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Es war ein warmer Herbsttag, als ich das erste mal die Saint betrat. Es gab keinen Weg vorbei an dieser sagenumwobenen Privatschule, alle wichtigen Persönlichkeiten, egal ob Senator, Hollywoodsternchen oder wichtiger CEO einer Firma, JEDER der etwas erreichen wollt kam hierher.
Sofern er sich das leisten konnte.

Auch für meinen Vater war von Anfang an klar dass ich diese High School besuchen würde, schließlich war der Direktor ein guter Freund und die Schule war eine der besten in ganz Amerika.
Und so kam es dass ich nach einem erneuten Umzug, mitten im Schuljahr und ganz ohne Vorwarnung in das Haifischbecken, aka die Saint Privatschule geschmissen wurde.

Ich schnürte mir noch einmal fest meine Schuhe, richtete meinen Rock und atmete tief durch. Diese verdammte Uniform!
Das riesige Gebäude, vollkommen makellos, scheinbar nur aus Glas bestehend, zusammen mit dem auf den Millimeter gleichgeschnittenen Rasen verunsicherten mich nur noch mehr.
Mom hatte immer darauf geachtet dass ich einigermaßen normal aufwuchs, also ging ich bis letztes Jahr auf eine normale, staatliche High- School, immer noch eine der besten High Schools, trotzdem eine staatliche.
Jetzt, ein Jahr nach ihrem Tod, hatte mein Dad scheinbar alles vergessen was zählte, denn ich stand hier und blickte mit großen Augen diese Schule für Reiche und Schöne an.

Wenigstens musste ich keine Angst haben Freunde zu finden, einige der reichen kids kannte ich schon von Bällen und Galas, schließlich waren viele Kinder von den Geschäftspartnern meines Dads in meinem Alter.
Ich mochte nur wenige von ihnen, aber Tracy Denary war auch auf der Saint und schon seit meiner Kindheit eine gute Freundin von mir.
Sie wusste schon dass ich hierher wechselte und wir hatten uns für den Lunch verabredet, falls wir keinen Kurs zusammenhaben würden.

Smithers ließ mich vor den Toren der Saint heraus, öffnete mir die Tür und sagte: ,,Viel Spaß, Miss Thompson."
Unser Butler, den ich schon seit meiner Kindheit kannte, hob seine Mütze und sah mich auffordernd an.

,,Danke", sagte ich und wollte möglichst stark wirken.

Ich würde das schon irgendwie schaffen.
Diesen Satz wiederholte ich an die hundertmal, solange bis ich im Sekreteriat ankam und Direktor McCoy, oder wie ich ihn besser kannte, Phil, meine Gedanken unterbrach.
,,Victoria, ich freue mich sehr dich hier zu sehen", versichterte er mir, strich sich durch seine grauen Haare und lächelte breit.
Ich erwiderte sein Lächeln, auch wenn mir gar nicht danach war. Aber so hatte mein Dad es mir beigebracht. Sei hübsch, lächle und verhalte dich kommunikativ.

Ich sah Mister McCoy an und wartete.
,,Bereit für deine erste Stunde? Deinen Stundenplan hatte ich deinem Vater ja bereits gemailt." Er verlor sein Lächeln nicht.
,,Ja, Mathe." Ich nickte.
,,Auf gehts", sagte er. Er klang motiviert und ich hätte kotzen können.

Staunend blickte ich mich um, versuchte dies jedoch nicht zu auffällig. Was zum Teufel?
Warum glänzte dieser Boden so?
Ich meine, ich war Protz von Zuhause und meinem Umfeld garantiert, aber sicher nicht von einer High School.

,,Ich freue mich sehr hier zu sein", warf ich ein, als es kurz leise war. Das war gelogen, aber ich wollte freundlich sein.
Direktor McCoy schmunzelte.
,,Ich weiß dass du lieber auf deiner alten High School geblieben wärst, du ähnelst Maria viel zu sehr."

Kurz fuhr Schmerz durch meine Brust, am liebsten wäre ich stehen geblieben und hätte kurz durchgeatmet. Der Tod von Mom ging mir immer noch nah. Zu nah. Es tat zu weh, zumindest dafür dass es schon über ein Jahr her war.
Ich ähnelte meiner Mom, mehr als ich meinem Dad ähnelte.
Ich nickte nur. ,,Ich bin nicht ganz freiwillig hier, das stimmt schon. Aber die Schule ist wirklich schön."  Wenigstens nur halb gelogen.

,,Direkt hier rechts ist dein Mathe Kurs. Du bist sehr begabt in Naturwissenschaften, dann müsste Mathe eine deiner Stärken sein?"
Er lächelte.

Ich lachte, aus Freundlichkeit und Reflex. ,,Nimmt man an, ist aber nicht so. Mathe ist nicht mein Ding."
Mein Herz klopfte laut, als Direktor McCoy seine Hand zum Klopfen anhob und kurz darauf eintrat.

Es war die erste Stunde an einem Mittwoch Morgen, mitten im Schuljahr und ich kreuzte hier auf. Ich war gefundenes Fressen.

Die junge Lehrerin lächelte mir entgegen, schob ihre große Brille zurecht und kam auf Direktor McCoy und mich zu.
,,Wie versprochen unsere neue Schülerin", sagte Direktor McCoy.

Miss Harkley lächelte noch breiter.
Wow, sie wirkte wirklich nett.
Noch standen wir vor der Tür, aber sobald sich Drektor McCoy verabschiedet hatte bat mich Miss Harkley in den Kursraum.
Ich wollte hier echt nicht sein.
20 Augenpaare richteten sich auf mich, brannten sich in meine Haut und verurteilten mich.

Ich hatte das böse Gefühl dass sie mich schon alle aus den Nachrichten kannten. Als vor einem Jahr ein Mitglied der berühmten Familie Thompson an einer Überdosis gestorben war. Meine Mom.

,,Das ist Victoria Thompson, sie hat kurzfristig auf unsere High School gewechselt. Seid nett zu ihr."
Miss Harkley lächelte weiterhin.
,,Such dir am besten einen der hinteren Plätze aus. Die Jungs werden sowie so nicht mehr aufkreuzen."
Miss Harkley wandte sich ab und setzte sich hin, während ich langsam und ohne jemandem direkt in die Augen zu sehen zu meinem Platz ging.
Los geht's.

the great VictoriaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt