22. des Sonnenhauchs| Juli, Moosebene; Liam
Eine riesige, hellgrüne Fläche. Weiter, als das Auge reichte und dabei erstreckte sie sich gen Süden so viel weiter als gen Osten. Doch in diese Richtung liefen sie. Ein Vogel, oder was auch immer die Lufttiere dieser Welt waren, konnten diese fünf dunklen Punkte sehen, wie sie in den Osten zogen.
Fröhlich doppste der kleine Igel durch das hohe Gras, in welchem er fast verschwand. Der Wind wog die Halme sanft umher, sodass sie unseren Weg zu teilen schienen. Es war schwer, die Umgebung genau zu beschreiben, dadurch dass bei jedem mal, wenn wir um eine der ländlichen Klippen herumgingen, gleich die nächste in unserem Sichtfeld lag. Das war der einzige Zweck, den Traeder hatte. Und anscheinend machte er einen guten Job als Navigator, da wir bisher noch nicht am falschen Ende einer anderen Welt gelandet waren. Ein leises Summen, erweitert zu einem dumpfen Pfeifversuch endete in einem Singsang von verschiedenen Liedchen, die wohl munterrische Kinderlieder waren. Igelchen war bisher der sympathischste in diesem abgedrehten Haushalt. Ein unschuldiges Kleinkind eben, das noch dazu kein Blatt vor den Mund nahm, Traeder gegenüber. Nun gut, Owlgamer tat das bei niemandem.
„Haaha, es ist so toll, endlich mal wieder ein Ausfluuug!", das Gesinge verwandelte sich kurz in einige lang gestreckte Worte, die lauter oder leiser klangen, je nachdem, ob der Kleine gerade sprang oder auf dem Boden aufkam. Das Gras war die paar Meter, die paar Klippen weiter ein ganzes Stück höher, sodass manche Halme meine Hüfte strichen. Manchmal tauchte ein schwarzer Stachelkopf aus dem Hellgrün auf und wieder ab. Dann wieder und wieder. Irgendwann versuchte er dabei noch, über die grasgrünen Spitzen hinweg zu lugen. Das Rascheln unserer Schritte übertönte sämtliche andere Geräusche.
Doch die Stimme meiner Schwester konnte ich gerade noch so ausmachen, allerdings richtete sie sich nicht an mich:
„Sag mal Traeder, sprechen in Munterris eigentlich alle dieselbe Sprache?"
„Ja. Und jetzt lass mich in Ruhe, ich hab doch gesagt ich will nicht reden.", raunzte er nur seine stetig wiederholte Regel zurück. Doch die Faszination von Felyx dämpfte es kein bisschen:
„Wow, das ist echt cool, dann gibt es bestimmt auch viel weniger Kommunikationsprobleme. Ich finde es echt interessant, dass obwohl wir so viele auf der Erde haben, ihr hier dieselbe Sprache sprecht wie wir."
„Ja scheinbar ja nicht, sonst würdest du ja verstehen, was ich die ganze Zeit versuche dir klar zu machen.".
Das erschreckte meinen Zwilling dann doch, zumal der genervte Mann sein Tempo etwas erhöhte um sie zu überholen. Ich holte meine langsamer gewordene Schwester wieder ein und begann gleich sie das zu fragen, was mich so irritierte: „Warum redest du überhaupt mit dem Kerl? Der isses nicht wert."
Sie blieb einen Moment stumm, schaute ihm hinterher ehe sie mir antwortete:
„Ich denke jeder ist es wert beachtet zu werden. Traeder ist kein böser Men- Mann. Ich meine, Igelchen zum Beispiel: Er scheint Traeder echt gern zu haben und er kümmert sich wohl auch gut um den Kleinen."
„Ja, ich finde Traeder auch in einer guten Position um ein Kind zu erziehen, woher auch immer er das geklaut hat. Und falls du die Ironie in meiner Stimme nicht gehört haben solltest: Wir reden immer noch von dem Typ, von dem du diese fette Narbe da hast."
Die Wunde war wieder zugewachsen, wie wir kurz bevor wir aufgebrochen waren gesehen hatten als wir den Verband entfernten. Jedoch war eine dicke und deutlich erkennbare Narbe zu erkennen, eine Schnittstelle, die etwas knubbelig zusammengewachsen war. Laut Owl war das die Nebenwirkung von Opeme, dass immer eine Narbe zurückbleibt.
Trotzdem versuchte sie immer noch ihn zu verteidigen:
„Ich versteh schon was du meinst, aber-", doch ich unterbrach sie:
„Aber? Felyx, der Kerl ist bekloppt und hat ein Aggressionsproblem. Keiner der anderen Munterrer war so menschenfeindlich wie der, ich meine, was haben wir ihm überhaupt getan? Oder Menschen generell?"
Ein Funken glimmte in dem Grün ihrer Augen auf, ein Funken, der nicht für meine Seite aufkam:
„Ich hab mit ihm darüber geredet gehabt als du mit Owl einkaufen warst. Also so gut es ging, aber er hat mir was Kleines von sich erzählt: Er hatte schon mit mehreren Menschen anscheinend zu tun, unter anderem auch eine Frau. Also.. seine Ex-Freundin."
Mein Kopf war leicht auf die Drosselgrube geklappt, die Lippen zu einer stummen Ungläubigkeit geöffnet. „Du willst mir also sagen, dass Traeder so einen Menschenhass hat... wegen einer Ex?"
„Nein, nicht nur, er meinte, die Anderen, die er kannte waren auch nicht... naja keine tollen Gefährten."
«Naja, Marie war auch eher ne Nummer für sich.», platzte Owlgamer dazwischen, die wohl unser ganzes Gespräch belauscht hatte.
„Marie?", fragten wir fast unisono, sodass es wahrscheinlich hörbar für denjenigen war, über den wir redeten. Owlgamer erklärte ganz selbstverständlich in einem klaren Ton weiter:
«Marie. Ihr habt doch grade von Traeders Ex geredet. Ihr Name is Marie Eicher und sie war eine Weile lang mit uns unterwegs, als wir hier in Munterris noch unterwegs waren. Die hatte glaube ich immer was gegen mich, war jedenfalls total eifersüchtig wenn Traeder was mit mir gemacht hat. Igelchen hat sie kaum noch gekannt, sie ist gegangen als er grade mal zwei war.»
„Das ist vier Jahre her..", stellte meine Schwester fest, doch bevor sie weiterreden konnte brach eine mürrische Stimme unser Gespräch ab:
„Vielen Dank für die tolle Trivia Owl, aber Marie kann den Beiden egal sein und das sollte auch für dich gelten.", die Ironie in Traeders Bedankung war nicht zu überhören.
«Immer wieder gerne!», grinste die Ermahnte nur schelmisch, sprach aber nicht weiter über den Menschen.
„Sind wir bald da-aa?", fragte der mittlerweile erschöpft schlendernde Igelchen Traeder am Ärmel zupfend.
„Und wir endlich weg?", nuschelte ich die wohl wichtigere Frage.
Um dem Kind die Anstrengung zu nehmen bückte sich der Mann zu ihm runter und griff ihm unter die Arme, um den kleinen Igeljungen auf die Schultern zu hieven. Dort hielt er sich mit beiden Pfötchen am Kopf des Munterrers fest und schaute neugierig über die für ihn neue Sichtweise der Welt. „Es ist nicht mehr weit, wir sind schon fast in Klifffang.", sagte Traeder ungewöhnlich munter, mit einem ehrlichen Lächeln zu seinem Passagier.
«Ich will meine Trivia mal erweitern: Wir sind eigentlich nicht aufm Weg nach Klifffang, aber weil es sonst zu spät wird und wir nicht nachts durch die Gegend streifen wollen machen wir da nen Zwischenstopp.», erklärte Owl mal wieder plötzlich von der Seite. Gäbe es Wikipedia Pop-ups würden sie wohl so funktionieren.
„Warum redest du eigentlich immer mit uns? Traeder hat doch ganz offensichtlich was dagegen und das nicht nur von sich selbst ausgehend.", wunderte ich mich offen, was nur mit einem gleichgültigen Schulterzucken beantwortet wurde:
«Is mir doch egal. Und Traeder weiß, dass ich nicht auf ihn höre. Vor allem mach ich nicht bei seinem Theater mit, ich meine, ich kannte die Menschen mit denen er abhing auch und trotzdem mach ich nicht so n Geschiss um euch.», es schien fast als hingen ein paar Worte an ihren Lippen, die sie eigentlich noch gerne erwähnt hätte. Ein Zögern, ein Widerspruch mit sich selbst huschte über ihre Augen. «Der kriegt sich aber sicher noch ein.», sagte sie dann einfach.
„Mh, ich wär ihn lieber los." und sofort sprang meine Schwester wieder ein: „Was ist eigentlich los mit dir Liam, es ist seltsam von dir so eine Abneigung zu haben. Du hast doch sonst nie ein Problem mit Anderen?"
„Warum? Weil er uns bei der Ankunft aufspießen wollte, weil er das beim Trainieren gleich nochmal versucht hat, weil er sich benimmt, als wären wir Schwerverbrecher, obwohl er uns neutral kennengelernt hat, weil er uns behandelt wie Abschaum, noch mehr?"
Felyx hob schon zu einem erneuten Gegenargument an, doch wurde vom üblichen Verbrecher unterbrochen, Owlgamer: «Uuuund wir sind- da!»
Vor uns ragte wie all die anderen auch Richtung Westen ein riesiger Felsvorsprung aus der Erde, größer als alle zusammen. Kleine Häuschen waren wie Stacheln auf seinem Rücken verteilt und so manch ein Fenster konnte man in der allmählich anbrechenden Dunkelheit schon leuchten sehen. Wir waren da.
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Im Auge des Juwels - Verborgene Welt
FantasíaKatzen mit der Statur eines Menschen, Drachen mit Pferdekopf und junge wie vor Alter graue Magier schlendern über den Dorfplatz, den man durch die Fenster erkennt. In einem der Räume des kleinen unterirdischen Hauses hängt eine grüne, weiß bestaubte...