Kapitel N°45

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Tates Sicht:

Am nächsten Morgen wachte ich auf und war erstmal froh, dass ich heute keine Uni hatte. Aber dafür meine erste Therapie Stunde. Naja nicht meine erste, aber bei dem neuen Therapeuten. Ich halte von diesen ganzen Psychologen Scheiß nichts, aber ab und an habe ich noch Kontakt zu meiner Oma und wegen ihr mache ich das hauptsächlich, weil sie mich drum gebeten hatte. Trotzdem sitzt man im Endeffekt eh nur vor einer völlig fremden Person, der man alle Sorgen erzählen soll, dann kommen ein paar 'heilende' Sprüche und sie denken, dass man geheilt ist. Aber gut, für das bisschen Familie was ich noch habe, würde ich alles tun. Denn es sind nur noch meine Oma und eine Tante, zu denen ich aber wie gesagt auch nicht ständig Kontakt hatte. Der Rest hatte sich abgewandt.

Ich stand auf und machte mich fertig. Ich war von gestern noch sehr geschwächt und könnte los schreien vor Sehnsucht und Traurigkeit, aber ich rufe sie nachher einfach an. Nicht, dass man jetzt denkt, dass ich sie anrufe und es ist wieder alles gut. Nein, ich möchte das mit ihr einfach alles nochmal genau besprechen. Wenig später zog ich auch schon die Haustür hinter mir zu und lief Richtung Praxis. Ich wusste jetzt schon, dass ich nach diesem Gespräch wieder alles aus meinem Kopf löschen würde, wenn ich es mir überhaupt merke. Die Praxis war kalt und strahlte genau das aus, weswegen man hingeht. Alle Leute im Wartezimmer sitzen mit gesenkten Köpfen und starren auf ihre Hände. Ein paar andere spielen mit ihren Handys rum und ich starrte einfach an die Wand. Aber mir fiel ein kleines Mädchen auf. Vielleicht war sie 7, oder vielleicht auch jünger. Sie war mit ihrer Mutter da und spielte auf dem Teppich, der mitten im Raum lag. Sie tat mir leid. Schon in so jungen Jahren zu leiden. Das erinnerte mich wiederum an mich, aber das ist eine andere Geschichte. Es war also relativ voll, aber trotzdem war es still. Es kam ein junger Mann in das Wartezimmer und sah sich im Raum um, bevor er meinen Nachnamen sagte. Ich stand auf und ging an ihm vorbei, während er mir die Hand geben wollte. Dann ging er vor und wir setzten uns in ein Zimmer, das genauso kalt gestaltet war wie die anderen Räume auch. Er holte einen Stift und ein Blatt heraus, schrieb meinen Namen drauf und holte dann Luft.

"Hallo Tate, ich hoffe, Sie freuen sich, dass wir endlich mit unserer Therapie beginnen können"

"Ja, das tue ich", natürlich nicht.

"Erzählen Sie mir etwas über sich, was sind Ihre Hobbys, was machen Sie beruflich?"

"Wie Sie schon wissen heiße ich Tate, bin 19 Jahre alt und komme aus dieser Stadt. Ich studiere Architektur und Hobbys..", scheiße, was waren meine Hobbys?

"Haben Sie keine Hobbys?"

"Naja, momentan lerne ich viel und da bleibt nicht viel Zeit den Hobbys nachzugehen"

"Das ist wahrscheinlich schon der erste Punkt, warum Sie sich schlecht fühlen"

Klar, wegen Hobbys. Sicher.

"Naja eigentlich nicht"

"Dann erzählen Sie mir mehr. Was war in Ihrer Zukunft?"

"Schwierige Kindheit, meine Mutter ist gestorben und selber find ich mich einfach zum kotzen"

Er sah mich etwas komisch an und war über diese direkte Aussage wohl etwas überrascht.

"Dann sollten wir zuerst an Ihren Selbstzweifeln ändern, denn Sie müssen lernen, dass.."

"Ja ich weiß, dass jeder Mensch besonders ist und man sich so schätzen sollte, wie man ist. Haben mir 20 andere Therapeuten auch schon gesagt", unterbrach ich ihn.

"Dann hören Sie es immer hin 20 Mal mehr, dann brennt es sich in Ihren Kopf ein"

Ich lachte kurz leise auf und nickte dann etwas auf. Wieder der nächste der mir alles schön reden will. So ging es dann auch die halbe Stunde weiter. Ich konnte ihm nicht viel erzählen, denn für mich schien er noch fremder als die ganzen anderen Idioten. Am Ende werden mir dann eh wieder Tabletten verschrieben, damit sie ihre Ruhe haben. Ich schnappte mir schnell meine Jacke und verließ die Praxis. Es fühlte sich schon fast wie eine Entlassung an, aber das würde wohl nicht das letzte Mal sein, dass ich da war.

Madisons Sicht:

Der Schultag war einfach so langweilig wie jeder andere auch. Ich vermisste Logan, fragte mich was er wohl gerade macht und dachte an meine Schwester, die nachher mit den Idioten alleine ist.

"In 2 Tagen sind endlich Ferien", sagte meine beste Freundin Leah.

"Ja und ich fliege in den Urlaub, mit Logan", sagte ich strahlend.

"Nur ihr beide?"

"Ja"

"Oha wie schön. Ich hoffe, dass Philipp und ich das auch bald mal machen können, aber er ist ja noch im Ausland"

"Ach das wird schon, beim nächsten Mal seid ihr dann zusammen im Ausland"

Sie lächelte. Danach war die Pause auch schon vorbei und der Unterricht begann wieder. Wir schrieben eine Klausur und es ging zum Glück schnell rum. Nach der Schule fuhr ich dann direkt zu meinem Dad, der mich vorhin angerufen hatte und fragte, ob ich nicht mal wieder zu ihm kommen kann. Tori sollte normalerweise mit, aber sie musste lernen und hatte somit keine Zeit. Ich klingelte und er machte sofort auf, als würde er schon die ganze Zeit vor der Tür stehen. Er strahlte mich an und umarmte mich direkt. Wir setzten uns aufs Sofa und er brachte mir etwas zu trinken.

"Schade, dass Tori nicht konnte. Ich sehe sie so selten"

"Nächstes Mal kommt sie auf jeden Fall mit"

"Das hoffe ich. Vielleicht ist das Thema etwas schwer für dich, aber weißt du an wen ich die letzte Zeit oft denken muss?"

"Mom?"

"Nein, das zwar auch, aber sie ist es nicht"

Er vermisste Mom noch?

"Wen denn dann?"

"Noah"

"Wieso das denn?"

"Ich weiß es nicht. Er war so ein guter Junge, der aus seinem Leben noch richtig was gemacht hätte. Ich stehe immer noch in engen Kontakt mit seinen Eltern und gehe ab und zu an sein Grab"

"Ich vermisse ihn auch noch sehr. Aber komme immer mehr damit klar, aber trotzdem wird er immer einer der wichtigsten Plätze in meinem Herzen haben"

"Das kann ich mir vorstellen. Wie oft gehst du an sein Grab?"

"Ich war ehrlich gesagt noch nicht da, weil ich es nicht kann. Ich würde so gerne, aber das würde mich wieder so treffen. Ich weiß, dass er rund um die Uhr bei mir ist und den richtigen Weg weist"

Ich musste direkt an Tates Worte denken.

"Wenn du es nicht kannst, ist es ja vielleicht besser so"

"Ja genau das denke ich auch"

"Wie geht es deiner Mom?"

"Ach momentan schwebt sie auf Wolke 7 mit ihrem neuen Freund, der bei uns sogar mit seinen 2 Kindern eingezogen ist"

"Schon eingezogen?"

"Ja leider. Tori und ich vermissen dich so sehr"

"Ich vermisse euch 2 auch sehr"

"Wenn es zu extrem wird zuhause, können wir doch sicher ein paar Tage zu dir oder? In deinem Haus sind locker Platz für 10 Personen"

"Klar, in solchen Momenten bin ich immer für euch da"

"Danke, ich habe dich lieb"

"Ich habe dich auch lieb"

"Vermisst du Mom auch noch?"

"Ja klar, wir waren eine sehr lange Zeit verheiratet. Bei der Einweihungsparty von euch habe ich es auch gemerkt, dass sie nicht komplett drüber hinweg ist"

"Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass sie versucht glücklich zu sein, indem sie eben mit ihm zusammen gezogen ist"

"Ja, aber die Gedanken möchte ich gerne wieder aus meinem Kopf entlassen"

"Das glaube ich dir"

Ich setzte mich zu ihm und nahm ihn in dem Arm. Wir redeten noch über Gott und die Welt bevor ich dann nach Hause fuhr, noch meine Hausaufgaben erledigte und dann schlafen ging.

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