Kapitel 10

1.8K 48 3
                                    


Die nächste Nacht war ganz in Ordnung gewesen, nur kurz hatte ich schlecht geträumt, weshalb ich auch relativ ausgeschlafen war. Dennoch rasten meine Gedanken wieder und das Juli und Fabi nicht mehr wirklich miteinander zu reden schienen, jedenfalls aus meiner Wahrnehmung, machte das Ganze nicht besser. Deshalb hoffte ich auch, sie bei unserem gemeinsamen morgendlichen Weg in ein Gespräch verwickeln zu können. Da ich auch noch ein Geschenk für Felix brauchte, lenkte ich es darauf. „Also, was wollt ihr Felix schenken? Habt ihr schon etwas?" „Wir wissen, dass Felix ein neues Fahrrad braucht, also wollen wir ihm wahrscheinlich ein neues kaufen oder eben ihm helfen, ein neues zu finden." „Oh wow, das ist wirklich nicht schlecht", gab ich zu, „irgendwelche Ideen, was ich schenken könnte? Fabi? Juli?" Die beiden schauten sich kurz an und Juli räusperte sich. „Ähm, wie wäre es mit einem neuen Trikot? Das könnte er gebrauchen", antwortete Juli und Fabi nickte zustimmend. Zwar war ich jetzt wirklich einen Schritt weiter mit meinem Geschenk, aber ein wirklich laufendes Gespräch konnte ich nicht herstellen, also gab ich es auf. Vielleicht war es auch einfach nicht das richtige Thema. Doch Joschka schaffte es dann irgendwie doch, ein Gespräch ins Laufen zu bringen, in dem er es simpel und einfach begann über Fußball und den Teufelstopf zu sprechen, ganz ungezwungen. Irgendwie brachte mich das zum Grinsen, denn ich merkte mal wieder, dass ich alles viel zu sehr überdachte und mir den Kopf zu viel zerbrach. Das versuchte ich mir dann immer wieder klar zu machen: Die Dinge würden schon ihren Lauf nehmen und alles würde irgendwie schon funktionieren, auch ohne dass ich den ganzen Tag über sie nach dachte. Also versuchte ich in der Schule meine Laune zu heben und einfach meine Gespräche mit den anderen Mädels auf andere Themen zu lenken, als das, was mich beschäftigte, auch wenn ich dennoch auf der anderen Seite Fabi und Juli ein wenig aus dem Weg ging. Doch wenn man Vivi auf sie und Deniz ansprach, gab es sowieso genug Gesprächsstoff um jede Pause des Tages zu füllen. Man merkte, dass sie auf Wolke 7 schwebte, denn, laut ihrer Angabe, waren sie jetzt offiziell ein Paar und sie konnte unendlich schwärmen, wie glücklich sie war. Natürlich war es auch irgendwie schwer für Darlene und mich, sich genauso darüber zu freuen wie sie, da das Wissen um unsere eigene Situation das alles etwas dämpfte. Doch wir freuten uns trotzdem ehrlich für sie, denn ihr Strahlen steckte immer wieder an und ich wusste, dass man manchmal seine ganze gute Laune am liebsten mit anderen teilte, deshalb ließen wir sie erzählen und erzählen. Und ich glaubte, irgendwie gab es Darlene auch Hoffnung, dass Maxi auch endlich den gleichen Mut bewies, den sie auch bisher noch nicht aufgebracht hatte.

Nach unserem Englischunterricht, der unsere letzten beiden Stunden gewesen war, wollte ich nach dem Unterricht noch kurz mit unserem Lehrer sprechen, da ich noch ein paar Fragen zu der Präsentation hatte, die ich bald halten sollte. Ich mochte Englisch sehr, weshalb ich auch kein Problem damit hatte, als eine der ersten zu präsentieren, aber ich wollte noch den Umfang der Präsentation abklären. Was ich dabei allerdings nicht bedacht hatte war, dass unser Englischlehrer Herr Brenner oftmals eine simple Sache durch viele Wiederholungen unendlich in die Länge ziehen konnte. Und so wurde aus meiner simplen Frage, von der ich glaubte, man könne sie in ein oder zwei Minuten abhandeln, ein durchaus längerer Monolog meines Englischlehrers über die Bedeutung meines Themas, Methoden, die ich benutzen könnte und so weiter, während sich der Raum komplett leerte. Irgendwann fand er jedoch zum Glück noch ein Ende und ich bedankte mich und verschwand schnell, bevor er noch etwas sagen konnte.

Als ich nach draußen ging, erwartete ich alleine zu sein, doch zu meiner Überraschung hatte Juli auf mich gewartet. „Was machst du denn noch hier?", tat ich meine Überraschung kund. Juli lächelte ein wenig: „Ich hab gemerkt, dass du noch etwas besprechen wolltest und ich dachte, ich warte kurz auf dich. Naja, hat zwar etwas länger gedauert, aber ist mal wieder typisch Brenner oder?" „Oh ja", stimmte ich zu, „der kann echt aus allem einen ewigen Monolog machen. Aber danke, dass du gewartet hast." Ich schenkte ihm jetzt auch das wärmste Lächeln das ich bieten konnte, denn ich freute mich wirklich. Als wir dann losfuhren drehte Juli sich noch einmal in meine Richtung. „Emma, ist wirklich alles in Ordnung? Du wirkst im Moment, so... abwesend", platze es aus ihm heraus. Diese Frage überraschte mich und ich überlegte fieberhaft was ich antworten sollte. Was sollte ich sagen? Das ich glaubte in einem Gefühlsdreieck zu stecken? Das ich Angst hatte, dass alles nur Einbildung war oder das ich von meinen neuen Freunden verstoßen werden würde? Das ich Angst vor Fehlern hatte? Dass meine Gedanken sich im Kreis drehten, bis ich verzweifelte? „Ich, ich, weiß es nicht", stammelte ich nur, „aber passt alles schon. Ich komm schon klar." „Okay, wenn du meinst. Es tut mir leid, ich kann verstehen, wenn ich dir zu Nahe getreten bin. Du musst nicht mit mir über dein Befinden reden, wenn du nicht willst." Ich konnte Enttäuschung in seiner Stimme hören, was mich noch betroffener machte, denn ich wollte ihn wirklich nicht verletzten. „Juli, es nicht so, dass ich nicht mit dir darüber sprechen will, ich weiß nur noch nicht wie oder was genau mich im Moment so stört. Aber mach dir wirklich keine Gedanken um mich, ich komm schon klar, solche Launen kommen und gehen. Aber danke, dass du gefragt hast." Ich schenkte ihm noch ein mildes Lächeln, das er erwiderte. „Okay, wenn du das sagst. Ich will nämlich nur das es dir gut geht." Die Ernsthaftigkeit mit der er das sagte, rührte mich ein wenig. „Wollen wir morgen zusammen zu Felix Geburtstag fahren?", fragte ich nach, auch um das Thema in eine andere Richtung zu lenken. „Klar, sehr gerne", gab Juli zurück, gerade als wir in den Fasanengarten einbogen. „Okay, super. Wir sehen uns dann morgen. Und Danke nochmal", rief ich ihm zu, während ich zu unserem Hof fuhr. Er winkte mir noch lächelnd zu und rief: „Bis morgen!"

Nach dem Mittagessen, machte ich mich auf in die Stadt um das Geschenkzu kaufen. Ich war ganz zufrieden mit meiner Ausbeute, da ich noch ein paarKleinigkeiten gefunden hatte, von denen ich glaubte sie würden Felix gefallen. Währenddessen suchte ich auch noch nach einem Outfit für den morgigen Abend. Natürlich wollte ich mich nicht zu übertrieben rausputzen, aber dennoch wollte ich etwas Hübsches anziehen. Zufällig traf ich Darlene, die auch ihr Geschenk besorgt hatte. Zusammen suchten wir zusammen nach Outfits, bis wir endlich zufrieden waren. Darlene sah wirklich hübsch aus in ihrer neuen leichten, hellblauen Bluse mit einem zarten Blumenmuster. Ich hatte mich für ein Sommerkleid in rosa entschieden, denn ich liebte Sommerkleider und wir hatten auch noch die richtigen Temperaturen um so etwas anzuziehen. Mit einer passenden Strickjacke würde ich auch abends damit zurechtkommen. Danach verabschiedeten wir uns und machten uns auf unsere Heimwege.    

Neu in GrünwaldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt