Wieder zogen die Felder und Bahnhöfe an mir vorbei. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wir nun so schnell wieder auf dem Weg nach Berlin waren. Ich ließ mich von meinen Gedanken treiben. Stand Mara überhaupt auf Frauen? Vielleicht war das auch gar nicht der Fall und ich interpretierte alles falsch? Aber nein, sie wollte mich küssen. Das stand fest. Vielleicht wollte sie es einfach mal austesten, wie es mit einer Frau war und ich hatte ihr zuvor die Tage offenbart, dass ich auf Frauen stand. Vielleicht hatte es sie gereizt und ich war einfach nur das Mittel zum Zweck. Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Ich wusste es nicht und würde es auch nie erfahren. Es war wohl auch besser so. Ich musste damit endgültig abschließen. Alles ergab keinen Sinn und ich wollte mich nicht weiter damit beschäftigen. Aber ich musste immer wieder an ihre Worte denken. An ihre Stimme. Jedes meiner Liebeslieder war ein Dreck gegen ihre Stimme. Sie war so klar und hatte Wiedererkennungswert.
Emilia hatte eine ganze Weile nichts gesagt. Sie tippte mich an und sah mich fragend an. »Was?«, fragte ich verwirrt. »Ich habe dich gefragt, ob du es wirklich für richtig hältst, dass wir jetzt zurück nach Berlin fahren. Deine Mama sah ganz schön enttäuscht aus«, wiederholte sie. Ich seufzte. Ja, es war scheiße. Aber was sollte ich machen? Ich hielt es dort nicht länger aus. Ich wollte uns beiden einen Gefallen tun. Wer wusste schon, was sonst noch in Stralsund passiert wäre. »Ja, es ist besser so. So kehrt unser Alltag zurück und das zwischen uns wird auch wieder entspannter.« Sie nahm meine Hand und legte ihren Kopf auf meine Schulter. Wie konnte ich nur eine Sekunde daran denken, eine andere Frau zu küssen? Ich schaltete die Gedanken an Mara ab. Konzentrierte mich auf Emilia und wurde nach einer kurzen Zeit entspannter. Ihre Hand lag noch immer in meiner und ich küsste ihren Kopf. Dann lächelte sie mich breit an.
Dann erreichten wir den Berliner Hauptbahnhof. Wir stiegen in die volle S-Bahn. Alles war laut und hektisch. Das hatte ich nicht vermisst. Aber das war Berlin. Zum Glück fanden wir noch zwei Sitzplätze. Mit dem Gepäck wollte ich in einer vollen Bahn nicht stehen. Wir fuhren eine ganze Weile, stiegen unterwegs um und dann kamen wir endlich bei mir in der WG an. Ich schloss die Tür auf und ein komischer Geruch kam mir entgegen. »Boah, was riecht denn hier so?«, sagte ich und rümpfte die Nase. Auch Emilia folgte mir in die Wohnung und hielt sich die Nase zu. Ich ging in die Küche und fand sofort die Quelle des Gestankes. Es war der Mülleimer. Er war voll und einige Dinge lagen auch daneben. Und ich wusste ganz genau, wer der Verursacher war. Meine Mitbewohnerin war ebenfalls bei ihren Eltern, also konnte es nur Marvin sein.
Ich wurde richtig wütend. Ich rief genervt: »Das gibt es doch nicht. Bekommt der das nicht mal alleine hin? Mein Gott, der ist doch kein Kleinkind mehr. Ekelhaft. Einfach ekelhaft.« Dann hörte ich, wie sich in der Wohnung eine Tür öffnete und Marvin steckte irritiert den Kopf durch die Tür. »Ella? Ich dachte, du bist noch bei deinen Eltern?« Ich starrte ihn an und schimpfte: »Ist das dein Ernst? Ich bringe immer den Müll raus und kaum bist du eine Woche alleine, da funktioniert das nicht? Es stinkt hier. Wie kannst du hier nur atmen?« Ich wusste, dass es nur der Mülleimer war, aber es tat gut, meine gesamte Wut mal rauszulassen. »Wow, entspanne dich. Ich bringe ihn ja schon runter.« Er zog die Augenbrauen nach oben und ich erwiderte giftig: »Das würde ich dir auch raten. Hättest du ihn noch zwei Wochen stehen gelassen?« Entgeistert sah er mich an und schüttelte den Kopf. »Ich gehe ja schon.« Ich wollte noch etwas antworten, aber ich klemmte mir meine nächste bissige Bemerkung. Stattdessen stürmte ich aus der Küche und schloss meine Zimmertür auf. Selbst in meinem Zimmer stank es. Ich riss das Fenster weit auf.
Dann ließ ich mich kraftlos auf das Bett fallen. Emilia tat es ebenfalls. »Habe ich gerade überreagiert?«, wollte ich wissen, setzte mich auf und sah sie an. »Vielleicht ein wenig«, gab sie zu. Ich nickte. Ich brauchte etwas Entspannung. Mir fiel Sport ein oder noch eine andere Sache. Ich setzte mich auf Emilia und küsste sie. Überrascht sie mich an. »Was wird das denn?«, fragte sie und ich antwortete mit einem leidenschaftlichen Kuss. Ich küsste ihren Mund, ihre Wange, ihren Hals, ihr Schlüsselbein. Sie trug ein Top und eine kurze Hose. Schnell zog ich ihr die Sachen aus und sie hauchte mir zu: »So stürmisch kenne ich dich sonst ja gar nicht.« Dann lachte sie leise auf. Meine Küsse bewegten sich immer tiefer. Ich küsste ihre Brust, ihren Bauch und ihre empfindlichste Stelle. »Oh«, entfuhr es ihr erregt. Sie drehte sich leicht umher. »Das Fenster ist doch auf«, flüsterte sie leicht panisch, aber das war mir egal. Ich wollte sie jetzt.
»Egal«, antwortete ich bestimmt und küsste weiter. Ich knetete ihre Brüste und sie stöhnte leise auf. Ich berührte sie an all ihren empfindlichen Stellen und trieb sie damit in den Wahnsinn. Ich merkte, wie sie versuchte, leise zu sein, damit die Nachbarn nichts mitbekamen. Aber der Versuch scheiterte. Als ich in sie eindrang, schrie sie kurz auf. Wir bewegen uns im gleichen Rhythmus. Mittlerweile war auch ich nackt und sie berührte und küsste mich. Ihr Atem ging stoßweise, sie krallte sich an meinem Rücken fest, drückte meinen Körper an ihren Körper. »Oh, Ella«, schrie sie und ich merkte, wie sich ihr Körper verkrampfte und wir beide zum Orgasmus kamen. Ich ließ mich zurück ins Bett fallen. Ich dachte, ich würde mich nun besser fühlen. Oder erleichtert. Aber ich fühlte mich seltsam leer. Sie kuschelte sich an und raunte mir noch immer schwer atmend zu: »Das war gut. Das war verdammt gut.« Sie zog mit ihren Fingern Linien über meinen Körper und ich spürte, wie unsere Herzen klopften.
Eine Weile blieb ich liegen. Bis wir uns beruhigt hatten. »Lust auf eine zweite Runde?«, fragte sie mich und setzte sich auf. Mein Blick fiel auf ihre Brüste. Auf ihre nackte Haut. Warum nicht? Sie kam mir näher und gab mir einen Kuss. Ich zog sie näher heran, aber dann lachte sie. »Jetzt mache ich aber erst das Fenster zu.« Es war mir egal, was die Nachbarn dachten oder was Marvin dachte. Bald war ich hier eh verschwunden, wenn wir eine gemeinsame Wohnung gefunden hatten. Sie sprang auf und mein Blick folgte ihr. Ich sah ihren wohlgeformten Po und musste schmunzeln. Emilia kam wieder zurück und ich zog sie ins Bett. Sie lachte und für einen Moment war alles wieder gut. Genau das wollte ich. Oder? Ich kam nicht weiter zum Nachdenken, denn ich musste ihr meine gesamte Aufmerksamkeit schenken. Kurze Zeit später kamen wir wieder beide zum Höhepunkt. Alles fühlte sich an wie früher. Es war die richtige Entscheidung gewesen, dass wir zurückgefahren waren.
Ich zog mir etwas über und ging in die Küche. Da eigentlich geplant war, dass wir noch eine ganze Weile in Stralsund bleiben sollten, war mein Fach im Kühlschrank natürlich leer. Ich seufzte. Immerhin war noch gekühltes Wasser da. Ich schnappte es mir und auf dem Flur traf ich Marvin. »Na ihr scheint euch ja zu amüsieren«, meinte er und musste ein Grinsen unterdrücken. Er war eigentlich echt in Ordnung. Er wollte in sein Zimmer gehen, aber ich hielt ihn zurück: »Marvin? Tut mir leid, dass ich dich so angeschnauzt habe. Ich war einfach schlecht drauf und hätte es nicht an dir auslassen sollen.« Er winkte ab. »Jetzt bist du ja anscheinend wieder entspannter. Aber nach zwei Runden ist das ja auch kein Wunder«, scherzte er und ging mit einem Grinsen in sein Zimmer. Ich steckte ihm noch die Zunge aus, dann ging ich zurück in mein Zimmer. Marvin hatte auch eine Freundin, aber diese war momentan im Ausland für ein halbes Jahr. Der Arme.
Wir gingen duschen und dann zogen wir los zum Einkaufen. Am Abend kochte Emilia uns etwas Schönes und wir hatten eine tolle gemeinsame Zeit miteinander. Doch als wir im Bett lagen und sie schon schlief, plagten mich wieder meine Gedanken und Gefühle. Warum musste ich jetzt wieder an Mara denken? An diesen intimen Moment zwischen uns, der gerade mal etwas über 24 Stunden her war? Es war doch gerade noch alles gut gewesen. Wie viele Tage mussten vergehen, damit ich nicht mehr an sie denken musste? Doch ganz egal, wie sehr ich mich gegen die Gefühle wehrte: Es fühlte sich an, als würde mein Herz vor Sehnsucht brechen.
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Remember me || gxg
Любовные романыAls Ella ihren Eltern ihre Freundin Emilia vorstellen möchte, ist ihre Welt noch völlig in Ordnung. Doch kaum ist sie zurück in der Heimatstadt, holen sie die Erinnerungen an ihre erste große Liebe wieder ein. Über drei Jahre lang hatte sie diesen O...