeugenstand betreten muss." – „Abgelehnt. Miss Clarke, bitte kommen Sie vor." Ich schluckte schwer und stand mit zittrigen Knien auf. Ich stolperte beinahe auf meinem Weg nach vorne, doch konnte mich selbst abfangen. Ich stieg in den Zeugenstand. Dort stand ein Polizeioffizier mit einer Bibel. Vorsichtig legte ich meine Hand auf das Buch. „Schwören Sie, bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit sagen und nichts verschweigen werden?", fragte mich der Richter. „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.", stotterte ich und setzte mich.

„Miss Clarke.", Nicks Anwalt trat näher an die Kanzel, „Diese Verletzungen, die Ihnen angeblich mein Klient zugefügt haben soll, haben Ihnen Schmerzen bereitet, habe ich Recht?" – „Natürlich.", antwortete ich leicht verwirrt, „Eine kollabierte Lunge ist selten schmerzfrei." Er schmunzelte hämisch. „Aber woher sollen wir denn wissen, dass diese Verletzungen echt waren? Wie wollen Sie das heute noch beweisen?" Ich wusste genau worauf er hinauswollte. „Wenn Ihnen das aktuelle Foto, dass Ihnen der Doktor neben zeigte, nicht ausreicht, weiß ich leider nicht weiter." Sein Schmunzeln wurde größer. „So ein Foto kann man ganz leicht bearbeiten. Mit den eigenen Augen lässt sich sowas oftmals besser feststellen." – „Euer Ehren, ich lasse nicht zu, dass sich meine Klientin hier vor den Augen aller ihrer Kleidung entledigt!", empört stand Tasha hinter ihrem Tisch. „So lange mein Klient und ich diese angebliche Narbe nicht mit eigenen Augen begutachten dürfen, erkläre ich die Aussage des Arztes sowie die mitgebrachten Beweise als unzulässig." Provozierend grinste Mr Andrews Tasha an. „Miss Clarke, beantworten Sie seine Frage.", herrschte der Richter an. Fassungslos ließ sich Tasha zurück auf ihren Stuhl fallen, während ich mit mulmigen Magen mich von meinem erhob. Mit zitternden Fingern knöpfte ich langsam meine Bluse auf. In diesem Moment war ich froh, dass ich mich am Morgen gegen ein Kleid entschieden hatte. Langsam streifte ich die Bluse von meinen Armen. Mr Andrews bat mich von der Kanzel an Nicks Tisch zu treten. „Nick, ist das eine echte Narbe?" In Nicks Augenwaren wie gebannt auf meine Brüste geheftet. „Dafür muss ich sie anfassen. Narbengewebe fühlt sich anders an." Er grinste frech und zwinkerte mir zu, bevor er aufstand und sich über den Tisch beugte. „Du hast dich freiwillig für mich ausgezogen. Das ist doch schon mal ein Weg in die richtige Richtung, Baby.", murmelte er während er ungeniert über meine Brust strich und dreist zupackte. Natürlich sahen die Zuschauer alles was er tat. Erschrocken stolperte ich nach hinten, ein Raunen ging durch die Ränge. „Über die Narbe kann ich nicht viel sagen, aber die Titten sind schön." Grinsend ließ er sich in seinen Stuhl zurückfallen. Komplett gedemütigt riss ich seinem Anwalt meine Bluse aus der Hand und zog sie mir schnell wieder über. Tränen standen in meinen Augen. Der Richter sagte einfach nichts. Ich wusste nicht, ob es aus Perplexität war oder weil er Nick und seinem Anwalt glaubte.

Tut mir leid, dass so selten ein neues Kapitel kommt, aber ich recherchiere momentan an meiner bachelorarbeit 🤯 ich versuche trotzdem regelmäßig für euch zu updaten! Lasst in der Zwischenzeit gerne etwas Liebe da ❤️
Edit: wow, ich habe einfach ein Kapitel vergessen hochzuladen upsi. Das hier ist eigentlich Kapitel 48, 47 findet ihr jetzt natürlich vor diesem!

it has always been him {Shawn Mendes} (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt