Kapitel 29

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Der Lärm aus dem Untergeschoss weckte mich. Was auch immer mein Vater, davon ging ich aus Erfahrungswerten aus, da unten in der Küche veranstaltete, das ging bestimmt auch leiser. Ich schälte mich aus dem Bett, da ich jetzt sowieso nicht mehr schlafen konnte. Noch ein wenig verschlafen, tapste ich in die Küche. „Und was machst du hier?", fragte ich, als ich die Küche betrat. Mein Vater strahlte mich an und antwortete knapp: „Waffeln." Unsere Aufmerksamkeit wurde von einem seltsamen Geruch angezogen, dann verschwand das Lächeln aus dem Gesicht meines Vaters, da er bemerkte, dass die nächste Waffel gerade dabei war abzubrennen. „Oh, verdammt", fluchte er und versuchte die Waffel zu retten. Ich musste lachen bei dem Anblick, wie mein Vater die heiße Waffel mit der Hand aus dem Waffeleisen zu holen. „Wie schafft man es, beim Waffel machen, so laut zu sein?", feixte ich, während ich meinen Platz am Küchentisch einnahm. „Indem man alles mögliche fallen lässt und dann extra laut, und unnötigerweise, flucht", antwortete meine Mutter, die mit hochgezogenen Augenbrauen die Küche betrat. Wieder lachte ich und mit einem leichten Grinsen stelle meine Mutter zwei Kannen mit Tee und Kaffee auf den Tisch. Gemeinsam deckten wir den Frühstückstisch und verspeisten zusammen Papas großartige selbstgemacht Waffeln. „Was hast du heute so vor?", wand sich meine Mutter an mich. „Oh, ich weiß es noch nicht genau. Wahrscheinlich unternehmen ich etwas mit, äh, Juli", gab ich zurück und wurde zum Ende etwas leiser. Konnte ich mich noch auffälliger benehmen? Am liebsten hätte ich mir gegen die Stirn geschlagen, doch stattdessen setzte ich ein Lächeln auf. „Das klingt doch wunderbar", entgegnete sie und ich konnte an ihrem Blick sehen, dass sie ahnte, dass wir nicht mehr nur Freunde waren. Mütter haben einfach einen verdammt scharfen Spürsinn.

Nach dem Essen räumte ich die Spülmaschine ein und bedankte mich noch einmal bei meinem Vater für das tolle Frühstück. Ich machte mich auf dem Weg ins Obergeschoss, wo ich duschte und mich anzog. In der Zeit hatte Juli mir eine Nachricht geschrieben, wann wir uns sehen wollten. Ich grinste und schrieb zurück, dass ich sofort Zeit hätte. Es dauerte nicht lange, bis mein Handy wieder vibrierte. „Sehr gut, ich hol dich in einer halben Stunde ab, ich freu mich auf dich", war das nächste was er schrieb. Die verbleibende Zeit nutze ich um mich zu schminken und Schmuck anzuziehen, denn ich wollte ja hübsch für Juli aussehen.

Das Klingeln an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Stürmisch rannte ich nach unten, um als erste die Tür zu öffnen. Ich strahlte Juli entgegen, der mir einen schnellen Kuss auf die Wange gab, bevor meine Mutter ihren Kopf aus der Küche streckte um Hallo zu sagen. „Ich hole noch schnell meine Tasche", verkündete ich und rannte die Treppe wieder hoch, dabei konnte ich hören, wie Juli freundlich Small Talk mit meiner Mutter betrieb. Sie lachte ausgiebig und ich war so dankbar, dass Juli so charmant sein konnte. Als ich wieder auftauchte, lächelte Juli mich an und wir verabschiedeten uns von meiner Mutter. „Was haben wir heute vor?", bohrte ich nach, während ich unsere Finger verschränkte. „Naja, ich dachte, wir könnten erst in das Café in der Stadt gehen, dass du so magst und danach vielleicht ins Kino?" Zufrieden nickte ich und wir setzten unseren gemütlichen Spaziergang in die Stadt fort.

Juli bestelle sich einen großen schwarzen Kaffee, während ich lieber einen schwarzen Tee wollte. Als er das heiße Getränk in seiner Hand hielt und einfach nur zufrieden aussah, da war er wieder für mich der schönste Mensch der Welt. Dieser verträumte Blick, die blonden Haare, ein wenig zerzaust an der einen Seite nachdem ich bei unserem letzten Kuss meine Hand in ihnen vergraben hatte, seine perfekt geschwungenen Lippen. Ich wollte mich in jedem Detail dieses Jungen verlieren und als er seinen Blick von dem Rand seiner Tasse, die er noch vor sein Gesicht hielt, aufrichtete, da war ich wieder so verliebt, dass ich dachte mein Herz würde platzen. Er grinste mich an. „Was ist los?", bohrte er nach, nachdem mir vor Verlegenheit die Röte ins Gesicht geschossen war. „Nichts, du bist nur einfach wunderschön", wisperte ich, bevor auch ich einen Schluck meines Getränkes nahm. Juli lachte nur und nahm meine Hand, sobald ich die Tasse abgestellt hatte. „Weißt du noch, wie wir mal über unsere Zukunftspläne geredet haben?", fragte Juli nach und ich nickte. Dieser Abend auf Camelot war mir noch gut im Gedächtnis. „Wir hatten uns gerade erst kennengelernt, aber mir wurde so schnell klar, dass du ein Teil meiner Zukunft werden solltest." Mein Herzschlag wurde wieder schneller und ich wusste noch gar nicht, was ich sagen sollte. Doch ich musste auch nichts sagen, Juli küsste meine Hand und lächelte mich einfach wieder an. Wie hatte ich das hier verdient?

Die Zeit verging wie im Flug, während wir redeten und lachten und noch das ein oder andere Getränk tranken. Es war irgendwann so spät, dass wir uns gegen das Kino entschieden und lieber auf dem Balkon von Camelot noch den Sonnenuntergang betrachten wollten, wie bei unserem ersten Kuss.

Wir saßen nebeneinander und kuschelten uns aneinander, als Juli sagte: „Das ist das letzte Schuljahr der Mittelstufe, ist das nicht verrückt? Wir bewegen uns alle so schnell darauf zu erwachsen zu werden." „Naja, zumindest erwachsener", entgegnete ich lachend und auch Juli schmunzelte. „Ich schätze du hast Recht. Aber weißt du, vor ein paar Jahren hätte ich es nie geglaubt, dass ein Mädchen mir mal so viel bedeuten würde. Es gab immer nur Fußball und die Wilden Kerle. Aber jetzt? Du und ich, Deniz und Viv, Leon und Vanessa, Darlene und Maxi." „Aber das ist doch gut oder nicht?", sagte ich und ich hob meinen Kopf von seiner Schulter um ihn anzusehen. Auch er drehte sich mir zu und sah mich überrascht an. „Natürlich ist das gut, ich bin manchmal nur etwas überwältigt von der Veränderung, glaub ich." Panik stieg in mir auf. War das Julis Art mir zu sagen, dass ihm alles zu schnell ging? Hatte ich ihn doch zu sehr bedrängt? Er bemerkte wohl den verängstigten Eindruck auf meinem Gesicht, den ich nicht hatte verstecken können und er griff wieder nach meinen Händen. „Emma, das hier ist gut, es ist wundervoll. Du weißt, ich brauch manchmal einfach etwas Zeit, aber ich will mit dir zusammen sein." Kurz seufzte er, ließ meine Hände los und richtete seinen Blick auf den Horizont. „Ich hab nur manchmal Schiss vor dem Erwachsen werden, verstehst du? Ich hab Angst, dass ich so werde wie mein Vater." Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Rücken und streichelte ihn. „Darüber würde ich mir gar keine Sorgen machen", flüsterte ich ihm zu, „denn ich habe noch nie einen liebevolleren Familienmensch als dich getroffen." Das Lächeln, dass er mir dann schenkte war zwar schwach, doch es war ein Lächeln.

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