Kapitel 22: Der Plan

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Nachdem Band 1 meines ersten eigenen Buchreihe beendet ist und an meine Testleser weitergegeben wurde (das Buch werde ich nicht auf Wattpan stellen, sondern hoffentlich an einen Verlag bringen können ;-) ) und mein Laptop nach langem Warten von der Reparatur zurückgekehrt ist, hier nun endlich mal wieder ein neues Kapitel. Tut mir leid, dass ich euch immer so lange warten lasse. 

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„Ich glaube es nicht, dass ihr das hier wirklich tut", meint Christy, während sie Henrys Perücke feststeckt. Mit den schwarzen Locken ist er kaum wieder zu erkennen und sieht irgendwie blasser aus als sonst. Aber er soll ja auch nicht wieder zu erkennen sein. Lana versucht so gut es geht Christys Feststeck-Technik an meiner Perücke nach zu ahmen, bei der ich mich nicht entscheiden kann, ob sie nun hellbraun oder dunkelblond ist, und stimmt Christy zu: „Ihr zwei müsst echt wahnsinnig geworden sein!" Plötzlich fällt ihr auf, dass ja immer noch der Prinz anwesend ist und sie korrigiert sich: „Ähm... ich meine: das, was ihr vor habt, ist wirklich sehr gefährlich, Euer Hoheit." Henry winkt ab. „Lass gut sein, Lana. Für diesen einen Tag bin ich nicht Henry, sondern Daniel. Keine königliche Hoheit. Kein Prinz. Einfach nur Daniel." Ein breites, schiefes Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Diese Aktion ist absolut kindisch und dumm. Ich bin mir dessen vollkommen bewusst. Aber Henry sehnt sich so sehr nach einem Tag in Freiheit und ist so glücklich. Wer weiß, wann er erneut die Chance darauf hätte? Ich sehe sein Lächeln und das leuchten in seinen hellen Augen und könnte es niemals über mich bringen, das Ganze wieder abzublasen. Wenn wir erwischt werden, wartet eine große Strafe auf mich und Henry wahrscheinlich auch. Und ich bin gerade erst fast herausgeflogen. Dass ausgerechnet ich, die als eine der gesetztesten, verantwortungsbewusstesten und ruhigsten Erwählten galt, einmal so viel Skandalöses tun würde, damit hätte ich nie gerechnet. Aber Henry brachte ich ja scheinbar auch zu Dingen, die er sonst niemals getan hätte. Wir machten einander verwegener. Ob das nun gut oder schlecht war, würde sich zeigen. Jedenfalls war es aufregend. Ein Abenteuer, wie ich es noch nie erlebt hatte. Und es machte unglaublich viel Spaß. „Ich denke nicht, dass dich irgendwer so noch wiedererkennen wird, Georgie", bemerkt Mia, die mich gerade schminkt. „Ich meine: ich tue es ja kaum. Und ich sehe dich nun wirklich jeden Tag." Perfekt. „An dieser Stelle möchte ich noch einmal Alfonso, meinem alten Dozenten, danken, dass er uns diese Sachen zur Verfügung gestellt hat und innerhalb eines Tages zukommen lassen konnte, ohne eine weitere Erklärung dafür zu verlangen", wirft Christy ein. Mia hört auf mein Gesicht zu bemalen und betrachtet ihr Werk. „So. Ich denke, ich bin fertig." „Ich auch so weit", meldet auch Lana. Über einen Stuhl gelehnt wartet schon ein Kleid auf mich, dass ich sonst niemals im Leben angezogen hätte. Henry bekommt von Garrett ebenfalls etwas zum Anziehen in die Hand gedrückt und wird zum Kleidung wechseln auf die Toilette verbannt, während ich mein schwarzes Monster anlege. Ich hatte es irgendwo in den tiefen meines Schrankes gefunden. Es liegt relativ eng an, was ich sonst nicht trage, hat einen kleinen bauchfreien Streifen, was ich sonst nicht trage, und der obere Teil besteht aus irgendeinem Kunstleder, was ich sonst nicht trage. Eigentlich ist es zwar ein bisschen zu schick für das Fest, auf das wir gehen wollen, aber mein Gott. Garrett war so lieb gewesen, mir flache zu dem Kleid passende Lederstiefeletten zu besorgen. Und damit und mit den dunkel geschminkten Augen und Lippen sehe ich wirklich ganz anders aus. Ein bisschen grufti-mäßig vielleicht, aber anders. Ich erschrecke sogar ein bisschen, als ich mich das erste Mal im Spiegel sehe. Nicht einmal meine Familie würde mich so wiedererkennen. Als krönenden Schluss setzt Christy mir noch dunkelblaue Kontaktlinsen ein und ich bin nicht mehr ich selbst. In Anlehnung an „Eine Geschichte aus zwei Städten", von dem Henry ja wusste, dass es mein Lieblingsbuch war, hatte er entschieden, dass ich für die Zeit „Lucie" heißen sollte. Auch, wenn ich jetzt absolut nicht so aussehe wie sie. Henry tritt aus dem Bad. Nein. Daniel tritt aus dem Bad. Es ist immer wieder erstaunlich, was Haare und Kleidung mit einem Menschen anstellen können. Die Brille war auch ein guter Entschluss gewesen, denn er sieht damit wirklich ganz anders aus. Ich stellte mir vor, wie er wohl ohne die Brille und die Perücke in so einem legeren blauen Pullover aussehen würde. Das würde ich eigentlich gerne einmal sehen. „Wow! Georgie! Du siehst so... so...", er sucht nach dem richtigen Wort, um es zu beschreiben, kommt aber nur auf: „Lucie aus!" „Danke. Du siehst auch ziemlich Danny aus", scherze ich. Henrys Lächeln war auf jeden Fall noch das gleiche wie vorher. Und genauso wie vorher lässt es mein Herz ein kleines Bisschen höher schlagen. Ich weiß immer noch nicht genau, was ich für ihn empfinde. Aber ich weiß, dass da etwas ist. Um mich abzulenken, frage ich: „Also? Wie sieht der Plan jetzt nochmal genau aus? Wir gehen jetzt runter und Hauptmann Silvers lässt uns raus?" Henry nickt. „Richtig. Jaime tut so, als würde es mir mal wieder schlecht gehen, was bei dem ganzen Stress hier, vor allem nach dem Ball, nicht verwunderlich wäre, und sieht zu, dass niemand zu mir kommt. An sich sollte das nicht so schwer sein. Die einzige, die mir da ein bisschen Sorgen macht, ist Lillian, aber ich denke Jaime lässt sich da schon etwas einfallen." Bei dem Namen ‚Lillian' zucke ich zusammen. Das tue ich in letzter Zeit immer häufiger. Es nagt an mir, dass ich Henry nicht von ihr erzählen kann. Aber was sollte ich ihm schon sagen? ‚Hey, weißt du, dass deine Schwester es nicht so toll findet, dass du König wirst'? Ganz bestimmt nicht. Und überhaupt verstehe ich gar nicht, was sie dagegen einzuwenden hat. Ich denke, Henry würde einen ganz fantastischen König abgeben. Dass sie nicht derselben Meinung ist, wo sie ihren Bruder doch eigentlich dem Anschein nach so sehr liebt, scheint mir eigentlich fast unmöglich und ich versuche es auch so gut es geht zu verleugnen. Aber mir ist auch bewusst, was ich gehört habe. Und ich wüsste nicht, wie sie und Markus es sonst gemeint haben könnten. „Wir werden so tun, als hättest du noch einen Migräneanfall", reißt Christy mich aus meinen Gedanken. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass sie so sehr hinter unserem Plan steht, wo sie doch sonst so vernünftig ist. „Und wir werden niemanden zu dir lassen." Ich nicke zustimmend. „Gut. In der letzten E-Mail für meine Familie habe ich auch geschrieben, dass es mir nicht gut geht, aber sie sich keine Sorge machen müssen. So wirkt es glaubhafter." Ich hasse es sie anlügen zu müssen. In meinem ganzen Leben habe ich es so gut wie nie getan und habe auch nicht vor, es sonderlich oft in Zukunft tun zu müssen. Aber die Situation im Palast und mit Henry lässt mir leider keine Wahl. „Und unbemerkt zum Ausgang kommt ihr durch den Dienstbotengang am Ende des Flurs", fügt Mia noch hinzu. „Sehr gut. Dann lass uns gehen", entscheidet Henry. „Ah! Warte einen Moment", halte ich ihn noch kurz auf. Schweren Herzens nehme ich mein geliebtes Perlenarmband ab und lege es auf die Kommode. Ich fühle mich ein wenig nackt ohne es, aber das Risiko, dass mich jemand durch es doch noch erkennen könnte, ist mir zu hoch. Vielleicht bin ich da aber auch einfach nur paranoid. „Jetzt können wir", meine ich und fühle mich jetzt tatsächlich ein bisschen wie ein anderer Mensch.

Selection- Der versteckte PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt