Kapitel 31 - Manche Menschen ändern sich nicht

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(Wincent's Sicht)

,,Aufstehen Schlafmütze, wir müssen gleich los.'', wurde ich von einer sanften Stimme geweckt. Müde schlug ich die Augen auf und erkannte eine verschwommene weibliche Gestalt an meinem Bett sitzen. Sofort war ich hellwach und setzte mich auf. ,,Wie spät ist es?'', fragte ich und sah mich suchend nach einer Uhr um. Wieso hatte meine Schwester keine Uhr in ihrem Zimmer? ,,Gleich halb 12.'', antwortete Charlet mir und somit war auch die letzte Müdigkeit verschwunden. ,,WAS?? So spät schon? Warum hast du mich nicht früher geweckt?!?'', rief ich während ich aufsprang und hastig meine Sachen zusammen suchte. Das ich dabei nur meine Boxershorts trug vergas ich komplett, sodass ich nach ein paar Minuten inne hielt und zu Charlet rüber schaute, welche schnell verlegen weg sah. Hatte sie mich gerade etwa beobachtet? Ich drehte mich wieder um und tat so als hätte ich ihr Starren nicht mitbekommen. Währenddessen versuchte ich mir ein Lachen zu verkneifen und zog mir schnell eine Hose und ein T-Shirt über. ,,Ich warte unten auf dich.'', sagte sie und verließ kurz darauf das Zimmer.

Ein paar Minuten später folgte ich ihr mit gepacktem Rucksack nach unten. Mir war immer noch unbegereiflich, dass sie mich so lange hat schlafen lassen. Eigentlich wollten wir hier spätestens um 10 Uhr los fahren, doch mittlerweile war es bereits 12 Uhr. Heute gingen die Proben für die Festivals weiter und eigentlich war diese für 15 Uhr angesetzt gewesen. Nach Berlin würden wir jedoch 4 Stunden brauchen und das auch nur, wenn es der Verkehr zuließe. Na ja darum würde ich mich wohl während der Fahrt kümmern müssen.

Erstmal hieß es jetzt nämlich wieder Abschied nehmen zum keine Ahnung wie vielten Mal. Es war mittlerweile zu einer Art Routine geworden, die ich nebenbei gemerkt hasste. Ich hasste es immer dann wieder weg zu müssen, wenn ich gerade angekommen war. Ich hasst es meiner Schwester dabei in den Augen schauen zu müssen, die einerseits Verständnis für alles hatte, andererseits aber auch darunter litt. Ich hasst es, das es normal geworden war sich ständig zu verabschieden. Ich hasste es einfach und man merkte es mir auch jedes Mal an. ,,Wir sehen uns doch schon ganz bald wieder mein Schatz.'', sagte meine Mutter, während sie mich liebvoll in ihre Arme schloss. ,,Ja, aber es sind wieder einmal 2 Monate. Langsam wird das echt alles ein bisschen viel.'', jammerte ich fast schon. Ich war einfach ein absoluter Familienmensch und hatte einfach nur Angst, dass ich irgendwann mal nach Hause komme und irgendjemand aus meiner Familie gegangen ist. Auch wenn meine Großeltern soweit noch fit sind, so konnte ja doch immer etwas passieren und das war leider ein Gedanke, mit dem ich mich nun schon seit längerem rumschlug. Ich versuchte das alles auch nicht zu nah an mich ranzulassen, doch es gelang mir meistens nicht. Und an Tagen wie heute, wo ich mich wiedermal verabschieden musste, war es wieder präsent in meinen Gedanken.

Nachdem meine Mutter mich wieder losgelassen hatte, schloss ich meine Schwester in meine Arme und flüsterte ihr ein paar Worte zu, die nur für sie bestimmt waren. Eine kleine Träne kullerte über ihre Wange. ,,Ja, ich versprechs dir.'', erwiderte sie nur woraufhin wir uns wissend anlächelten.

Ein paar Minuten später saßen Charlet und ich endlich im Auto. Sie hatte es sogar geschafft, mich zu überreden sie fahren zu lassen. So befand ich mich nun also auf dem Beifahrersitz meines Autos und irgendwie war es auch mal ganz entspannt nicht selbst zu fahren. Ich nutze die Zeit um der Band unsere Verspätung mitzuteilen und um mit meiner Tourmanagerin Amelie die letzten Details für die Festivals durchzugehen. Während ich telefonierte viel mein Blick immer wieder auf Charlet, welche höchst konzentriert auf die Straße schaute, während sie mein Auto auf 200 km/h beschleunigte. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus. Ich konnte ihr Freude so gut nachempfinden, denn auch ich liebte es schnell zu fahren, wenn die Autobahn es zuließ.

Ich schaffte es trotz der hohen Geschwindigkeit sogar nochmal für eine Weile meine Augen zu schließen. Aus einem unerklärlichen Grund war ich hundemüde und hätte Charlet mich nicht geweckt, würde ich wahrscheinlich jetzt noch im Bett vor mich hinschlummern.

- BETWEEN THE LINES - (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt