{ 5 } da sind zwei Menschen { 5 }

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4. Juni, ???;  Felyx

«Traeder, da sind zwei Menschen!», rief eine klare Stimme, nicht einzuordnen, ob männlich oder weiblich. Sie lag zwischendrin, zwischen allem. Aber mich verwirrte eher, dass das Wesen vor uns sprach. Unsere Sprache sprach. Eine Tür öffnete sich und ein wenig Licht erhellte den Raum. Ein Raum. Wir waren in einem.. Gebäude? Es waren vielleicht grade mal zwei mal zwei Meter, Betonwände und Erdboden. Die Gestalt saß etwas erhöht, hockte, an der Kante eines runden Ganges. Wie die Kanalgänge in den Filmen immer aussahen, aber wer saß den bitte gerne in der Kanalisation? Zudem ging der Gang nach kurzer Strecke zu Ende, in der nun wieder geschlossenen Tür. Schritte waren zu hören. Ein Mann. Das konnte ich an der Härte des Aufschlags und an der Größe des vermuteten Abstandes ausmachen. Sekunde, wie konnte ich das so gut wahrnehmen? Im nächsten Moment war meine Wahrnehmung dafür ziemlich beeinträchtigt, als ein Licht an der Decke anging, eine kleine Flamme tänzelte in einem hölzernen Käfig, schien zu schweben. Darunter stand tatsächlich ein Mann, dessen schwarzen Haare fast die Decke berührten. Sie waren kurz geschnitten und vorne über der Stirn hochgekämmt. Doch viel interessanter als der normal wirkende Mann war die Person vor uns. Ebenfalls ein menschlicher Körperbau, doch ungewöhnliche Kleidung:
Eine Cargohose schaute über dicken, gefütterten Stiefeln hervor und unter der Pilotenjacke war ein weißes T-Shirt zu erkennen. Die Angst vor ihren Augen verflog, da sie eine Schutzbrille mit großen, lupenartigen Gläsern auf die Fliegermütze hochschob, die ihren zerzausten, hellbraunen Strohkopf bedeckte. Nicht Liams strohblond, sondern ungepflegte Haare, mit unzähligen Knoten. Die Angst war verflogen, doch das Gelb dieser Augen nicht, ebenso wenig die rechteckigen Pupillen, die Brille hatte lediglich für den vergrößernden Effekt gesorgt. „Das kann gar nicht sein.", murmelte der Mann, der nun neben das Kind getreten war. Kind? Sie war sehr klein, auch wenn sie hockte war das eindeutig. Seine Stimme war schön. Angenehm und klar, eine Wärme hätte sie hinterlassen, hätte er uns nicht angeschaut. Aus eisblauen Augen, die eine Kälte aufwiesen, wie sie ihrer Farbe gerecht wurde. Es schauderte mir, als ich es wagte, hochzuschauen und seinem ernsten Blick begegnete.
«Doch, sie sind grade da durchs Portal gefallen.», erwiderte das hockende Kind.
Mein Bruder schreckte hoch, zwar saßen wir noch immer am Boden, doch er wirbelte herum, sodass er verdreht da saß. Ich bemerkte, wie sämtliche Farbe, die noch übrig war aus seinem Gesicht verschwand. Ich folgte wieder einmal seinem Blick und verlor ebenfalls meinen Unterkiefer. Wir saßen mit verdrehtem Rücken und Mündern wie Karpfen da. Der Tunnel durch den wir gefallen waren, war weg. Die Breite des Ganges dürfte zwar stimmen, metallverkleidet war dieser auch, jedoch war er um einiges kürzer, als es sich beim Fall angefühlt hatte. Das Hauptargument, was dagegen sprach, dass es immer noch derselbe Tunnel war, waren die zehn Leitersprossen an der einen Seite, die zu einer schweren Metallluke führten. Das Loch war zu...
Ich versuchte ruhig zu bleiben, weshalb ich den Mund auch gleich wieder schloss, um mich dem Herren zuzuwenden und damit meine Augen von dem Aufgang losriss. „Entschuldigung, aber wer sind Sie und können Sie uns sagen, wo wir hier sind?", doch die Frage kam mir schon albern vor.
Bevor ich eine Antwort bekam warf dieses Wesen am Boden des Ganges einen Kommentar dazwischen: «Pff, anscheinend siehste wohl doch weiblicher aus als gedacht, Traeder.»
"Traeder", was ein seltsamer Spitzname, rollte mit den Augen: „Nein, mit weiblichen Pronomen hat das nichts zu tun, Owlgamer. Das sagt man so auf der Erde, gemeint ist dann die Pluralform, die bei Einzelpersonen verwendet wird, wenn diese älter oder höhergestellt als man selbst sind. Oder auch einfach unter Erwachsenen als Geste des Respekts. Muss ich dir das Wort eigentlich auch noch mal beibringen?"
«Nah, habs noch nie gelernt, also.», ein Grinsen bildete sich auf Owlgamers Lippen. Der Name war auch eigenartig. Hießen sie wirklich so? «Aber funktioniert das ungefähr so, wie mit den Königen des Ostens?», kam sie wieder auf die Erklärung zurück. Traeder nickte einfach, den Blick nicht von uns abgewandt.
„Äh, auf der Erde?", hob ich schwitzend zu einer Frage an, die Liam für mich beendete, „Aber wenn wir nicht auf der Erde sind, wo denn dann?!"
Die Antwort kam harsch und was schlimmer war, wenig aufklärend: „Das ist nicht unser Problem, also haut endlich ab.". Dann drehte der Mann sich um und wollte schon zurückgehen, da antwortete uns die andere Person doch noch: «Munterris. Um genauer zu sein in der Moosebene, das Haus nahe Handelskreuz.".
Munterris?! Wo war Munterris? Eine Untergrundstadt? Doch dann fiel mir wieder ein, wie Owlgamer von einem Portal sprach. Hieß das... „Wir sind nicht mehr auf der Erde?!"
«Nnnnnope.». Panik stieg in mir auf. Ein Fremdland war schon anstrengend, unbekannte Kultur, andere Zeiten, aber das hier? Eine andere Welt? Das war doch nicht möglich.
„Wie kommen wir dann zurück?", Liam schaute wieder hinter sich, „Kommen wir über die Leiter da wieder zurück?"
«Nnnnnope. Da gehts nur hoch zur Moosebene.». Schock fuhr in uns Beide. Doch die Frage, wieso ich überhaupt zurück wollte, löste eher Verwirrung aus. Traeder meinte, uns einen Grund geben zu müssen, aus Munterris verschwinden zu wollen. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht mit denen reden!"
Die Angesprochene ignorierte ihn letztlich, genau wie wir: „Wie kommen wir dann heim?"
«Mh, das ist ziemlich kompliziert...», nachdenklich glotzte sie an die Decke, «aber nur so 'n Tipp, ihr solltet so langsam doch wirklich mal gehen, der Kerl hinter mir ist nich ganz so auf Menschen zu sprechen.». Wir hörten auch ihr nur so halb zu, alles was wir verstanden war, dass wir nicht so einfach auf unseren Planeten zurück kamen. Also fragten wir weiter: „Aber was können wir dann machen? Wir haben keine Ahnung von... Muntäris? Wo können wir denn sonst hin?", auch Liam klang nicht mehr so, als wolle er unbedingt wieder zurück, aber immerhin irgendwo hin. Neu im Leben und auf der Suche nach etwas, was man Zuhause nennt. Owlgamer setzte zu einer Antwort an, doch Traeder, der die ganze Zeit weiter hinten im Gang stand, trat aufgebracht vor. „Ich hab doch gesagt, ihr sollt verschwinden!", bei seinem Schritt zog er eine lange, feine Klinge aus einer dazugehörigen Schwertscheide an seinem Gürtel und hob sie in unsere Richtung. Wir erschraken und krochen ein bisschen von ihm und unserer Trivia weg. Die saß ganz ruhig neben dem Degen und achtete ihn nicht eines Blickes, nur eines genervten Kommentars: «Du musst nicht immer gleich mit Glaive rumfuchteln.»
„Bitte, es tut uns leid! Wir wollten gar nicht hier sein, aber jetzt sind wir es halt und wir haben keine Ahnung, was wir tun sollen.", flehte Liam schon beinahe.
„Achso, ihr seid also ganz zufällig in unseren Vorraum gefallen. Wer kennt es nicht, man rollt morgens aus dem Bett und wenn man die Augen auf macht ist man plötzlich in einer anderen Welt in einem fremden Haus, natürlich."
Ich konnte seine Vorwürfe verstehen, ich wäre auch nicht über derartigen Überraschungsbesuch erfreut. „Ja, es stimmt, wir sind mit Absicht durch das Loch im Boden gesprungen, aber wir wussten nicht, was dort unten ist. Wir wollten nicht in... wir wollten nicht hier einbrechen. Und wir konnten uns auch nicht vorstellen, dass hier unten eine andere Welt warten würde. Es tut uns wirklich leid, wir wollten nicht reinplatzen."
Sein Blick wurde nicht milder, doch den Degen ließ er sinken, immer noch neben sich haltend. „Schön. Trotzdem will ich euch nicht hier haben, also verschwindet endlich. Ihr solltet nicht mal hier sein.", das waren seine letzten Worte. Wir ließen es nicht drauf ankommen, es gab schon genug Verletzungen an diesem Tag und durchbohrt zu werden wünschte sich auch keiner von uns Zweien. Wir drehten uns stumm zu der eisernen Leiter und kraxelten die paar Sprossen mühsam hoch. Die eigentlich so schwer aussehende Luke war tatsächlich unglaublich leicht, ich befürchtete eine Sekunde, ich hätte sie beim Öffnen abgerissen. Liam kroch aus dem Ausgang und lag daneben, raffte sich dann auf die Beine um wacklig neben mir zu stehen. Die Sonne blendete uns, weswegen wir unsere Hände schützend vors Gesicht hielten, bis unsere Augen sich an die helle Umgebung gewöhnt hatten.
Der Anblick, der sich uns daraufhin darbot war sagenhaft, wie ich es auf der Erde noch nie gesehen hatte.

Im Auge des Juwels - Verborgene Welt  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt