Kapitel 3 - Vorbereitungen und wie man mit Vollidioten spricht

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(Charlet's Sicht)

Eine Woche später war es endlich so weit. Herr Renner und ich hatten einen Termin für heute Nachmittag 17 Uhr ausgemacht. Da ich noch ca. 2 Stunden mit dem Auto bis nach Berlin fahren musste wollte ich spätestens um halb 3 los fahren um nicht zu spät zukommen. Demnach hatte ich noch eine Stunde Zeit um mich fertig zu machen. Kleidungstechnisch entschied ich mich für eine schwarze Jeans, eine creme-farbene Bluse und einen schwarzen Blazer mit Strasssteinchen. Dazu zog ich meine schwarzen Lieblingspumps an. Meine langen braunen Haare band ich zu einem hohen Zopf zusammen. Mein Make-Up wählte ich dezent um nicht zu aufgetakelt rüberzukommen, denn auch wenn ich mir meiner Künste durchaus bewusst war, wollte ich einen guten Eindruck hinterlassen. Um halb 3 stand ich zufrieden vor dem Spiegel und schmückte mich mit den letzten Accessoires. Silberne Creolen von meiner Mutter und einem dünnen silbernen Armband welches ich zu meinem 18. Geburtstag von meinem Vater geschenkt bekommen hatten. Es hatte mir von dem Tag an immer Glück gebracht und irgendwie glaubte ich daran, auch wenn heute ganz gewiss nur mein Talent gefragt war. Talent hatte ich, darin bestand kein Zweifel und dennoch war ich tierisch aufgeregt als ich in mein Auto stieg und mich auf den Weg nach Berlin machte. So aufgekratzt kannte ich mich gar nicht.

Während der knapp 2-stündigen Autofahrt hörte ich das neue Album von Shawn Mendes und sang jedes der 14 Lieder laut mit. Bei 'Youth' kannte ich letztendlich kein Halten mehr. Ich drehte das Radio auf volle Lautstärke auf und feierte eine kleine Party in meinem Auto. Das neben mir an der Ampel ein Auto mit 3 Typen zum stehen kam interessierte mich herzlich wenig. Erst als ich rüber sah und bemerkte wie sie mich anstarrten und anschließend in schallendes Gelächter ausbrachen hörte ich auf zu tanzen und gab stattdessen Vollgas als die Ampel auf grün umsprang. Normalerweise war mir sowas überhaupt nicht peinlich, aber diese Typen sahen so extrem gut aus, das ich die Röte die sich in meinem Gesicht ausbreitete nicht leugnen konnte. 10 Minuten später kam ich vor dem Gebäude von Universal Music in der Stralauer Allee an. Mein Auto parkte ich in einer Seitenstraße von wo aus ich noch ein kurzes Stück zu Fuß gehen musste. Auf dem Weg zum Gebäude kam ich an einem Bäcker vorbei wo ich mir noch schnell einen Kaffee to Go holte um meine Aufregung in den Griff zu bekommen. Koffein, der bei den meisten Menschen eher dazu führte wach und aktiv zu werden, bewirkte bei mir eher das Gegenteil. Koffein brachte mich runter, keine Ahnung wieso, aber es war so.

Mit leicht erhöhtem Puls betrat ich das Gebäude. Herr Renner hatte mir in der letzten Mail schon mitgeteilt zu welchem Raum ich musste. Meine Aufgabe war es also Zimmer C311 zu finden. Von der großen Eingangstür aus sah ich einen Lageplan an der gegenüberliegenden Wand hängen. Bei näherem betrachten dieses Plans stellte ich fest, das ich in den 3. Stock musste. Ein paar Meter weiter erkannte ich die Aufzüge, weswegen ich nicht lange zögerte und auf diese zu ging. Ich musste ein paar Minuten warten bis einer der beiden Aufzüge aufging, vermutlich weil das Gebäude so groß war und wahrscheinlich kamen beide von ganz oben. Als erstes öffnete sich der linke Aufzug - er war leer. Selbstsicher betrat ich ihn und wählte den 3. Stock aus. Meine Aufregung von vorhin war vollkommen verflogen. Dank des Kaffees in meine rechten Hand und meinen wichtigsten Unterlagen in meiner linken Hand fühlte ich mich absolut sicher und bestens vorbereitet.

Der Aufzug hielt im 3. Stock und die Tür öffnete sich um mich aussteigen zu lassen. Ich hob meine Kopf noch ein kleines bisschen an um noch selbstsicherer zu wirken und trat ohne nach links oder rechts zu schauen aus dem Aufzug hinaus. Dabei bemerkte ich nicht wie von rechts ein junger Typ, vermutlich Anfang 20, auf mich zu kam und mich anrempelte. ,,Ups, sorry!!!'', sagte er direkt, doch es war schon zu spät. Ein Schluck meines Kaffees hatte sich soeben auf meiner creme-farbenen Bluse verteilt. ,,Ey hast du keine Augen im Kopf! Du Vollidiot!'', rief ich aufgebracht. ,,Tut mir wirklich leid, das wollte ich nicht.'', entschuldigte er sich nochmals. Ich sah zu ihm hoch da er mindestens 1 Kopf größer war als ich. Irgendwie kam er mir bekannt vor, doch ich wusste nicht woher. Verwirrt schüttelte ich mit dem Kopf und besah mir wieder das Unglück auf meiner Bluse. ,,Das bringt mir jetzt auch nichts!'', sagte ich in einem wütenden Tonfall. ,,Soll ich die Reinigung übernehmen?'' ,,Ne lass mal! Ich habe einen wichtigen Termin, wenn ich also mal vorbei dürfte?!'', erwiderte ich pampig und deutet mit meine Händen in die entsprechende Richtung wo ich Zimmer C311 vermutete. Der junge Mann trat einen Schritt zur Seite um mich vorbei zu lassen. ,,Es tut mir wirklich leid, wenn...'', begann er, doch ich unterbrach ihn direkt: ,,Man jetzt geh mir aus dem Weg und hör auf dich zu entschuldigen!'' Er schien sichtlich überrascht das ich ihn so anging, aber ich hatte gerade echt keine Zeit für sowas. Abwehrend hob ich meine Arme und schob mich an ihm vorbei. Glücklicherweise hatte ich den richtigen Weg eingeschlagen, denn am Ende des Ganges erkannte ich die Zimmernummer C311. Ich zupfte meine Bluse und meinen Blazer nochmal etwas zurecht, sodass man den Kaffeefleck hoffentlich nicht sofort bemerken würde und entsorgte den Kaffeebecher in einem Mülleimer, der in der Ecke stand. Anschließend klopfte ich an die Tür und wartete darauf hinein gebeten zu werden.

- BETWEEN THE LINES - (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt