23. des Sonnenhauchs| Juli, Klifffang; Liam
Ohne weiter zu zögern eilte ich, meine weichen Knie vergessend, auf sie zu, meine Schwester dicht bei mir. Ein Stückchen neben der Verwundeten fielen wir auf die Knie, ich kramte in meiner Hosentasche und ein Säckchen mit etwas Verarztung hervor. Felyx drehte das Mädchen behutsam in eine stabilere Lage, sodass sie nicht mehr auf dem aufgerissenen Arm lag.
Vorsichtig tupfte sie mit einem mit Wasser befeuchteten Tuch die offenen Wunden sauber, während ich die Portionen der Medizin bereitete. „Gebrochen hat sie sich anscheinend nichts, Wunden hat sie die eine da am Arm und die Platzwunde.", berichtete mir mein Zwilling und fuhr dann an das Mädchen gewandt fort: „Hallo, kannst du mich hören? Kannst du was sagen?" und wollte damit wohl testen, ob sie bei Bewusstsein war, was sich durch ihre Antwort bestätigte: „Ja.. ich.. heiße Lucy..", ihr fiel es schwer zu reden und ihre Stimme klang flüsternd und gebrochen.
„Okay gut Lucy, versuch ruhig zu bleiben und regelmäßig zu atmen, wir versuchen dir zu helfen."
Die zu Versorgende nickte schwächlich und versuchte ihren flatternden Atem zu regulieren.
«Was ein gutes Menschenherz in den Zweien steckt.», kommentierte Owlgamer ohne etwas zu unternehmen, sie überließ das Helfen uns.
„Felyx, ich glaube meine Opeme reicht nicht und sie bräuchte glaube ich noch etwas Anti-Schmee.". Felyx nickte und holte ihre Portion, die grade so in die Hosentaschen passte, auch noch raus.
„Das ist eure einzige Portion, das ist euch schon klar?", murrte Traeder ohne auf die Verwundete zu achten. Ich war zu beschäftigt damit die Medizin einzuteilen um ihn anzumotzen, wie gefühllos man sein könnte, doch das übernahm meine Schwester. Spottend warf sie das Beutelchen mit Geld, das wir von Igor hatten zu dem Kopfgeldjäger und traf ihn mitten auf der Brust. Er fing das Geld auf und blickte nach kurzer Verwunderung zu der vorherigen Besitzerin. „Wenn du deiner Medizin so hinterherheulst, dann hol dir halt Neue davon!", spuckte sie ihm die Wörter entgegen. Es war uns wichtiger, die Opeme und Anti-Schmee, die er uns überlassen hatte für Jemanden in richtiger Not zu nutzen. Da wir nun genug für die benötigte Portion zusammenhatten begann ich, den Anti-Schmee auf der Wunde an ihrem Arm aufzutragen, meine Schwester tat dasselbe mit dem Anti-Schmerzmittel aus magischem Schnee an ihrer Platzwunde. Danach versorgten wir sie mit Opeme, nach kurzer Nachfrage, ob sie einverstanden wäre, da Opeme immer Narbenbildung zur Folge hatte. Sie hauchte nur eine Zustimmung und wir begannen wie zuvor auch mit der Opeme. Nach wenigen Sekunden zogen sich die Wunden zusammen, das Blutfließen wurde zu einem tröpfelnden Rinnsal und versiegte letzten Endes ganz. Wie vorhergesagt blieben bis auf zwei Narben nichts zurück, was auf eine schwere Verletzung hinwies. Ihre Brust hob und senkte sich wieder gleichmäßiger, nachdem sie einen großen Atemzug nahm.
Es dauerte kaum eine Minute, da setzte sie sich auf und wir machten ihr Platz. Ihre Bewegung war noch immer etwas wacklig. Hinter uns hörten wir Owlgamer und Traeder, wie sie sich unterhielten, allerdings legten wir unseren Fokus nicht darauf, ihnen zuzuhören, als Lucy sich mit einer wieder kräftigeren Stimme bedankte: „Danke.. eh.", doch klang sie immer noch schüchtern.
Sie schaute uns aus blaugrünen Augen an, die trotz der gerade erst gebesserten Schwäche wach strahlten. Als versuchte sie, uns zu analysieren, als wollte sie mehr über uns wissen, aber nicht fragen wollen. Und so entstand eine etwas unangenehme Stille, der sie mit einem Blick zur Seite auswich, bis der Rest unserer Gruppe dazutrat und nur wenige Schritte hinter uns Beiden standen. Sie wechselte einen Blick zwischen unseren zwei Lagern und erkannte etwas, das wir nicht gesehen hätten. Etwas, das ihre Neugier angestachelt zu haben, da sie trotz der zurückhaltenden Art nachfragte: „Das ist nicht eure Stadt, oder?"
Wir glucksten etwas ertappt und versteckten unsere Herkunft erst schüchtern hinter einem peinlich berührten Lächeln. Traeder hatte uns anscheinend schon eingeredet, dass Menschen das pure Böse sind, aber im Gedanken an andere Munterrer rückte ich doch mit der Sprache raus: „Ehrlich gesagt ist das nichtmal unsere Welt."
Daraufhin flackerte eine Aufmerksamkeit in ihrem Blick auf. „Uuund... was macht ihr hier?"
„Naja, eigentlich sind wir aus Versehen in Munterris gelandet. Und jetzt versuchen wir, wieder zurück zu kommen, aber dafür braucht es irgendwas mit den Tempeln und der in Tempelsberg.. naja."
Lucy schaute ein bisschen mitfühlend, wusste offensichtlich nich sicher, was sie sagen sollte und versuchte es so mit einer weiteren Frage: „Also was macht ihr dann jetzt?"
Felyx und ich wechselten einen unsicheren Blick, anscheinend dachten wir gerade Beide an die Uneinigkeit Traeders bevor dieser Drache aufgetaucht war.
„Wir haben keine Ahnung... Wir wissen nicht wirklich, was wir tun könnten oder am besten tun sollten.", erklärte ihr mein Zwilling also.
Die Teenagerin vor uns überlegte kurz, sie schaute hohl an uns vorbei und schien geistig ganz wo anders zu sein. Es war wieder eine etwas merkwürdige Stille, bis sie sich ein paar Haare des leicht gewellten Bobs aus dem Gesicht schob und einen Vorschlag äußerte: „Ähm.. ich kenne Jemanden, also, naja nicht wirklich kenne, aber es gibt in Beche Jemanden, der euch vielleicht helfen kann. Er weiß einiges über Menschen." Unschlüssig, ob wir uns freuen oder ärgern sollten schauten wir zu Traeder hinter uns hoch und fragten ohne Worte, sondern bloß mit gehobenen Augenbrauen, ob er einverstanden war und es für eine brauchbare Idee hielt, sich an diese Person zu wenden. Er nickte Lucy nur zu, woraufhin sie etwas genauer erklärte, von wem sie sprach: „Sein Name ist Gottlieb Orgler. Er wohnt in Beche, eines der Häuser an der Bachkreuzung. Ziemlich genau da, wo der südliche Bach auf den westlichen trifft."
Mit einem freundlichen Blinzeln bedankten wir uns, „Auf Wiedersehen!", riefen wir ihr noch zu, als wir weitergingen und auch sie weiterzog.
«Also, zurück nach Hause und dann nach Beche?», fragte Owlgamer, mit einem kurzen Anhang in unsere Richtung: «Beche liegt im Westen der Moosebene. Seinen Namen hat es, weil es direkt da liegt, wo sich zwei Bäche treffen. Das Wasser von dort ist für seine Frische berühmt.»
Wir sagten nichts, sondern verstanden nur. Ein Glas Wasser könnte ich jetzt auch gebrauchen, doch wir haben unser mitgenommenes Wasser für die Reinigung Lucys Wunden genommen. Traeder ging vorraus und bewegte sich in Richtung der Pension, die noch unbeschädigt am Rand des Platzes stand. „Ja, wir können morgen den Weg antreten mit nem Zwischenstopp daheim, aber jetzt ruhen wir uns erstmal aus.", er warf einen kurzen Blick auf Igelchen, den er auf dem Arm trug, den Kopf zur Seite geneigt um sich nicht an den Stacheln des Kleinen zu stechen, dessen Kopf auf der Schulter des Mannes ruhte. „Igelchen ist extrem müde, er schläft schon halber. Lasst uns morgen weitergehen.", beruhigend streichelte er den Rücken des Kindes, den Blick nicht von ihm lassend.
„Es ist echt erstaunlich, Igelchen betreffend ist Traeder echt fürsorglich.", bemerkte Felyx, doch ich sagte nichts dazu. Meine Augen wanderten über den Platz, auf dem nun keine verletzten mehr lagen. Alle wurden sie versorgt und wie auch Lucy waren viele schon wieder weitergegangen. Bis auf die Trümmer schien es so, als hätte es kaum Folgen gegeben. „Ja.. Traeder und fürsorglich..", murmelte ich nur, ohne zu wissen, was ich hätte sagen sollen. Im Gegensatz zu Traederr, der wohl nur für Igelchen Fürsorge übrig hatte, würde ich ihnen allen helfen, wenn sie Probleme haben, jedem Munterrer oder Mensch. Nur dem Kerl nicht.
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Im Auge des Juwels - Verborgene Welt
FantasyKatzen mit der Statur eines Menschen, Drachen mit Pferdekopf und junge wie vor Alter graue Magier schlendern über den Dorfplatz, den man durch die Fenster erkennt. In einem der Räume des kleinen unterirdischen Hauses hängt eine grüne, weiß bestaubte...