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2. des Sonnennebelbeginns| August, Himelis;  Felyx

Obwohl nicht ein Blutgeist weit und breit präsent war, hatte der gestrige Abend die zwei bisher schwersten Kämpfe parat gehabt:
Es war schon schwer genug, Liam überhaupt erst nach Himelis zu bringen, doch als uns gesagt wurde, dass bis auf die Gemeindehalle, nur Geschäfte und Läden auf dem sicheren Untergrund der Bergspitze waren und alle Wohnhäuser, sowie Nachtkemmern auf den Holzgerüsten gebaut waren, da war es aus mit ihm. Schlimmer als ein Kleinkind bockte er rum, dann würde er eben auf der Straße pennen, anstatt in so ein Selbstmordgebilde zu steigen. Doch die Angst brachte ihn nicht nur zu einer Sturheit, sondern auch Unfähigkeit. Wie eine der vielen Steinkanten stand der Junge mit Höhenangst vor den Leitersprossen und konnte, selbst wenn er wollte, keinen Schritt machen. Das ganze Szenario wurde irgendwann von einem ungeduldigen Traeder aufgelöst, der wie wir alle, erst versucht hatte ihm gut zuzureden, aber nach etlichen gescheiterten Versuchen des Mutmachens Liam um Erlaubnis fragte, ob er ihn grade hochtragen durfte. Zutiefst gekränkt willigte mein Zwilling aber doch noch ein, da er mitten in der Nacht genauso erschöpft war wie wir alle und so trug Owlgamer den wieder schlafenden Igelchen auf dem Rücken, ich durfte den gar nicht so schweren Rucksack tragen und Liam klammerte sich mit den Armen, das Gesicht in dem schwarzen Jackett, das Traeder immerzu über seinen weißen Hemden trug, vergraben um den Bauch des mürrischen Mannes. Owlgamer und ich kicherten ein wenig und es war schwer zu sagen, wer von uns beiden lieber eine Kamera zum Aufnehmen gehabt hätte.
Aber ich sprach von zwei Kämpfen, und das ist es. Ich hatte eigentlich vor, nach einer richtig beantworteten Frage ein Stück schlauer zu sein und nicht verwirrter als zuvor, allerdings ist das eine Misere, die sich durch unseren ganzen Aufenthalt in dieser Welt zog. Traeder war eine Mandel, oder war doch Lobou eine Mandel? Owlgamer hatte den neuen Namen in die Runde geworfen, von einem ironischen Lachen untermalt, welches immer leiser werdend abklang, als sie ihren Versprecher bemerkt hatte. Unser Begleiter schaute sie finster an, seine Augen wirkten noch kälter als ich dachte, dass es möglich wäre. Wut war es nicht wirklich, es war Reue, Schuld, immer öfter trug er diesen Ausdruck mit sich, etwas gewaltig falsch gemacht zu haben.
„Ich hätte es ihnen nicht sagen dürfen, gar nichts von alldem.", hatte ich ihn vor sich hermurmeln hören, als er sich bei Owlgamer über sich selbst aufregte.
Wir waren es ihm dankbar, dass er die miesen Geheimnisse unseres Vaters aufgedeckt hatte, auch wenn klar war, dass es mehr als das gab. Der Kopfgeldjäger selbst bereute es offensichtlich, uns die Wahrheit erzählt zu haben und versuchte immer noch, uns von so viel Wissen wie möglich fernzuhalten, weshalb über Rikse kein Wort mehr gesprochen wurde. Und sogleich, nachdem Owlgamer den fremden Namen ausgesprochen hatte, wurde er wieder fallen gelassen, als Traeder sie noch vor unseren, und Igelchens Augen, zur Schnecke machte. «Ich weiß, ich mach doch eh immer alles falsch..», hatte sie dann nur in ihren gefütterten Kragen genuschelt. So schnell war der Tag gelaufen und in einem unangenehmen Schweigen untergegangen.

„Wo ist.. äh.. Traeder?", erkundigte sich mein Bruder am nächsten Morgen bei der kleingewachsenen Terra, die auf einem der Fensterbretter lag und das Gesicht ans Glas gedrückt in den Himmel starrte. Gemerkt, dass sie angesprochen wurde, rollte sie sich zu uns, was dem kleinen Igel ein Glucksen entlockte: „Deine Nase ist so rot wie eine Tomate!", zeigte er aus ihr gequetschtes Gesicht. «Der macht uns den Eintritt zum Ball heut Abend sicher, damit er dich nicht umsonst hier rauftragen musste.», machte sie sich über Liam lustig. „Was, echt? Musste Traeder dich wirklich die Leiter rauftragen?", fragte Igelchen ebenso belustigt. „Jaja, ist ja schon gut, ich hab halt ziemliche Höhenangst, ich gebs ja zu."
«Is nich so, als ob wir es uns sonst nicht hätten denken können.», scherzte sie als weiter, doch Igelchen sah sich wieder in der Rolle, uns aufbauen zu müssen: „Ist doch nicht schlimm, Liam, ich hab zum Beispiel ganz schreckliche Angst vor Feuer. Und Traeder hat auch Angst, und Owl! Owl hat ganz ganz schlimme Angst vor Spieg-"
«Gar keine Angst hab ich, außerdem weißt du doch gar nicht warum überhaupt.», wehrte sich die bloßgestellte Munterrerin. „Also hast du doch Angst.", quiekste der muntere Junge, was nur mit einem Schnauben abgetan wurde. «Aber war ja gar nicht böse gemeint, Angst ist nichts Schlimmes, nur lästig. Manchmal ist sie sogar ganz gut, um nix Dummes zu machen. Also sorry Liam, wenn dus zu persönlich nimmst, ich bin immer so.. frech sagen sie.»
„...schon okay. Ich bin Schlimmeres gewöhnt, meine Klasse hat dann immer angedeutet mich zu schubsen oder mir von der Spitze des Aussichtsturms Beleidigungen zugerufen. Und du... Und Freunde dürfen sich ja auch über einen lustig machen, in gewisser Weise.", lächelte ihr mein Bruder freundlich zu. Ein Grinsen huschte über ihre Lippen, «Okay», strahlte sie, «dann können wir jetzt ja in die Stadt gehen.»

Im Auge des Juwels - Verborgene Welt  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt