Kapitel 27

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Pure Erleichterung strömte bei ihren Worten durch meinen Körper, als sie sagte, es wäre ein gutartiger Knoten. Das ganze Gebiet war mir fremd, aber dass ein gutartiger Knoten besser als ein bösartiger Knoten war, war mir bewusst. »Atme tief durch. Es handelt sich wohl um... Wie hieß der Fachbegriff noch einmal? Ah, Fibroadenom. Mein Knoten ist bisher nicht gewachsen und er ist auch nur sehr klein, was gut ist. Mir wurde empfohlen, ihn nicht entfernen zu lassen. Eine weitere Behandlung ist nicht zwingend erforderlich. Ich muss aber regelmäßig zur Untersuchung kommen und mit etwas Glück, geht er wieder zurück und verschwindet vollkommen. Also alles gut. Es ist kein Krebs.« Die Tränen flossen an meiner Wange hinab und auch meine Mama weinte. Vor Glück. Ich schluchzte und umarmte sie. »Ich bin so froh, Mama«, hauchte ich ihr zu. »So unglaublich froh.« Ich zitterte und wir mussten uns gegenseitig beruhigen. »Ich bin auch froh. Ich hatte fürchterliche Angst vor der Auswertung. Aber wir bekommen das alles wieder hin.«

Ich setzte mich wieder hin und sackte auf meinem Stuhl zusammen. Mein Papa hatte bisher nichts gesagt. Man sah ihm die Erleichterung an, aber trotzdem bewegte ihn etwas. Ich sah ihn fragend an und Mama folgte meinem Blick. »Er fragt sich, woher er Mara kennt.« Sie lachte leise auf und wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht. »Ich wollte es dir überlassen, es ihm zu sagen.« Mir fehlten die Worte. »Jetzt?«, fragte ich und sie nickte. »Warum nicht? Ehrlich, es geht mir gut. Mache dir keine Sorgen. Das sind Tränen der Erleichterung.« Nun schaute er auf und ich sah, wie es hinter seiner Stirn ratterte. »Ich habe sie schon einmal irgendwo gesehen, aber es fällt mir einfach nicht ein.« Er hasste es, wenn ihm etwas auf der Zunge lag. Das ließ ihm dann so lange nicht in Ruhe, bis er darauf kam. »Dann erlöse ich dich jetzt.« Heftig nickte er. »Ja, bitte.« Ich holte tief Luft. »Mara war mal meine Lehrerin. Frau Rosenthal. Der Name sollte dir etwas sagen.« Er schlug sich gegen die Stirn und jubelte. »Stimmt. Jetzt fällt es mir wieder ein!« Ich musste leicht schmunzeln.

»Und jetzt seid ihr befreundet oder was?« Ich wechselte einen Blick mit meiner Mama. »Nein, wir sind nicht befreundet.« In seinen Augen erkannte ich 1000 Fragezeichen. »Wir sind mehr als Freunde. Ich bin verliebt in sie. Und sie in mich.« Er war völlig verwirrt. »Aber das verstehe ich nicht. Bis vor zwei Wochen warst du doch noch mit Emilia zusammen. Geht das nicht etwas schnell?«, fragte er irritiert. Er hatte recht. Es hörte sich tatsächlich etwas kurios an, wenn man die ganze Geschichte nicht kannte. »Ich habe mich von Emilia doch getrennt«, erklärte ich. »Und der Grund war Mara. Papa, ich war schon früher unsterblich in sie verliebt gewesen. Wegen ihr bin ich nach Berlin gegangen und habe euch nie besucht. Ich hatte Angst vor einem Aufeinandertreffen. Aber dazu kam es jetzt, als ich zurück war. All die Gefühle, die ich zuvor verdrängt habe, waren urplötzlich wieder da. Mir wurde klar, dass Emilia mich nicht glücklich machen konnte. Und dann erfuhr ich von Mara, dass sie mich auch mochte. Wir sind aktuell kein Paar. Wir brauchen beide etwas Zeit, um die Trennungen zu verarbeiten. Sie hatte bis gestern Abend noch einen Freund. Aber es wird wohl darauf hinauslaufen.« Bei dem Gedanken an Mara musste ich lächeln.

»Wow. Du machst Sachen«, meinte er und kratzte sich im Gesicht. »Aber du bist alt genug. Du wirst schon die richtige Entscheidung treffen. Hauptsache du bist glücklich.« Ich warf ihm einen dankbaren Blick zu. Dann spürte ich, wie die Erschöpfung Besitz von mir ergriff. Meine Augen wurden schwerer und die Konzentration ließ nach. Zwar hatte ich in der letzten Nacht etwas geschlafen, aber erstens war es nicht sehr lange und zweitens war es nicht gerade bequem gewesen. Und dazu hatten sich die Ereignisse in dieser kurzen Zeit überschlagen. »Willst du Papa noch von deinen Plänen erzählen? Ich denke doch mal, du hast dich entschieden« Ich überlegte. Was meinte Mama? Dann fiel es mir ein. »Ich werde zurück nach Stralsund ziehen. Ich werde gleich etwas schlafen, aber danach direkt nach einem Job suchen. Mama meinte, ich kann erst einmal wieder hier wohnen, aber sobald ich mein eigenes Geld verdiene, suche ich mir eine kleine Wohnung.« Seine Augen strahlten. »Ach, das ist ja großartig. Dann sehen wir uns wieder regelmäßiger. Ich habe dich echt vermisst«, sprudelte es aus ihm heraus.

Remember me || gxgWo Geschichten leben. Entdecke jetzt