Mein Herz trommelte wild in meiner Brust. Warum sah Mara mich so merkwürdig an? »Hey Ella«, meinte sie und ihre Stimme klang unglaublich sanft. Sofort hatte ich das dringende Bedürfnis, sie fest in meine Arme zu schließen und sie nie wieder loszulassen. »Hi«, presste ich hervor und schnallte mich an. Langsam fuhr sie an. Wo fuhren wir hin? Ich wollte sie fragen, traute mich aber nicht. Ich bekam kein Wort heraus. Diese Ungewissheit schnürte mir die Luft zum Atmen ab. Auch sie sagte nichts. Beim Fahren trommelte sie gedankenverloren auf dem Lenkrad umher. Ich konnte nicht anders, ich musste sie betrachten. Ihr ernstes Gesicht, ihre Gesichtszüge, ihre Lippen. Wie oft hatte ich in ihr Gesicht geschaut? Wie oft hatte ich davon geträumt? Oft. Das war sicher.
Sie räusperte sich. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Noch immer blickte ich sie an. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Sie sah verletzlich aus in diesem Moment und das Gefühl, sie in die Arme zu schließen, verstärkte sich nur noch mehr. »Vielleicht ist es besser, wenn du da vorn anhältst«, sagte ich leise und zeigte auf eine freie Parklücke. »Da können wir dann in Ruhe sprechen. In Ordnung?« Eine Vollbremsung hatte mir gereicht. Die brauchte ich kein zweites Mal. Mara nickte und lenkte das Auto in die Lücke. Sie brauchte zwei Versuche, um gerade zu stehen, obwohl die Lücke groß genug für einen Panzer war. Als sie den Motor ausschaltete, zitterte sie. Vorsichtig griff ich nach ihrer Hand und redete einfach darauf los: »Ich weiß nicht, wie das Gespräch hier enden wird. Aber ich will, dass du weißt, dass du mir sehr viel bedeutest. Das war schon immer so. Ich werde deine Entscheidung akzeptieren, so lange du sie dir gut überlegt hast. Wenn du möchtest, dass ich bleibe, dann bleibe ich. Wenn du mich nicht mehr sehen willst, dann fahre ich zurück nach Berlin.«
Sie riss die Augen auf, man spürte die Spannung zwischen uns. Diese Nervosität auf beiden Seiten. Es war kaum auszuhalten. Noch immer hielt ich ihre Hand fest und sie machte keine Anstalten, sich aus meinem leichten Griff zu befreien. Dann sprach sie endlich: »Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht.« Ihre Stimme war leise. Fast flehend. »Was weißt du nicht?«, hakte ich nach und sie antwortete: »Was ich machen soll.« Sie ließ meine Hand los und ich ahnte, dass sie es sich nicht leicht machte. Dass vielleicht gleich alles vorbei war, wonach ich mich so sehr sehnte. Dass meine Hoffnung umsonst gewesen war. Auch ich zog meine Hand zurück und musste die Tränen unterdrücken. Ich wollte nicht schwach wirken. Nicht jetzt. Später im Bett konnte ich sie laufen lassen.
»Ich verstehe nicht, was du mit mir machst, Ella«, gab sie zu und ich sah auf. Unsere Blicke trafen sich und durchzogen meinen gesamten Körper. In ihrem Blick lag Wärme, aber auch eine große Portion Unsicherheit. »Du machst mich verrückt. Ich muss den ganzen Tag an dich denken. Ich bekomme dich nicht aus meinem Kopf. Es ist egal, was ich mache. Immer wieder habe ich dein Gesicht vor Augen und ich fühle mich so schlecht deshalb. Schon damals war das so. Dann bist du gegangen und ich habe mich abgelenkt. Und nun bist du wieder hier und stellst meine Welt auf den Kopf.« Schon damals? Wie meinte sie das? »Damals?«, wollte ich wissen und runzelte die Stirn. Sie seufzte und massierte sich mit den Fingern die Schläfe. Sie sah müde aus. Ihre Haare waren etwas zerzaust.
»Ich fand dich in der Schulzeit schon toll.« Hatte ich gerade richtig gehört? Mir klappte die Kinnlade hinunter und ich sah sie erstaunt an. »Nun gucke mich doch nicht so an. Du warst meine Schülerin, du warst tabu für mich. Es fiel mir so schwer, wenn wir uns nicht sehen konnten. Ich war vor dem Unterricht immer so aufgeregt, wenn ich wusste, dass du in der Klasse sitzt.« Ihre Ehrlichkeit haute mich um. In all der Zeit, in der ich weinend im Bett lag, empfand sie auch etwas für mich? Dachte vielleicht an mich? »Warum hast du denn nichts gesagt, als ich den Abschluss in der Tasche hatte?« Prompt antwortete sie: »Ich wusste nicht, dass du auf Frauen stehst und hätte nicht gedacht, dass du etwas für deine Lehrerin empfinden könntest. Ich wollte mich nicht blamieren. Aber es ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht an dich gedacht habe.« Es entstand eine kurze Pause, dann sagte sie: »Du kannst dir nicht vorstellen, wie oft ich deinen Account bei Facebook angeklickt habe. Aber es gab keine neuen Meldungen, weil wir keine Freunde waren. Ich war so oft davor, dir eine Anfrage zu schicken, aber habe mich nicht getraut.« Irgendwie stimmten ihre Worte mich traurig. Ich hätte mir den ganzen Liebeskummer ersparen können. Wir hätten glücklich miteinander sein können.
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Remember me || gxg
Storie d'amoreAls Ella ihren Eltern ihre Freundin Emilia vorstellen möchte, ist ihre Welt noch völlig in Ordnung. Doch kaum ist sie zurück in der Heimatstadt, holen sie die Erinnerungen an ihre erste große Liebe wieder ein. Über drei Jahre lang hatte sie diesen O...