2. des Sonnennebelbeginns| August, Himelis Gemeindehalle; Felyx
Der Himmel, der bis in die Stadt hinunterhing, hatte sich in ein waberndes Dunkelblau verwandelt, das die kleinen Sterne als Punktemuster auf seinem Gewand trug und die beiden Monde als edlen Schmuck. Die meisten Häuser waren schon erloschen und nur die Gemeindehalle, die üblicherweise als erstes Teil des dunklen Himmelkleides wurde, leuchtete in gelben Lichtern. Der Umriss einer Gestalt zeichnete sich schwach neben dem Streifen Licht ab, der die Türen am Eingang kennzeichnete. Im Dunst des von dem Gebäude ausgehenden Lichtes konnten wir Traeder dann doch noch erkennen, der, wie Owlgamer es gesagt hatte, nur eine angemessenere Hose und dazu eine dunkelblaue Fliege trug. Das altbekannte Jackett war an zwei Knöpfen geschlossen und ließ das strahlend weiße Hemd durchschauen. Er erwiderte unsere musternden Blicke und ließ seine Augen an unsere Gruppe auf und ab wandern, um sogar ein Kompliment zu äußern: „Ihr habt tatsächlich sogar Geschmack, das Hemd steht dir, Liam. Und die Kombi aus hellem und rotviolett passt zu dir, Felyx.", ein Quieksen mischte sich unter seine Worte, „ja, und du siehst eh immer gut aus, Igelchen.", mit einem Hinhocken beendete er seine Komplimentereihe auch wieder und streichelte dem Kleinen die Wangen.
«Aufauf dann, ich will mich endlich als Pilot aufspielen.», wuselte die aufgeregte Owl, schon auf halbem Weg dabei, die Türen zu öffnen. Und immerhin diese konnten wir mit unserer Ausrede schonmal passieren, ohne größere Schwierigkeiten zu bekommen.
„Gibt es überhaupt irgendwas, womit man hier fliegen kann?", fragte mein Bruder skeptisch nach.
«Natürlich tut es das, sonst kämen wir mit der Pilotenausrede nicht weit.»
„Es handelt sich allerdings nicht um Flugzeuge wie auf der Erde, hier in Munterris haben wir solche Maschinen nicht. Es sind sogenannte "Windschiffe", die, dem Namen entsprechend, Holzschiffe mit drei, vier Segeln und Flügeln sind. Motoren haben sie keine, sie werden durch Magie oder durch bestimmte Kristalle, die eigentlich auch magisch sind.., angetrieben.", erklärte Traeder den Kommentar der Schauspiel-Pilotin, „Und eben diese Kristalle verkauft Hii'rimi.. unter anderem. Hm?", beendete ich, was er sagen wollte, uns aber schon mittags erklärt wurde.
Bis auf ein Nicken zeigte er nicht viel mehr Anerkennung, sondern suchte mit gerecktem Kopf die Menge ab. „Ein ganz bunter Vogel ist Hii'rimi, er ist nämlich ein Katzengemmer, der wie ein Pfau aussieht.", murmelte Igelchen zu sich selbst, während er ebenfalls um sich schaute, ohne mit seinen 68 Zentimetern über irgendjemanden hinwegzusehen.
„Seht ihr ihn hier irgendwo?", warf Traeder uns eine kleine Frage zur Seite hin zu, als weiter nach dem Pfauen-Katzengemmer Ausschau haltend. Doch auch wir konnten keine Spur von dem uns unbekannten Juwelier ausmachen, zwischen all den bunt eingekleideten Munterrern. Trotz der eher kleineren Halle waren erstaunlich viele Wesen da und drängten sich durcheinander. Immer wieder schaute Traeder, der in engen Passagen vorne an unserer Linie lief, ob wir noch alle beisammen waren. „Sollten wir nicht einfach mal nach ihm fragen?", schlug mein Zwilling vor, allerdings drangen seine Worte nicht bis zu der Spitze der Kette vor. Doch war das eh nicht mehr nötig.
„Da!", schrie es quirlig zu uns hinauf, ein Zupfen an unseren Klamotten ließ Liam und mich auf Igelchen schauen. Ich wollte schon in Frage stellen, wie er den Händler hätte finden sollen, als er wegrannte, uns Beide immer noch an den edlen Klamotten zerrend.„Huch.", stieß der Mann einen Aufruf aus, als wir fast in ihn reinstolperten. Er trug einen weiß-goldverzierten Anzug und hielt ein Glas in der rechten.. Hand. Zumindest waren seine Flügel zu Armen geformt. Einige dunkelblau schimmernden Federn schienen die Funktion von Fingern eingenommen zu haben, den kleinen, hellgrauen Schnabel hatte er weiterhin zu einem überrumpelten Schreck verzogen. Es war tatsächlich der Juwelier Hii'rimi, den Igelchen ausgemacht hatte. Nicht wenig verwunderlich, da schließlich auch seine Beine die eines Pfaus waren, weswegen er keine Schuhe trug.
«Igelchen, du hast ihn echt gefunden!», rief Owl, verkniff sich aber weiteres Lob, als sie die aufmerksamen Blicke bemerkte. „Ääh.. ja. Guten Abend, du musst Hii'rimi sein, oder?", begann Traeder höflich die Konversation. Eine leichte Verlegenheit schwang in seiner Stimme mit.
Der Pfau hatte sich wieder von seinem Schock erholt und bestätigte die Frage, den Blick zwischen jedem von uns Fünfen wechselnd: „Ja, der bin ich. Wieso sucht ihr mich?"
„Wir sind eine reisende Geschäftsgruppe, als Begleitung von Owlgamer hier, sie ist die Pilotin von uns Fünf. Das ist Igelchen, und die Zwei hier sind Felyx und Liam. Wir hätten eine wichtige Angelegenheit zu klären und haben es leider sehr eilig, weshalb wir uns auch entschieden haben, dich heute Abend hier aufzusuchen und keinen Termin zu beantragen, entschuldige bitte."
Ich machte mir, sobald er das Wort hatte fallen lassen, sofort Gedanken, was für ein Geschäft wir denn bitte, glaubwürdig, führen könnten. Ich kam zu dem Schluss, dass ich besser hoffte, dass Hii'rimi nicht nachfragte. Was er wirklich nicht tat: „Achso, keine Sorge, ich verstehe schon, den Stress als Händler kenne ich, vor allem wenn es über Himmels Straßen geht. Das ist nicht mein erstes geschäftliches Gespräch heute Abend. Kommt gerade mit, wir sprechen besser in meinem Büro weiter."
Unangenehm von der erzählten Lüge berührt folgten wir ihm ohne ein weiteres Wort zu einer der Seitentüren und über eine weitere Holztür in sein Büro. Ein bescheiden kleiner Raum, dafür reich geschmückt mit allerlei Edelsteinen und Schmuck, die Platz in symmetrischen Glaskästen fanden.
„So, was kann ich für euch tun..", zog er die Frage in die Länge, während er sich auf den roten Stuhl hinter seinem schweren Schreibtisch niederließ.
Beschämt kratzte sich Traeder am Hals, traute es sich nicht, dem Juwelier ins Gesicht zu schauen, als er die Lüge erklärte:
„Nun, vorneweg erstmal.. denke ich, sollten wir die Wahrheit sagen. Owlgamer ist keine Pilotin und wir keine Geschäftsgruppe. Wir fünf sind auf unserem Weg durch Munterris, wir kommen aus Handelskreuz."
Ein neugieriger, aber auch empörter Ausdruck schlich sich auf die Gesichtszüge des Pfaus. Doch bevor er uns rauswerfen oder zur Rede stellen konnte, rechtfertigte Traeder uns schon von selbst:
„Zumindest sind Owlgamer, Igelchen und ich aus Handelskreuz. Und genau deshalb war es uns so wichtig und dringend, mit dir reden zu können, die Zwillinge hier sind nämlich von der Erde, sie sind Menschen und wir versuchen gerade, einen Weg zu finden sie zurück nach Hause zu bringen. Wir waren schon bei Tempelsberg, doch dort kamen wir nicht weiter. Und unsere weitere Reise nach Beche führte uns zu dem Tipp, hier in Himelis unser Glück zu versuchen."
Mitleid zog das Hii'rimis Gesicht nach unten, die Empörung hatte er geschluckt, gegessen.
„Ok... Okay, ich sehe.. Liam und Felyx heißt ihr, gell? Die Portale werden - oder eher wurden - mit bestimmten Juwelen mit Energie versorgt.", setzte der Juwelier an, als hätten wir ihn nie belogen, „aber das ist echt eine verzwickte Lage... die Juwelen gibt es schon seit die Portale geschlossen sind nicht mehr.. wenn ich wüsste, wo diese Juwelen sind, hätte ich sie euch reaktivieren können, aber so.. Ich habe keine Neuen, die werden nur in den Hauptsitzen, also hier bei uns in Katzengemme geschaffen."
Und eine weitere Option löste sich im Nichts auf. Bedrückt war ich nicht, an den Gedanken hier zu bleiben hatte ich mich schon gewöhnt und "Zuhause" vermisste ich sowieso kein Stück weit.
„Gut. Danke. Vielen Dank, dass du uns Hilfe angeboten hättest und Entschuldigung noch einmal wegen der Lüge."
Traeder wirkte ratlos, wollte sich schon umdrehen um außerhalb der Wahrnehmung Hii'rimis seufzen zu können. „Halt, wartet kurz.", hielt uns dieser jedoch beim Gehen auf, war von seinem Schreibtisch aufgesprungen und hatte sich einer der Glasvitrinen zugewandt. „Ich hab etwas für euch. Ich weiß nicht, vielleicht könnt ihr etwas damit anfangen. Ich hab keine Ahnung, was es mit diesen Juwelen auf sich hat, aber sie wurden angeblich in den Tempeln gefunden, vielleicht haben sie was mit den Portalen zu tun."
In seinen Flügelhänden hielt er vier Steine, gut doppelt so groß wie meine Handflächen. Jeder der vier hatte eine unterschiedliche Farbe, allerdings wirkten sie verblasst. Wie ein grauer Nebel, der sich um sie gelegt hatte und ihr Geheimnis verbarg. Dankbar nahm Traeder die Juwelen an sich und stopfte sie in seine Jacketttasche. Außer Liam und mir fand es niemand im Raum merkwürdig, dass die Steine in seine Jackentaschen passten, ohne erkenntliche Platzprobleme zu schaffen. Nicht mal eine Wölbung in dem schwarzen Stoff war zu sehen, als hätte er nichts eingepackt. „Mehr kann ich nicht für euch tun, tut mir leid. Ich wünsche euch noch alles gute auf eurer Weiterreise und viel Erfolg mit eurem Ziel. Wenn ihr wieder einmal nach Himelis kommt, bringt mich ruhig auf den neuesten Stand eures Vorhabens.", sprach der Katzengemmer freundlich zu uns allen, als er noch Owlgamer im Einzelnen ansprach: „Und dir wünsche ich noch viel Erfolg mit deiner Pilotenkarriere."
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Im Auge des Juwels - Verborgene Welt
FantasyKatzen mit der Statur eines Menschen, Drachen mit Pferdekopf und junge wie vor Alter graue Magier schlendern über den Dorfplatz, den man durch die Fenster erkennt. In einem der Räume des kleinen unterirdischen Hauses hängt eine grüne, weiß bestaubte...