Kapitel 7 - Ganz normaler Alltag

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(Charlet's Sicht)

Am nächsten Morgen wurde ich wach und bemerkte direkt das ich immer noch nackt war. Genauso wie Henry, der neben mir lag und noch friedlich schlief. Ich setzte mich auf um auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand zu schauen. Es war gerade mal 7 Uhr morgens, weswegen ich mich zurück ins Kissen fallen ließ. Kurze Zeit später fielen meine Augen wieder zu und ich schlief weitere 3 Stunden. Um 10 Uhr wurde ich wieder durch den Klingelton meines Handy wach. Einen kurzen Moment lang war ich irritiert, da es nicht mein Wecker war. Ich nahm mein Handy vom Nachtschränkchen und schaute drauf. Eine mir unbekannte Nummer rief mich an. Wer ruft denn an einem Samstag morgen so früh an? Um den Anrufer nicht noch länger warten zu lassen ging ich kurzerhand ran. ,,Ja, hallo?'', meldete ich mich. ,,Hallo, hier spricht Tim Renner. Charlet bist du es?'', fragte die Person an der anderen Leitung.

Es dauerte einen Moment bis ich begriff wer mich da gerade anrief, doch als der Groschen gefallen war fand ich auch meine Sprache wieder. ,,Ach hallo Herr Renner. Ja ich bin dran. Mit Ihnen hatte ich jetzt ehrlich gesagt nicht gerechnet.'', gestand ich immer noch leicht verwirrt. Herr Renner lachte am anderen Ende der Leitung und antwortete: ,,Ich habe tolle Neuigkeiten für dich, denn ich habe gestern direkt meinen Plan in die Tat umgesetzte und nach einem Künstler gesucht den du erstmal bei einigen Auftritten supporten sollst. Kannst du nächste Woche Samstag nochmal nach Berlin kommen? Dann könntest du direkt mal mit der Band proben und man könnte schauen wie das alles so funktioniert.'' Wieder wusste ich einen kurzen Moment nicht was ich sagen sollte. Meine sonst so selbstsicherer Art war so kurz nach dem Aufwachen noch nicht vorhanden. Um ehrlich zu sein war ich gerade regelrecht sprachlos und auch ein bisschen überfordert. Neben mir bewegte Henry sich. Scheinbar wurde er auch langsam wach. ,,Charlet?'', holte Herr Renner mich aus meinen Gedanken. ,,Äh was? Ja klar kann ich nochmal nach Berlin kommen ... gar kein Problem.'', erwiderte ich schnell. ,,Super! Dann sei bitte nächsten Samstag um 15 Uhr bei mir im Büro. Ich begleite dich dann zu der Bandprobe.'', erklärte er mir sein Vorhaben. ,,Alles klar, dann bis nächste Woche.'', sagte ich noch schnell ehe ich auflegte.

,,Was ist nächste Woche?'', fragte Henry der gerade die Augen aufgeschlagen hatte. ,,Nichts nichts ...'', erwiderte ich schnell, doch das kaufte er mir selbstverständlich nicht ab. ,,Geht das schon wieder los?'' Er setzte sich auf und strich mir meine langen brauen Haare aus dem Gesicht um mir besser in die Augen schauen zu können. ,,Charlet? Was ist nächsten Samstag.'', hakte er nochmal nach. Ich versuchte seinen Blicken auszuweichen, doch logischerweise gelang mir das nicht. Stattdessen beschloss ich da weiter zu machen wo ich gestern aufgehört hatte. ,,Ich fahre nochmal nach Berlin, zu einer Bandprobe.'', sagte ich und versuchte dabei so selbstsicher wie nur möglich seinem Blick standzuhalten. Er verdrehte nur die Augen und stand auf. Kein Kommentar? Was war denn jetzt los? Hatte ich es etwa geschafft? Akzeptierte er meine Entscheidungen ohne Wenn und Aber? ,,Du weißt was ich davon halte, aber so wie ich dich kenne kann ich dich eh nicht davon abhalten.'', lautete seine Antwort auf meine Gedanken. Damit hatte ich definitiv nicht gerechnet, aber andererseits freute es mich, dass ich es ihm diesmal nicht verheimlichen musste.

Vielleicht war es ihm aber auch zu langweilig geworden mit mir zu diskutieren. ,,Was machen wir heute?'', fragte er stattdessen weiter während er sich einen Pulli und eine schlichte Jogginghose anzog. Zwei Dinge die er immer hier hatte, da er sehr häufig bei mir schlief. ,,Ich bin später noch mit Cailee verabredet.'', teilte ich ihm mit woraufhin er wissend nickte. ,,Dann mache ich uns mal Frühstück.'', sagte er noch und verließ das Schlafzimmer. Nachdem was gestern Abend passiert war hatte ich nicht damit gerechnet, dass er heute wieder so locker mit mir umgehen würde. Normalerweise zog sich sein Verhalten immer einige Tage lang hin, aber diesmal scheinbar nicht. Wir hatten grundsätzlich eigentlich wenige Meinungsverschiedenheiten, solange es nicht um meine Karriere als Sängerin ging. Aber wenn, dann dauerte es immer eine ganze Weile bis wir uns wieder eingependelt hatten.

Ich beschloss mir erstmal nichts weiter dabei zu denken, zog mich an und folgte ihm dann in die Küche. Er hatte innerhalb von 5 Minuten den Tisch mit allerlei Köstlichekeiten bestückt und war gerade dabei Rührei zu kochen. Ich nahm derweil am Tisch Platz und kurze Zeit später gesellte sich auch mein Vater dazu. ,,Daran könnte ich mich gewöhnen.'', sagte er grinsend während er sich neben mich setzte. Henry füllte das dampfende Rührei noch in eine Schüssel und setzte sich dann ebenfalls zu uns. ,,Die Brötchen brauchen noch einen Augenblick.'', teilte er uns mit ehe er ein Gespräch mit meinem Vater anfing bei dem ich kaum zuhörte. Ihr Gerede über irgendwelche Kunden aus der Bank und allgemein über Zahlen interessierte mich einfach nicht. Stattdessen nahm ich mein Handy und scrollte ein wenig durch Instagram und Co als eine Nachricht von Cailee in WhatsApp angezeigt wurde.

'Hey Süße, sorry aber ich muss für heute absagen. Hab letzte Nacht so nen Typen kennengelernt und wir haben spontan beschlossen nach Amsterdam zu fahren. Wir können uns ja nächste Woche sehen.'

War das ihr ernst? Da lernt sie nen Typen kennen und fährt direkt mit ihm nach Amsterdam? Man musste mir meine Reaktion wohl direkt angesehen haben, denn im nächsten Moment holte mein Freund mich aus meinen Gedanken. ,,Was ist los?'', fragte er lediglich, klang jedoch nicht sonderlich interessiert. ,,Cailee hat gerade für heute abgesagt.'', antwortete ich bloß und versuchte mir meine Enttäuschung nicht zu sehr anmerken zu lassen. Eigentlich wollte ich ihr heute von dem gestrigen Tag berichten, aber wenn sie meinte das ein Typ wichtiger sei als ich, musste ich das wohl akzeptieren. Ich tippte noch schnell eine Antwort ein ehe ich das Handy wieder bei Seite legte.

'Kein Problem, aber nächste Woche ist schlecht.'

Meine Nachricht hielt ich mit voller Absicht so kurz in der Hoffnung ein Umdenken bei ihr zu bewegen, aber scheinbar hatte sie diese Message nicht verstanden, denn es kam für den Rest des Tages keine Nachricht mehr von ihr.

Henry und ich machten uns stattdessen einen gemütlichen Filmenachmittag, der ohne weitere Zwischenfälle bezüglich unserer letzten Meinungsverschiedenheit ablief.

Auch in den folgenden Tagen meldete sich Cailee nicht bei mir und sturr wie ich nunmal sein konnte tat ich es ebensowenig. Henry und ich mieden das Thema Berlin und Musikkarriere gekonnt und wenn der Tag nicht mittlerweile gekommen wäre hätten wir die scheinheilige Art unserer Beziehung noch ewig so weiter führen können.

Es war nun also Samstag und ich war kurz davor wieder nach Berlin aufzubrechen, als Henry wie aus dem Nichts bei mir im Schlafzimmer auftauchte. Wahrscheinlich hatte mein Vater ihn rein gelassen. ,,Wo willst du hin?'', fragte er ohne jegliche Begrüßung. Genervt verdrehte ich die Augen. Ging das jetzt schon wieder los? Die ganze Woche über war doch alles gut. ,,Nach Berlin, das weißt du doch.'', antwortete ich während ich mich weiter schminkte. ,,Das ist Zeitverschwendung, Charlet.'', erwiderte er ganz selbstverständlich, während er sich auf mein Bett setzte. So langsam nervte mich diese Art extrem und ich wollte so sehr das heute alles glatt lief. In keinem Fall würde ich mich jetzt von ihm verunsichern lassen. ,,Henry geh bitte wieder. Ich kann das gerade echt nicht gebrauchen!'', ging ich ihn an woraufhin er mich erstaunt ansah. ,,Sieh an, sieh an seit wann trauen wir uns denn sowas? Ich habe es noch nie erlebt das du mich rauswirfst.'' ,,Ja, dann wird es wohl mal Zeit! Ich muss jetzt eh los, wir sehn uns.'', sagte ich und verließ anstelle von ihm die Wohnung.

- BETWEEN THE LINES - (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt