8. des Sonnennebelbeginns| August, Tropfendorf; Liam
Schlaf ist die beste Medizin, heißt es. Und tatsächlich fühlte ich mich um einiges besser am nächsten Morgen, nach nur elf Stunden Schlaf. Den Regenschauer über Nacht hatte ich nicht mitbekommen, konnte ihn nur an dem modrigen Geruch, der durchs gekippte Fenster hinein waberte, ausmachen. Tropfen kugelten sich an dem Glas und eine angenehme Kühle fröstelte es mir doch ein bisschen.
Benommen schmatzend wälzte ich mich auf der Matratze, Felyx saß hellwach an ihrer Bettkante und musterte mich. „Gehts dir besser?"
„Denke.. Auf jeden Fall kann ich weiter."
„Du willst immer noch so dringend zu Rikse, was?", versuchte meine Schwester ein Raunen zu unterdrücken. „Ja. Aber ich bleib nicht, wenn du mit Traeder mitgehst."
Ihr zum Boden gewandter Blick wurde aufmerksamer, es war nicht zu übersehen, dass sie genau auf sowas hoffte, trotzdem widersprach sie mir: „Nein, Liam du musst nicht mitkommen, wenn du lieber bei Rikse bleibst und Traeder eh nicht ausstehen kannst."
Sie hatte es sich schon so schnell abgewöhnt, "Papa" zu sagen, aber das überging ich einfach, obwohl es mir bei jedem mal auffiel, wenn sie seinen Namen nannte.
„Ja schon, aber Papa hat letzten Endes nicht mehr für mich getan als du und das wird auch nie jemand können. Ich lass dich nicht in einer anderen Welt im Stich."
«Ist ja rührend, hat dir die Übelkeit etwa den Kopf durchgerührt?», schmuggelte sich eine dritte Stimme in unser Gespräch. «Und bevor du abhaust Goldie, weil dir Traeder auf die Nerven geht, denk ja dran, dass es um mehr geht.», sie klang erstaunlich ernst, als hielt sie irgendeine Weisheit für uns bereit, was durch ihre auflachende Stimme zunichte gemacht wurde: «Ich bin schließlich auch noch da!». Ihr Grinsen überraschte eigentlich herzlich wenig. Auch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, „Jepp, ich lass dich auch nicht mit dem Kerl alleine."
«Gut, wenn ihr mir beistehen wollt könnt ihr gerne kommen, wir wollen demnächst aufbrechen und irgendwas ist mit deinem Lieblingsmunterrer los.»
Fragend schauten wir sie an, „Sag mal, wann ist aus der aufklärenden Owl-Trivia eigentlich dieser mysteriöse Buchstabenhaufen geworden?", stellte Felyx von Sarkasmus unterstrichen die Frage, die Owl nur mit einem noch breiteren Grinsen beantwortete: «Kommt halt mit, Traeder ist eh stumm wie selten zuvor. Er wird nicht nerven. Er ist wie so häufig über irgendwas betrübt und will nicht reden. Ihr könnt mir insofern helfen, dass ihr meine Langeweile lindert während unserer Weiterreise. 's geht doch wieder, oder Liam?»
Ein kräftiges Aufnicken stellte die Terra zufrieden und so dackelten wir hinter ihr aus dem Zimmer. Die Luft war nicht besser seit dem gestrigen Tag, es war alles wie verdreht.
Die Verwirrtheit wurde nicht besser dadurch, dass Cruu scheinbar weg war.
„Ääh.. wer..", stammelten wir beide unsicher, als uns im Wohnzimmer ein Mann mit fächrig abstehenden Schuppen begrüßte. Lachsfarben schimmerte er unter der tänzelnden Flamme im Lampenkäfig, seinen grünlichen Augen gleichtuend. „Achja, euch hatte ich es ja noch nicht erzählt.. Ich bin ein sogenannter Gestaltenwechsler. Der Name ist Programm sag ich mal.. Jeden Tag hab ich einen neuen Körper."
Kummer untermalte seine lockere Aussage, „ist das.. arg schlimm für dich?", versuchte ich nachzufragen, schüchtern, aus Angst ich würde einen wunden Punkt treffen. „Eh, also.. es geht. Es.. ist nur anstrengend, wenn.. einen die eigenen Freunde nicht mehr erkennen, wenn man aufsteht. Ist immer der Kracher auf Übernachtungspartys.."
„Aber deine Stimme bleibt dieselbe.", stellte Felyx fest, was mir nicht aufgefallen wäre, „du hast immer noch dieselbe klare Stimme wie gestern. Daran kann man dich doch erkennen."
Cruu schmunzelte, „Wow. Weißt du, jeder Gestaltenwechsler hat ein gleichbleibendes Merkmal, ich hab mal einen getroffen, der hat immer dieselbe Augenfarbe. Bei mir ist es die Stimme, aber...", leicht lachend schüttelte er den Kopf, „das ist bisher noch niemandem aufgefallen."
Ein Zucken von einem Lachen schlich auch auf die Lippen meines Zwillings, „Naja, mir fällt so einiges auf, was anderen entgeht.. Und Tschuldige, ich wollte nicht so direkt sein."
„Neinnein, alles gut.", lächelte der Gestaltenwandler, doch ein grimmiges Gesicht kroch sich in die relativ gute Atmosphäre. „So, ich wär dann soweit. Wollen wir?", fragte Traeder knapp.
„Bleiben wir lange in Ruhenbruch?", quiekte Igelchen auf unser einstimmiges Einverständnis hin. „Ich habs nicht vor."
„Wisst ihr, da ist das Meer direkt nebenan. Man kann von den meisten Nachtkemmern aus manchmal sogar bis zum Korallenhain schauen, morgens glitzert das Wasser dann immer so schön bunt!", wandte sich der Kleine uns zu. Anscheinend hatte er seinen Gefallen an der Stadt gefunden, zu der wir nun aufbrachen.
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Im Auge des Juwels - Verborgene Welt
FantasíaKatzen mit der Statur eines Menschen, Drachen mit Pferdekopf und junge wie vor Alter graue Magier schlendern über den Dorfplatz, den man durch die Fenster erkennt. In einem der Räume des kleinen unterirdischen Hauses hängt eine grüne, weiß bestaubte...