Melodies Sicht:
Alles war schwarz. Ich schaute mich um und erkannte nichts. Auf einmal sah ich ein kleines unscheinbares Licht in der Ferne. Ohne zu zögern, lief ich dorthin, denn ich hatte im Gefühl, es wäre der Ausgang. Der Ausgang der Schwärze. Ich lief immer näher.
Auf einmal war alles hell und ich kneifte meine Augen zusammen. Als ich mich an das helle Licht gewöhnt habe, erkannte ich eine Gestalt. Sie war mit dem Rücken zu mir gedreht. Es war ein Junge, etwa ein Jahre älter als ich. Er hatte die gleiche dunkelbraunen Haare wie ich.
Er drehte sich um und mein Herz zog sich zusammen. Er sah immer noch gleich aus. Ich erkannte sein markantes Gesicht und die grauen Augen sofort. Er lächelte mich leicht an.
,,Ich bin stolz auf dich. Du bist stark, Prinzessin." Er nannte mich so wie früher, als wir noch kleiner waren. Ich spürte wie einzelne Tränen herunter liefen.
,,Du bist so unheimlich stark geworden. Du hast dir ein neues Leben aufgebaut. Das alte hinter dich gelassen." ,,Dich nicht." Er schaute mich bedrückt an. ,,Ja, das hättest du, aber tuen müssen. Du musst alles hinter dir lassen, um los zu lassen auch mich." Ich schüttelte meinen Kopf. ,,Nein, das kann ich nicht. Du bist mein ein und alles." Es fühlte sich an, als würde man mir das Herz raus reißen. ,,Du musst. Kleines, ich kann dich nicht mehr beschützen." Er lächelte mich zaghaft an, was mir schon so oft geholfen hat. ,,Du hast Freunde gefunden, einen weiteren Brüder und sogar mehr. Ich kann nichts mehr für dich tuen." Unglaubwürdig schüttelte ich meinen Kopf. ,,Nein, bitte gehe nicht." ,,Ich gehe nicht. Du musst mich endlich loslassen. Ich kann nicht in Frieden ruhen, wenn du mich nicht loslässt. Melodie, vor acht Jahren starb ich, du musst es akzeptieren." Er entfernte sich.
,,Lebewohl, Schwesterchen. Ich hoffe, wir sehen uns nicht all zu schnell. Ich liebe dich. Du bist stark, Prinzessin." Er ging und mit ihm auch das Licht. Ich hätte weinen müssen, doch ich tat es nicht. Ich musste mich selber stellen und es endlich akzeptieren, dass Henry für immer gegangen ist.
Ich schloss meine Augen und atme tief ein und aus. Er hatte Recht, ich habe ein wunderschönes neues Leben und ich durfte es nicht aufgeben. Ich musste kämpfen für den Jungen, der mir eine andere Sicht auf das Leben gab. Für die braunen Augen, in denen ich Tage schauen konnte. Für das schiefe Grinsen, das mein Herz erwärmte. Einfach alles von ihn, denn er brachte mich um den Verstand.
Vor mir tauchte auf einmal das Bild, wie er mich bei unserer ersten Begegnung gerettet hatte, auf. Ich war neu in der Stadt und das Großstadt Leben war für mich eine komplett andere Welt. Für mich war es selbstverständlich, dass wenn ich grün und die Autos rot haben, ich ohne Gefahr über die Straße kam. Zum Glück zog mich Dean noch schnell von der Straße. Bei der Erinnerung fing ich an zu Lächeln. Ich betrachtete sie von außen, wie ich perplex in seinen Armen lag und er mich mit seinen Grinsen an lächelte. Auf einmal veränderte sich der Hintergrund und wir befanden uns in einen leeren Saal. Er hatte einen schönen Anzug, der ihn perfekt saß, an und ich hatte ein eng anliegendes Kleid an. Wir tanzten. Erst zaghaft und dann immer schneller. Wir blickten uns beide nicht um, unsere Augen waren mit einander verankert. Diese Sicht verschwamm langsam und ich befand mich wieder in der Schwärze.
,,Dean.", flüsterte ich. Die Vorstellung mit ihm zu tanzen, gab mir neue Kraft. Ich versuchte mich zusammen zu reißen. Ich wusste, wenn ich es jetzt nicht schaffte meine Augen zu öffnen, würde ich es nie hin bekommen. Ich konzentrierte mich. Zunächst wollte es nicht klappen, doch dann schaffte ich es, mein rechte Hand zu bewegen. Ich bildete sie zu einer Faust. Durch den Erfolg bekam ich mehr Stärke und gab mir einen Rucken.
Ich schaffte es.
Es brauchte bis ich mich an die Helligkeit gewöhnt habe. Ich sah nur weiß. Wo war ich? Und dann durchschoss die Erinnerung durch den Körper.
Mein Erzeuger hatte mich gefunden und fast Tod geprügelt... ohne Alkohol. Ich blickte mich um. Es war ein Krankenzimmer, so wie man es kannte, doch das war nicht interessant. Meine Aufmerksamkeit bekam der schlafende Junge neben mir. Ich konnte nicht anders. Ich fuhr durch seine schwarzen Haare mit meiner linken Hand. Er seufzte. ,,Melodie." Seine Stimme klang gebrochen. Dann öffnete er seine Augen. In sein Braun befand sich Trauer, Schmerz und Verlustangst.
Er brauchte ein wenig bis er realisierte, dass ich wach war. ,,Du bist wach. Ich hatte so Angst." Stürmisch umarmte er mich. Zunächst lächelte ich, doch dann erinnerte ich mich an Henrys Worte. Meine gute Laune veränderte sich in ein traurige. ,,Ehy. Was ist Los?" Er nahm mit seinen rauen Händen mein Gesicht. ,,Er ist Tod. Endgültig. Mein Bruder ist gegangen.." Brachte ich zwischen den vielen Schluchzern heraus. ,,Wie ich verstehe nicht?" Ich konnte ihn nicht antworten, da die Tür aufgemacht wurde.
,,Sie sind wach!", ein Arzt, Jack und Amanda kamen herein. Ich wurde stürmisch von Jack und Amanda in den Arm genommen. ,,Wie geht es dir?", der etwas in die Jahre gekommener Mann, schaute mich freundlich an. ,,Gut so weit." ,,Verzei mir. Ich muss mich ja noch vorstellen. Ich bin Doctor Nevl. Ich habe deine Operation durch geführt und wenn etwas ist wende dich bitte direkt an mich." Ich nickte.
,,Ich bewundere dich, Melodie. Ich habe noch nie jemanden mit so viele Verletzungen gesehen, der so stark kämpfte als dich. Meine Mannschaft und ich haben über 6 Stunden versucht dich zu retten, doch am Ende musstes du endscheiden, ob du noch bei uns bleiben möchtest. Ich bin froh, dass du dich dafür entschieden hast. Den Rest erzähle ich dir später, da du bestimmt noch etwas zu besprechen hast und dich ausruhen möchtest." Mit diesen Worten verließ er den Raum. ,,Ich glaub, Jack und ich gehen etwas essen. Wollt ihr auch was?" Dean schüttelte genauso wie ich den Kopf. Sie lächelte uns viel sagend an und dann gingen die zwei.
Ich war wieder mit Dean alleine.
DU LIEST GERADE
die Vergangenheit macht dich so, wie du bist
Teen FictionDie Vergangenheit hat aus dir das gemacht, was du bist. Melodie lebt seit vier Jahren in einem Heim. Und sie ist sich ganz sicher, dass das Leben nichts gutes für sie hat. Doch eines Tages kam eine nette Familie um sie zu holen. Hatte ihr das Leben...