{ 7 } neue Gesichter { 7 }

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4. Juni, Handelskreuz; Liam

Ein kleiner grauer Kater mit Zylinder und Smoking saß in seinem Wagen und schaute uns aus seinen gelbgrünen Augen an. Die Plane war an der Vorderseite hochgewickelt bis zum oberen Balken, der dadurch sichtbar wurde. Einige Bretter hingen als Auslage an der Hinterseite. Der Kater direkt davor. Wie auch alle anderen hatte er eine menschliche Statur, war jedoch in etwa halb so groß wie ich mit meinen 1,72 Meter. Ich war genauso perplex wie meine Schwester, wobei es eigentlich klar war, dass wir ihn verstehen konnten. Konnten die Anderen bisher ja auch. „Äh.. Entschuldigung, ich.. wir äh, also.. wir haben grob gesagt keine Ahnung."
Er legte den Kopf ein bisschen schief. „Wovon denn?", seine Stimme klang tatsächlich wie ein Maunzen. Bevor sie antwortete, wechselte Felyx noch einen Blick mit mir, um sicherzugehen, ob sie es riskieren soll, unsere Identität preiszugeben. „Von Munterris. Beziehungsweise von dem, was wir jetzt tun sollen."
„Wie kommt es, dass ihr Beiden nichts über unsere Welt wisst? Seid ihr von weiter her?"
Wir nickten, „Um genau zu sein... sind wir nicht mal von Munterris. Wir zwei sind Menschen von der Erde und nur zufällig über ein... Portal in unserem Wald in das Haus da hinten in der Klippe gefallen. Allerdings wurden wir dort sofort rausgeschmissen, was wir ja auch verstehen können!", ich hätte die unsanfte Art noch erwähnt, die ich wiederum nicht verstanden hatte, „Aber es ist halt so, dass wir jetzt nicht wissen, was wir am besten tun können. Wir haben schon gehört, dass wir nicht so einfach zurück auf die Erde kommen, aber das müssen wir auch gar nicht, wir wissen aber einfach nichts von diesem Ort hier und können so nicht hier leben bleiben.". Sie zog die ganzen Informationen ziemlich in die Länge, überlegte hin und wieder, ob sie das so sagen konnte, bis sie schließlich zu Ende kam. Auch der Kater kommentierte ihre Erzählung: „Nun.. das war ein ordentlicher Schwall an Informationen. Wie heißt ihr denn überhaupt?"
Die Info hatten wir natürlich nicht erwähnt. „Ich heiße Liam.. und ähm."
„Ich bin seine Schwester, Felyx.". Der Kater nickte, „Ich werde Katha genannt.", er lächelte. Irgendwie hätte ich ihn gerne gestreichelt, seine geschwollene Art zu reden war niedlich. „Und ja, ich erkenne eure verzwickte Lage. Jedoch kann ich euch auch nicht helfen, heimzukommen."
„Hast du ihnen denn nicht richtig zugehört, du oller Kater.", wand sich eine tiefe Stimme an Katha. Es war das Wesen, das vor den Planwagen gespannt war. Eine Art Zentaur. Der Körper entsprach dem eines braunen Pferdes, doch wo normalerweise der Hals beginnt, saß der Oberkörper eines Mannes. Auffällig waren vor allem die Arme, die wieder aussahen, wie ein drittes Paar Pferdebeine und deshalb nicht als Hände nutzbar sein konnten. Er schaute jetzt direkt zu uns, als er weitersprach: „Die Beiden wissen schon, dass sie nicht heim kommen. Aber sie wissen nicht, was sie hier tun können. Aber Traeder hat sie rausgeworfen.". Es war unheimlich, dass er uns so offensichtlich anschaute, auch noch in die Augen, dabei waren seine einfach nur weiß. Keine Iris und keine Pupille war in ihnen. Er wirkte generell so kahl. Haare hatte er auf dem Kopf auch Keine, stattdessen trug er ein Horn mitten auf der Stirn. Was allerdings sympathischer an ihm war, war dass er freundlich lächelte, fast schon mitleidig. „Hm, Traeder und Menschen.", erwiderte der Kater nur emotionslos, „Wisst ihr denn, was ihr hier tun möchtet?", fragte er nach.
„Öhm... nein, nicht wirklich..", gab Felyx kleinlaut zu. Der pferdeartige Begleiter hatte aber schon selbst eine Idee: „Es klang ganz so, als hättet ihr kein Dach über dem Kopf. Ich nehme an, das werdet ihr brauchen. Und Menschen müssen sich wahrscheinlich auch von was ernähren, oder?"
„Äh, ja..", stammelte ich, mir fiel aber nicht viel mehr zu sagen ein. Die Beiden Wesen wechselten einen kurzen Blick, dann sprach Katha die stumme Vereinbarung der Beiden aus: „Wenn ihr möchtet könnt ihr uns Beide begleiten. Ihr müsst aber auch mit dem Laden helfen!". Wir waren ein wenig stutzig, wir waren komplett neue Gesichter für die Zwei und schon boten sie uns an, sie zu begleiten. „Was sonst? Was müssen wir sonst tun? Wir haben nämlich kein Geld."
Der Kater schüttelte den Kopf, ich musste mir ein Aw verkneifen, als seine Schnurrhaare zuckten. „Nein, ihr sollt einfach tun, was ich euch sage. Ihr sollt uns mit unserem reisenden Laden aushelfen, das deckt alle Kosten. Allerdings werde ich das Geld für mich behalten."
Es war immerhin schonmal gut zu wissen, dass es überhaupt Geld in dieser Welt gab. Felyx und ich wechselten einen kurzen Blick, drehten uns dann etwas seitlich zu den Händlern und berieten uns leise: „Also wenn du mich fragst Liam, ist das etwas zu skurril. Und ich meine nicht deren Aussehen, sondern das plötzliche Angebot."
„Was haben wir denn sonst für eine Chance? Wir wissen grade mal, wie dieser Ort hier heißt, das wars."
„Ja, aber deshalb sollten wir nicht jedem blind über den Weg trauen."
„Müssen wir ja nicht, aber wenigstens den Zweien. Sie wirken auch nicht böse auf mich. Noch dazu sind wir allein schon doppelt so groß wie Katha, also was soll er tun?"
„Naja, ich weiß nicht.."
„Komm schon Lavendelchen, ich hab dir vertraut, als wir vom Balkon gesprungen sind, also vertrau hier zumindest mir, wenn ich dir sage, dass wir uns nicht vor den Beiden fürchten müssen. Ich hab es im Gespür, glaub mir."
Sie zögerte, kaute einige Wörter, spuckte aber nur eines aus. „Okay.".
Wir drehten uns wieder zu dem Wagen um, von wo aus wir erwartend angeschaut wurden.
„Wir werden unser Bestes geben, euch bei dem Laden zu helfen. Also ja, wir würden gerne mitkommen."

Im Auge des Juwels - Verborgene Welt  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt