{ 25 } wie der Vater... { 25 }

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30. des Sonnenhauchs| Juli, Traeders Haus;  Liam

Es war irgendwie kein schönes Gefühl, als wir gestern von Katha und Aristomeles wieder in Handelskreuz abgesetzt wurden. Ich hätte sie so gerne gebeten, uns bei sich zu behalten und mitzunehmen, doch wir mussten mit Traeder zurück in das kleine Untergrundhaus.
Meine Schwester war schweigsam und wirkte nachdenklich, selbst in ihrem Buch hatte sie gestern Abend nicht gestöbert, nur aus dem Fenster geschaut und nachgedacht.
„Was ist denn los?", fragte ich sie also an diesem Morgen, als wir in Owls Zimmerteil unten einen Platz zum stehen oder vielleicht sogar sitzen suchten.
Sie schüttelte abwehrend den Kopf, ignorierte dann meine Frage komplett und lehnte sich an die Seite der Treppe.
Wir befolgten den Rat des Menschen in Beche und bereiteten uns gerade auf die Reise nach Himelis, was für uns Zwei nicht wirklich viel Arbeit war, da wir eh nicht viel zu packen hatte, wir hatten schließlich nicht mal eine Tasche außer die, die an unserer Kleidung waren.
„Was machst du da, Owl?", fragte meine Schwester ausweichend, wobei die Aktivität der jungen Munterrerin tatsächlich auch meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
«Ich baue an meinen Flügeln. Genauer gesagt Flugapparaten, also keine echten Flügeln, aber mit denen hier will ich irgendwann richtig fliegen können, wie ein Vogel.»
Das von ihr angesprochene Gerät war aus einem Holzgerüst gebaut und mit Leder bespannt, verschiedene Zeichen waren eingeritzt, die wir aber nicht kannten. „Warum? Warum willst du diese Flügel bauen, gibt es hier nichts, womit man über der Erde reisen kann?", vertiefte ich das Gespräch über Owlgamers Bauwerk. «Weil ich fliegen will, aber nicht einfach in einer Maschine sitzend, sondern wie ein Vogel eben. Das war schon immer mein größter Traum, nur hab ich noch nie ein Flügelpaar hinbekommen, das wirklich funktioniert.»
„Hast du darauf geachtet, wie die Flügel aufgebaut sind? Vom Gewicht her, sind sie auch nicht zu schwer ? Und sind sie auch in der richtigen Form? Du kannst ja mal schauen, wie die Flügel von verschiedenen Vögeln geformt sind und die Geeignetste dann übernehmen, im richtigen Verhältnis halt.", versuchte ich ihr auch ohne Kenntnisse über die hiesige Physik zu helfen. Sie betrachtete kurz die ledernen Flügel, rieb sich das Kinn und zählte murmelnd einige Dinge auf, die sie beachtet hatte, wie eben auch das Gewicht und die passende Form, als sie freudig aufschnappte und dann sogar über Worte verständlich machte, was ihr aufgefallen war:
«Danke Liam, dankedankedanke, so eine verdammt einfache Sache, doch sie ist mir einfach immer wieder entgangen, ich bin wirklich mehr das blinde Huhn. Das Verhältnis hat in der Größe nicht ganz gestimmt, es war entweder zu klein oder zu groß!»
Sofort kritzelte sie eine Notiz direkt auf das braune Leder, die zwar römische Buchstaben als Alphabet nutzten, doch genauso kryptisch wie die seltsamen Zeichen wirkten.
Sie schien nun überraschend beruhigt und schaute auf ihr Werk. Die rechteckigen Pupillen verschwammen zwischen den halb zugefallenen Augenlidern und das sonst so stechende Gelb wirkte fahler. «Das dürfte mir unfassbar weiterhelfen.. beim Bau der Flügel... doch ob ich trotzdem jemals fliegen kann..?», nuschelte sie mehr zu sich selbst als zu uns.
Verwirrt wollten wir nachfragen, was sie meinte, doch da richtete sich der Blick, den Felyx und ich gewechselt hatten zu den Stufen, von denen Traeder runterkam.
Ich rollte bei dessen Ankunft mit den Augen und drehte mich ebenso auffällig weg und schlurfte zu dem Türrahmen, der zu unserem Zimmer führte. Die Tür war verschlossen und der Platz davor nicht zugestellt, also nutzte ich die Chance und lehnte mich gegen das grüne Holz, die Arme verschränkte ich vor mir. Um nicht umzufallen hatte ich einen Ellbogen gegen den Rahmen gestemmt und den gehobenen Fuß ebenso an den Türrahmen angesetzt.
Kurz flog Traeders Blick zu mir, doch huschte gleich wieder weg, als er sich seinem Degenhalter in seinem Abschnitt zuwandte.
Seine beste Klinge, Glaive, steckte er vorsichtig in eine passende Schwertscheide, als sollte diese den Degen und nicht andere schützen. An seinem Tischabschnitt richtete er sich ein wenig Arzneimittel zu einem Päckchen und warf es zusammen mit ein paar Essensrationen in den Rucksack, den Owl immer trug. Die Kapazität der olivgrünen Tasche war überragend.
Er hatte seine Degen nach Qualität sortiert und nahm nun den nächstbesten nach Glaive aus der Halterung. Nachdem er ihn ebenfalls in eine dazugehörende Hülle verstaut hatte, warf er ihn meiner Schwester zu, die ihn sogar am Griff auffing. „Ihr habt nicht viel Zeug zum Mitnehmen, also braucht ihr auch keine Tasche oder so. Wenn es absolut notwendig sein sollte, dann kann ich das ein oder andere nehmen, ich trage den Rucksack zwischendurch auch, also denkt nicht, Owl hätte das alleinige Recht darüber zu bestimmen. Medizin habt ihr entweder noch genug oder keine mehr, aber fürs erste habt ihr von uns genug bekommen, Essen hab ich für jeden von euch eine Portion." Immer wieder beim Sprechen lugte er nervös zu mir, sagte aber nichts dazu, doch ließ sich ablenken. Er brach beim Reden kurzzeitig ab und musste eine Sekunde lang überlegen, was er eigentlich sagen wollte.
«Achja, Felyx. Du hast doch dein eines Buch da, ich hab da was für dich vorbereitet.», hakte die Munterrerin ein, immer noch mit leiser Stimme, sodass die Angesprochene es kaum mitbekam. Als Owlgamer eine hölzerne Halterung aus dem Chaos auf ihrem Tisch hervorkramte und ihr überreichte, wurde sie doch aufmerksam. «Mit den Haken da kannst du es ähnlich wie die Degenscheide an deinem Hosenbund festmachen, am besten einfach an den Schlaufen für den Gürtel. Die Holzriemen, die so ein halbes Rechteck bilden sind der Boden und die untere Halterung, da legst du das Buch drauf und der Stoffdeckel ist, tja, zum Abdecken halt. Vorne an dem Deckel sind zwei Häkchen, die kannst du dann mit diesen Laschen am Holz festmachen, damit es nicht rausfällt. Es ist maßgeschustert für dieses Buch, nenn ich es mal.»
Fasziniert von dem Gebilde in ihren Händen konnte mein Zwilling den Blick fast nicht davon lösen und schaute Owl kaum an, als sie sich bedankte und kurz verschwand, um das Buch gleich reisebereit einzupacken. Bis sie wieder zurück war hatte mich Traeder angestarrt, den eigenen Kopf immer wieder wegreißend, als wollte er eigentlich gar nicht. Ich war schon kurz davor, ihn anzuschnauzen, warum er so dumm glotzt, doch er raunzte mich zuerst an, ohne wirklich erkennbar zu machen, ob er sich genervt, nervös oder sogar schlecht fühlte. Aber Felyx und ich, wir konnten unseren Ohren nicht trauen:

Im Auge des Juwels - Verborgene Welt  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt