Kapitel 43 - Die letzten Vorbereitungen

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(Charlets Sicht)

Die Tage in denen Wincent sich bei meiner Tante und mir ausruhen sollte vergingen wie im Flug. Wincent hielt sich tatsächlich an die Anweisungen des Sanitäters und ruhte sich aus. Er tat wirklich den lieben langen Tag rein gar nichts, außer eine Netflix Serie nach der anderen zu suchten. ,,Ich hatte ganz vergessen wie entspannt das Leben doch sein kann.'', sagte er lächelnd, während er den Rückblick der Serie, die er nun schon seit 5 Stunden schaute, übersprang. ,,Ach was, du kannst doch jetzt nur so ruhig da sitzen, weil du ganz genau weißt, dass es in ein paar Tagen weiter geht.'', erwiderte ich, während ich um ihn herumwurschtelte, da meine Tante mich gebeten hatte ein wenig im Haushalt mitzuhelfen. Ich wusste ganz genau, dass er so kurz vor der Tour eigentlich nicht still sitzen konnte, doch Amelie hatte ihm glaubhaft versichert, dass alles in Ordnung war und seine Anwesenheit bei den restlichen Vorbereitungen nicht zwingend von Nöten war. ,,Deine Wäsche könntest du trotzdem wegräumen.'', tadelte ich ihn im nächsten Atemzug, während ich ihm eins seiner T-Shirts zuschmiss, das auf dem Boden gelegen hatte. Wincent lachte bloß und konzentrierte sich wieder auf seine Serie.

Es war jetzt noch genau eine Woche bis zum Tourstart und in den nächsten Tagen standen die letzten Proben und Vorbereitungen an. Bei dem Vital Park Open Air in Heilbad Heiligenstadt musste ich selbst zwar noch nicht auftreten, jedoch probte ich fleißig mit meiner Band weiter, da uns ja nun auch eine Woche fehlte.

Am Montagmorgen weckte mich dann ein hektischer Wincent, der von einem Zimmer ins nächste rannte und alle seine Klamotten zusammen suchte. Verschlafen sah ich auf mein Handy und konnte meinen Augen kaum trauen, als ich sah, dass es erst 7 Uhr war. ,,Sag mal spinnst du, leg dich wieder hin wir müssen erst in 3 Stunden los.'', gähnte ich ließ mich zurück ins Kissen sinken. ,,Ich muss meine Sachen zusammensuchen und weil du aufgeräumt hast finde ich jetzt nichts wieder.'', erwiderte er bloß und klang dabei leicht gestresst. Genervt schlug ich meine Augen wieder auf und setzte mich auf. ,,Deine Sachen sind in der Wäsche.'', teilte ich ihm dann mit. ,,Alle?'', fragte er schockiert. ,,Ja, zumindest alles was gestern noch so hier rum lag.'' ,,Und wann sind die fertig?'' ,,Wenn du alles in den Trockner tust in einer Stunde.'',erwiderte ich, woraufhin er sich wieder in Bewegung setzte und zum Waschraum lief.

Wie konnte man morgens nur schon so eine Motivation haben? Ich versuchte noch ein letztes Mal einzuschlafen, oder wenigstens noch ein bisschen vor mich hinzudösen, doch auch das machte Wincent mir zu nichte als er wieder in mein Zimmer gestürmt kam. ,,Die Sachen sind nass.'', teilte er mir mit. ,,Deswegen kommen sie ja auch jetzt in den Trockner.'', antwortete ich ihm, in der Hoffnung, dass er mich doch noch ein bisschen schlafen lassen würde. ,,Und du glaubst wirklich, dass die dann in einer Stunde trocken sind?''

Genervt schlug ich nun wieder die Bettdecke zurück und stand auf. ,,Stell dir vor, Wincent. Das ist die Aufgabe eines Trockners und ja das schafft der in einer Stunde!'', erwiderte ich mit einem gewissen Unterton in meiner Stimme. ,,Und jetzt komm bitte mal runter und schieb hier nicht so nen Stress.'', fügte ich noch hinzu, während ich mich an ihm vorbeischob und in die Küche zur Kaffeemaschine schlurfte. Vor dem ersten Kaffee war ich normalerweise nicht ansprechbar und Wincent hatte meine Nerven heute morgen schon ziemlich ausgereizt. ,,Sorry.'', kam es von Wincent, als er ebenfalls die Küche betrat. ,,Ich bin nur irgendwie richtig aufgeregt wegen dem Tourstart am Samstag und ...'',fing er an sich zu erklären, doch ich unterbrach ihn indem ich meine Hand hob und ihn so zum schweigen brachte. Anschließend nahm ich einen großen Schluck von meinem Kaffee, welchen ich am liebsten schwarz trank. Ich ließ meinen Blick zur Küchenuhr wandern und nahm zu Kenntnis, dass es erst halb 8 war.

Wir hatten immer noch 2 ½ Stunden Zeit ehe wir los mussten und ich brauchte gerade einfach noch einen Moment Ruhe. Wincent stand immer noch neben mir und wirkte total aufgedreht. Er konnte kaum still stehen und wippte von einem Bein aufs andere. Trotz dessen, dass ich eigentlich total genervt davon war so früh wach zu sein, konnte ich mir das Lachen nicht verkneifen. ,,Was ist los? Wieso lachst du?'', fragte Wincent, der nun gar nichts mehr zu verstehen schien. ,,Ich finde es bloß amüsant wie aufgeregt du bist und das so früh am morgen.'', erklärte ich mich und nahm einen weiteren Schluck vom Kaffee, ehe ich ihm seine nassen Sachen abnahm um diese in den Trockner zutun. ,,Und du bist dir wirklich sicher, dass die in einer Stunde trocken sind?'', fragte Wincent erneut. ,,Ja, jetzt glaub mir doch einfach mal.'', erwiderte ich und sah ihn dabei belustigt an. Männer und Haushalt, dachte ich mir dabei.

Eine Stunde später holte ich Wincents trockene Wäsche aus dem Trockner und übergab sie ihm, damit er sie in seinen Koffer packen konnte. Es war gerade mal kurz vor 9 und wir hatten noch über eine Stunde Zeit ehe wir los wollten. Von daher setzte ich mich ganz entspannt aufs Sofa und schaltete den Fernsehr ein.

Eine Weile später gesellte Wincent sich zu mir. Ich beachtete ihn jedoch erst als er sich hörbar räusperte. Fragend schaute ich zu ihm rüber und bemerkte kurz darauf das Kästchen auf seinem Schoß. ,,Ich wusste nicht ob du es vielleicht mitnehmen willst.'', erklärte er sich direkt und gab es mir. Ich nahm es ihm ab und starrte es für ein paar Minuten einfach nur an. Wollte ich die Erinnerungen an meine Mutter mit nehmen? Ich hatte bis jetzt erst eine Kassette gesehen und auf der Tour wollte ich mich nicht von meinen Emotionen ablenken lassen. Langsam schüttelte ich meinen Kopf. ,,Nein, verschieben wir das auf nach der Tour.'', entschied ich und stand auf um das Kästchen wieder in mein Zimmer zu bringen. Während ich es in meinem Kleiderschrank verstaute merkte ich, dass Wincent mir hinterher gekommen war. ,,Wir? Willst du, dass ich die nächsten Kassetten auch mit anschaue?''

Mit dieser Frage seinerseits hatte ich nicht gerechnet, aber nun stellte ich mir diese Frage ebenfalls. Wollte ich das? Wollte ich meine einzigen Erinnerungen an meine Mutter mit ihm teilen? Viel wichtiger war aber die Frage: Würde ich es schaffen die Kassetten alleine anzusehen? Oder würde das zu viel für mich sein? Vielleicht war es gar nicht so schlecht ihn als Stütze dabei zu haben. ,,Wenn du das auch willst.'', entgegnete ich ihm schließlich. ,,Ich will dir nicht zu nahe treten, also musst du das entscheiden ... Charly.''

Ich lächelte als ich hörte wie er meinen Spitznamen aussprach. Es war total ungewohnt, dass er mich nun so nannte, doch mir gefiel das total. ,,Ich glaube, dass ich das alleine nicht schaffen würde, also würde ich mich freuen wenn du dabei wärst.'', antwortete ich ihm schließlich. ,,Und keine Sorgen, du trittst mir damit nicht zu nahe ... im Gegenteil. Du gibst mir den nötigen Halt den ich dafür brauche.''

Wincent sagte nichts mehr, sondern lächelte einfach nur. Wir waren Beide nicht gut darin solche Worte auszusprechen oder sie anzunehmen.

Nachdem ich die letzten Sachen gepackt und ins Auto geräumt hatte machten wir uns um kurz vor 10 Uhr pünktlich auf den Weg nach Berlin. In den nächsten Tagen würden die letzten Proben und Vorbereitungen stattfinden, ehe am Samstag dann der Tourauftakt in Heilbad Heiligenstadt sein würde.

Während Wincent das Auto fuhr beschloss ich endlich Henry um eine Aussprache zu bitten. Seitdem ich mitten in der Nacht aus dem Hotel abgehauen war hatte er sich nicht mehr bei mir gemeldet. Einerseits fand ich das komisch, da wir ja nicht wirklich Streit hatten, aber es kam schon öfter vor, dass sich einer von uns für eine kurze Zeit zurückzog. Vielleicht glaubte Henry, dass dies nun wieder der Fall war, denn dann wartete er immer ab bis ich mich wieder meldete.

Ich schrieb ihm also eine Nachricht bei WhatsApp mit folgendem Inhalt:

''Hey Henry, wir müssen dringend mal reden. Wie du ja sicherlich weißt bin ich diese Woche noch in Berlin und am Wochenende beginnt ja schon die Tour. In Magdeburg bin ich daher erst wieder am 10.06. bis zum 17.06. Vielleicht hast du in dem Zeitraum ja Zeit für ein Treffen? Kuss, Charlet''

Anhand dieser Nachricht müsste er eigentlich schon merken, dass was nicht stimmt, doch als Antwort bekam ich wenige Minuten später nur ein einfaches ''Ok, ich melde mich.''.

Ein wenig enttäuscht von seiner Reaktion ließ ich mein Handy in meiner Jackentasche verschwinden und schaute anschließend gedankenverloren aus dem Fenster. Die vorbeiziehenden Felder wirkten total hypnotisierend auf mich, sodass mir nach kurzer Zeit die Augen zufielen.

Wincents sanfte Stimme weckte mich einige Zeit später, als wir in Berlin angekommen waren. Vollkommen übermüdet stieg ich aus dem Auto aus und folgte Wincent ins Universal Music Gebäude, wo wir zu einer Besprechung mit Amelie und Tim Renner hin mussten.

Wir besprachen lediglich die letzten organisatorischen Sachen ehe wir uns auf den Weg zum Kulturhaus machten um den Rest des Tages zu proben.

- BETWEEN THE LINES - (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt