Kapitel 8 - Wincent, der Garderoben Junge

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(Charlet's Sicht)

Nach einer 2 Stündigen Autofahrt kam ich pünktlich um kurz vor 15 Uhr in Berlin an. Mit selbstsicheren Schritten lief ich den selben Weg wie beim letzten Mal zum Universal Gebäude. Wie vereinbart ging ich erstmal zu Herrn Renner ins Büro wo er schon auf mich wartete. ,,Hallo Charlet, schön dich wieder zu sehen.'', begrüßte er mich freundlich. ,,Freut mich auch. Wo ist denn jetzt die Bandprobe? Ich bin bereit zu zeigen was ich drauf habe!'', teilte ich ihm mit woraufhin er lachte. ,,Immer mit der Ruhe. Die Bandprobe ist nicht in diesem Gebäude. Dafür müssen wir ein paar Häuser weiter gehen.'', erklärte er mir. Wir machten uns also wieder auf den Weg nach unten und liefen ein paar Minuten die Straße entlang. In mir breiteten sich nun doch gemischte Gefühle aus. Mir wurde bewusst, dass ich überhaupt nicht wusste was auf mich zukommt, geschweigedenn welcher Künstler mich dort erwartet. Meine professionelle Fassade begann zu bröckeln, weswegen ich schnell versuchte mich auf einen Punkt zu fixieren um nicht die Nerven zu verlieren. ,,Ruhig bleiben, du kannst das.'', sagte ich leise zu mir selbst, sodass es niemand hören konnte. Wir liefen ca. 5 Minuten lange die Straße entlang. Herr Renner stellte derweil ein paar Fragen. ,,Hast du dir schon überlegt welchen Song du heute singen willst?'' Ich musste kurz überlegen, denn von meinen vielen Songs hatte ich genau 2 Favoriten die beide ziemlich gut waren. ,,Entweder DNA oder Zeitlupe.'', antwortete ich ihm schließlich woraufhin er zustimmend nickte. ,,Gute Wahl, bin gespannt für welchen du dich entscheidest. Wir sind übrigens da.'', erwiderte er und blieb vor einem roten Ziegelstein Gebäude stehen. Er hielt mir die große schwere Eisentür auf, sodass ich hinein gehen konnte.

Drinnen hörte ich direkt den dumpfen Bass und eine undefinierbare Melodie. Sie hatten anscheinend schon angefangen, dachte ich mir und wurde auch kurz darauf von Herrn Renner bestätigt. ,,Einfach der Musik folgen, die Jungs haben schonmal angefangen.'' Oke es war also eine reine Männerband so wie es schien. Das konnte ja lustig werden. Ich folgte Herrn Renner durch einen kleinen Flur wo wir der Musik immer näher kamen. Am Ende des Flures blieben wir vor einer Tür stehen die mir Herr Renner ebenfalls öffnete. ,,Also das ist der Proberaum wo auch in den nächsten 6 Wochen geprobt wird.'', erklärte er als wir den Raum betraten. Noch hatte ich keinen Blick auf die Band, da der Raum ein Kurve machte, sodass der Bereich zum proben nochmal extra abgeschottet war. Alles in allem war das was ich bis jetzt sah nicht sonderlich spektakulär. Es war ein gewöhnlicher Raum in dem nur ein paar Tische und Stühle an den Wänden aufgreiht standen. Er wirkte sogar relativ trostlos, denn an den Wänden hingen keine Bilder oder Plakate.

Herr Renner ging weiter durch den Raum weswegen ich ihm folgte. Als wir um die Ecke kamen konnte ich das erste Mal sehen wer dort alles auf der kleinen provisorischen Bühne stand. Als erstes fiel mir ein kleiner dunkelhaariger Lockenkopf ins Auge der Gitarre spielte und gerade ein Solo hinlegte, weswegen er sich in der Mitte plaziert hatte. War das etwa der Künstler den ich supporten sollte? ,,Wer ist das?'', fragte ich Herrn Renner daher. ,,Das ist Benjamin Freibott.'', gab er mir als Antwort. Der Name sagte mir gar nichts, von daher konnte er ja kein bekannter Künstler sein. Meine Hoffnung auf den schnellen Erfolg begann zu schwinden. Trotzdem schaute ich mir auch die Anderen aus der Band an. Am Rand der Bühne stand ein junger Mann der mir sehr bekannt vor kam. Wir gingen noch ein bisschen näher ran und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. ,,Sie wollen mich doch verarschen, oder?'', rutschten mir leise meine Gedanken raus, die Herr Renner trotzdem hörte. ,,Nein! Ist cool oder?'', erwiderte er ohne scheinbar zu wissen was ich eigentlich meinte. Der Garderoben Junge von letzter Woche! Was machte der denn hier? Scheinbar hatte er schon einen Job bei einer Band, nur seine Aufgabe war mir noch nicht ganz klar.

Das Lied endete und Herr Renner ergriff wieder das Wort. ,,So dann will ich dir jetzt mal die Band und vorallem den Künstler vorstellen.'', sagte er euphorisch und deutete nach vorne wo die Band uns gerade erblickt hatte. Auch der Garderoben Junge sah nun zu uns rüber und fing mit einem Mal an zu grinsen.

(Wincent's Sicht)

Mein Gesangspart bei dem Lied war vorbei, weswegen ich mich an den Rand stellte um Benni seine Show zu überlassen. Wir probten gerade die neuen Lieder für die Festivals und hatten sichtlich viel Spaß dabei. Benni haute ein Wahnsinns Solo raus bei dem die Fans mit sicherheit ausrasten werden. Als das Lied zuende war nahm ich 2 Personen am anderen Ende des Raumes war die soeben auf uns zuliefen. Es waren Herr Renner und der angekündigte Support Act, die braunhaarige Schönheit. Unsere Blicke trafen sich, woraufhin sich ihre Augen schlagartig weiteten. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ich beschloss den Beiden entgegen zu gehen und sprang von der kleinen Erhöhung welche als Bühne dienen sollte. Die Frau, die beim letzten mal noch so selbstsicher gewirkt hatte, schien jetzt so als würde sie am liebsten flüchten wollen. Ob sie wohl kapiert hatte wer ich war?

Kurz darauf kam ich vor ihr zum stehen und hielt ihr meine Hand hin. ,,Hi, ich bin Wincent. Wir haben uns ja beim letzten Mal nicht richtig vorgestellt.'', sagte ich und versuchte mir mein Lachen zu verkneifen. Aus irgendeinem Grund fand ich die ganze Situation gleichermaßen interessant sowie amüsant. ,,Ach ihr kennt euch?'', fragte Tim Renner im nächsten Augenblick und schaute zwischen uns beiden verwirrt hin und her. ,,Nein, eigentlich nicht.'', antwortete ich ihm und sah dann wieder zu ihr. Sie starrte mich regelrecht mit ihren schönen braunen Augen an. Ihr freches Mundwerk vom letzten Mal schien irgendwie eingefroren zu sein, denn sie sagte kein Wort. Irgendwann bemerkte sie, dass ich ihr immer noch meine Hand hinhielt, was sie aus ihrer Starre erwachen ließ. Sie gab mir ihre Hand und sagte: ,,Ich bin Charlet und du bist hier also der Gaderoben Junge?''

In ihren Augen loderte die pure Arroganz auf. Das konnte nicht ihr ernst sein oder? Ein kleines bisschen Wut flammte in mir auf, doch da das eigentlich so gar nicht meine Art war beschloss ich ihr erstmal den Wind aus den Segeln zu nehmen. ,,Nicht ganz. Ich bin Sänger und so wie es aussieht gebe ich wohl eher dir einen Job.'', erwiderte ich kühl während ich den Blickkontakt zwischen uns hielt. Auf ihrem Gesicht bereitete sich eine leichte Röte aus und wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen, dass es ihr ein wenig peinlich war. Wenn dem so war überspielte sie das jedoch recht gut, denn kurz darauf begannen ihre Augen herausfordernd zu funkeln. ,,Na dann lass mal hören ob du wirklich so gut bist.'', sagte sie provozierend und ließ meine Hand los.

Eins musste ich ihr lassen. Mit ihrer Art brachte sie auf jeden Fall frischen Wind mit. Ich wusste nur noch nicht so recht ob mir das jetzt gefiel oder nicht. Entschlossen drehte ich mich um und ging zurück auf die Bühne. Wir spielten 'An Wunder' und den ganzen Song über zeigte Charlet keinerlei Reaktion. Sie stand mit verschränkten Armen vor der Bühne und fixierte mich mit ihren Blicken. Als das Lied zuende war ging ich wieder zu ihr runter. ,,Nicht schlecht, Garderoben Junge.'', sagte sie wobei in ihrer Stimme wenig Anerkennung lag. ,,Du bist dran.'', sagte ich nur und drückte ihr das Mikrofon in die Hand.

- BETWEEN THE LINES - (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt