{ 23 } ein schräger... Mensch? { 23 }

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25. des Sonnenhauchs| Juli, Beche; Felyx

Die Sonne hing schon tief über dem Boden und tränkte das leise plätschernde Wasser des Baches in einem orangen Licht. Lange, bedrohliche Schatten warfen die in Wirklichkeit kleinen, runden Häuschen. Wie Kugeln waren sie an einem freien Ort, wo die Kliffhänge nicht jeden Platz nahmen, gebaut, weiße Fassaden und rötliche Ziegeldächer. Die Nachmittagssonne ließ das ganze Dorf aussehen, wie in Flammen aufgehend, die die Bäche flüssiger Glut nicht löschen konnten. «Und schon sind wir da. Erstaunlich, huh?», hörten wir nach vorne schallend, «Ohne Katha wären wir jetzt noch mitten in der Pampa. Ehrlich gesagt, wie gerne ich die Natur auch hab, das hätte ich nicht gebraucht.»
Owlgamer erfüllte auch nicht wirklich das Bild einer Überlebenskünstlerin, ebenso wenig der kleine Igelchen, der sich an sie gekuschelt hatte. Einer der Träger seiner Latzhose verrutschte die ganze Zeit und er war permanent damit beschäftigt, ihn wieder zurück auf die Schulter des olivgrünen Langarmshirts zu rücken. Das brachte eine stetige Unruhe in das Bild der zwei fast eingeschlafenen Munterrer. Selbst der sonst so wachsame Traeder ließ seinen Blick weit in die Ferne schweifen und starrte die ganze Fahrt über nur hinten hinaus auf die Landschaft, die wir durchquerten. Ihm schien es wirklich zu gefallen, Kutsche zu fahren. Am schönsten wäre es wohl gewesen, auf dem Kutschbock sitzen zu können, von dem aus Katha uns beim Anhalten zu maunzte: „Nun, wir sind angekommen. Aristomeles und ich werden hier bleiben, am 29. des Sonnenhauchs werden wir die Rückreise anbrechen, falls ihr bis dahin euer Ziel hier erreicht habt könnt ihr uns gerne wieder begleiten, in Handelskreuz können wir dann kurzen Halt machen und ihr eure Reise fortsetzen."
Traeder bedankte sich für das Angebot, während er Igelchen und Owlgamer dazu bewegen wollte, aus dem Planwagen herauszuklettern. Wir folgten den Anderen nach draußen, die Hände schützend vor die Stirn gehalten, um nicht geblendet zu werden. Ohne Zeit zu lassen, das idyllische Szenario zu genießen, schleppte Traeder uns hastig weiter, da er noch heute den gesuchten Mann finden wollte, obwohl wir so viel Zeit hatten.
Und so fragten wir uns durchs ganze Dorf, die wenigen Passanten und die Ladenbesitzer, die Wirte und Pensionenbetreiber. Was letzten Endes nicht sehr viele Wesen waren. Doch das brauchte es auch gar nicht, da uns ein kleiner, elfenähnlicher Mann sagte, wo besagter Gottlieb Orgler wohnte und uns zeigte, wohin wir dafür müssten. Der Weg war nicht weit, nur ein paar Minuten bis fast ans andere Ende des Dorfes, wo zwei Bäche aufeinander trafen und zu einem zusammenliefen. Genau so, wie Lucy es uns gesagt hatte. Vor dieser Schnittstelle stand, mit einigen Metern Abstand zur Uferböschung, ein Haus wie die anderen auch, doch mit der Besonderheit, dass es etwas größer war, wie nur wenige es waren.
Höflich klopfte Traeder an der Spitze unserer Gruppe an die ovale Holztür. Ein gelbes Licht, das in den Fenstern leuchtete deutete darauf hin, dass er noch wach sein müsste. Dennoch sorgte ich mich, ob man uns so offen empfangen würde zu dieser Uhrzeit. Tatsächlich öffnete sich die und ein Mann mittleren Alters stand im Rahmen.
„Was wollt ihr? Es ist 17:30 Uhr, was gibt es so spät denn noch?", beschwerte er sich verständlicherweise. Nachdem er Owl einen mahnenden Blick zugeworfen hatte find Traeder an so höflich, aber doch zurückhaltend wie möglich zu erklären, was uns hergebracht hatte.
„Es tut uns leid so spät noch zu stören, aber es geht um eine wirklich dringende Angelegenheit. Wir sind ein wenig verzweifelt bei dieser Sache und ein Mädchen in Klifffang hat uns den Tipp gegeben, hierher zu kommen."
Gottlieb Orgler musterte uns zügig, erkannte wohl keinen Störfaktor in uns und ließ uns skeptisch herein.
Die Wände des Wohnzimmers waren hinter massiven Bücherregalen versteckt, ein Sofa und zwei bequeme Sessel luden zu einer gemütlichen Sitzgelegenheit ein, die wir aber nicht wahrnahmen, wenn ihr Besitzer uns nicht selbst einlud, uns zu setzen. Was er vorerst nicht tat. Also betrachtete ich stehend die Inschriften der vielen Buchrücken, alle fein geputzt und nicht ein Staubpartikelchen auf ihnen. Oder sonst irgendwo. Die meisten von ihnen trugen theologische Titel, behandelten evangelisch-lutherische Ansichten. Nicht meine Art von Lektüre.
Umso genauer ich mich in dem Zimmer umschaute, ohne mich von der Stelle zu bewegen, desto mehr Feinheiten fielen mir auf, wie die munterrische Version eines Plattenspielers, doch bloß Platten mit klassischer Orgelmusik, von denen gerade keine spielte.
Mein Blick fiel zurück auf unseren Gastgeber, der mit dem Rücken an einem der Sessel stand. Auch im Gesamten war er wirklich ein schräger... Mensch?!
Ich konnte nicht sicher sagen, was es war, doch als hätte er es fett schwarz auf die Stirn geschrieben erkannte ich, dass das kein Munterrer war. Ob wir auch so offensichtlich auf Andere wirkten? Jedoch erklärte das die Sache mit dem Nachnamen, was mir erst in diesem Moment der Erleuchtung auffiel.
„Vielen Dank, dass du uns hereingelassen hast.", setzte Traeder an und sofort zeichnete sich eine Genervtheit auf seinem Ausdruck ab, „Wir sind hier, weil wir auf der Suche nach einem Weg zurück auf die Erde sind, für unsere zwei Begleiter hier-" und zeigte in die Richtung meines Bruders und mir, als präsentierte er zwei ungepflegte Köter bei einem Hundewettbewerb. „Die Beiden sind Menschen und nur zufällig hier gelandet und jetzt versuchen wir, sie zurückzubringen. Und wir hatten gehofft, dass du uns helfen kannst und vielleicht was weißt."
Sein Gesichtsausdruck hellte ein wenig auf, als er uns betrachtete, von Munterrern schien er nicht viel zu halten, oder zumindest von Traeder. Und von Owlgamer auch nicht wirklich viel: „Fass bloß nicht das Buch mit deinen dreckigen Händen an!"
Schüchtern trat ich vor, ängstlich, ob ich es nicht nur schlimmer machen könnte, doch ich kratzte den nötigen Mut zusammen: „Entschuldigen Sie sie bitte, Herr Orgler. Ich denke, der alltägliche Umgang mit Anderen ist bei Menschen doch ziemlich unterschiedlich zu Munterrern."
„Ja, das ist wohl so. Und deshalb denke ich, solltet ihr lieber zu Jemand anderem gehen."
Doch wir ließen nicht einfach locker, diesmal war es Liam, der zu ihm sprach: „Bitte Herr Orgler, ich kann verstehen, wenn sie genervt von uns sind, und verzeihen Sie auch bitte unser unhöfliches Reinplatzen, aber wir möchten nur nach ein paar Tipps fragen. Bitte seien Sie so gütig und helfen uns. Bitte seien Sie am Vorbild Jesus barmherzig mit uns, wir wären Ihnen sehr dankbar dafür." und spätestens durch seinen freundlichen, offenen Blick hatte er es geschafft, dass Gottlieb Orgler kurz schnaubte, nachdachte und uns anbot, uns zu setzen. Wir kamen dem Angebot von Tee ebenso entgegen, zu viert auf das Sofa gedrückt und Traeder auf dem anderen Sessel gegenüber von Gottlieb Orgler.
Wir erzählten unsere ganze Geschichte, wie wir in Munterris ankamen und wie unser Weg seitdem verlaufen war, er erzählte nichts davon, wieso er in Munterris war, doch erwähnte nun auch von selbst, dass er ein Mensch wie wir Beide waren. Er kam aus Eisleben in Deutschland, lebte aber seit ein paar Jahren hier, wobei der dauerhafte Aufenthalt nicht geplant war. Mittlerweile war er 51 Jahre alt und verbrachte, wie die Regale vermuten ließen, die meiste Zeit mit lesen. Oder die Bücher abstauben. Liam war als Einziger überrascht davon, dass unser Gegenüber ein Mensch war, unsere drei Begleiter hatten es auch alle bereits erahnt oder gar erkannt. Wir unterhielten uns noch mit dem Mann, diskutierten über Luther und die Reformation, was im Religionsunterricht immer so langweilig war, war in diesem Gespräch um einiges spannender. Zumal sich Traeder auch daran beteiligte und ein deutliches Interesse an der Glaubensrichtung unseres Gastgebers zeigte, den er nachdem er es begriffen hatte, auch siezte. Das Interesse des munterrischen Mannes schien Herrn Orgler zu schmeicheln. Die ganze Zeit über lugte ich immer mal wieder zu dem sonst so von Menschen abgestoßenen Munterrer, doch er zeigte Gottlieb Orgler gegenüber keinerlei Abneigung, er schien auch wirklich kein Problem mit diesem Mensch zu haben.
Doch auch diese Unterhaltung fand ein Ende und erst kurz vor der Tür nach draußen sprach Gottlieb Orgler von sich aus unseren eigentlichen Grund für den Besuch an:
„Es war wirklich ein nettes Gespräch, ich hoffe, ich habe euch nicht zu sehr aufgehalten oder euch die Zeit geraubt. Leider kann ich euch nicht viel helfen, schließlich komme ich auch nicht von hier weg. Wenn es wenigstens eine Kirche hier in Munterris gäbe... Allerdings fällt mir gerade ein, ihr könntet euer Glück mal in Himelis versuchen. In der Stadt wurden schon öfter Drachen angetroffen, vielleicht schafft ihr es mit einem der Juweldrachen zu reden und sonst ist die Stadt bekannt für ihre Juwelgeschäfte, dort weiß man bestimmt über die Juwele der Portale und Tempel Bescheid."
„Vielen Dank, das ist schonmal eine sehr hilfreiche Information. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Abend, auf Wiedersehen.", beendete Traeder freundlich den Besuch und wir ließen die Tür hinter uns wieder zuziehen. Traeder verfiel wieder in sein mürrisches Muster und wandte uns Zweien den Rücken zu, an den sich Igelchen verschlafen klammerte.
Owl, die die ganze Zeit still gewesen war, da sie sowieso kein Wort verstanden hatte, gab jetzt das erste mal seit längerer Zeit wieder ihren Senf dazu:
«Eyyy, und noch weiter rumgeschickt, und noch weiter weg. Das sieht nach einer langen Reise aus.»



[ Also gut, ich wollte den Tag jetzt nicht kapitellos lassen, aber da ich zu dieser Figur noch ein paar mögliche Änderungen erwarte, könnte es sein, dass das Kapitel in der nächsten Woche nochmal überarbeitet wird. Falls dem so ist, schreibe ich es unter das nächste Kapitel nach der Verbesserung dieses hier, also sorry, aber bitte jetzt keinen Degen auf mich richten, danke.
~ 15.03. Traeder { und ja, ich hab meinen Künstlernamen von der Figur hier geklaut} ]

Im Auge des Juwels - Verborgene Welt  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt