Nachdem Paul gestern alle Praxen und Krankenhäuser in der Umgebung der Hütte, in der die Polizisten überfallen worden waren, über die Schussverletzung der Frau informiert hatte, meldete sich am späten Nachmittag eine Praxis und teilte mit, dass Frau Doktor eine solche Verletzung bei einer jungen Frau behandelt habe.
Da es hier um die Aufklärung einer Mordtat ging, war die Ärztin nicht an die Schweigepflicht gebunden.Hauptkommissar Treibel und Paul saßen nun im Sprechzimmer dieser Landarztpraxis.
Paul blätterte gerade in einem Info mit dem Titel: „Was sie schon immer über Brechreiz wissen wollten", als die beleibte Ärztin den Raum betrat und die Ermittler mit einem kräftigen Handschlag begrüßte.
Der Kommissar berichtete vom Überfall auf die Polizisten im nahe gelegenen Wald und zeigte der Doktorin das mittlerweile existierende Fahndungsfoto.
Sie erkannte das Pärchen, das sich gestern Mittag hier in der Praxis aufgehalten hatte.
Die Medizinerin sei sich schon beim ersten Blick auf die Wunde sicher gewesen, dass die Verletzung nicht so passiert sein könnte, wie von der Frau geschildert. Es handle sich bei der Wunde um einen Streifschuss, was Treibels Hoffnung, dass das Pärchen sich nun der Polizei stellen würde, augenblicklich zunichte machte.Einige Minuten später war das Gespräch auch schon zu Ende.
Freundlich bedankten sich die Ermittler und verließen das Sprechzimmer.Jacques ging pfeifend und gut gelaunt die Straße entlang, denn in seiner Tasche hatte er so viel Geld wie noch nie.
Fast die ganze Nacht war er durchmarschiert und hatte nun noch wenige Meter bis nach Hause, wo er sich erst mal aufs Ohr legen wollte.
Da sah er zwei, für dieses Kaff zu elegant gekleidete Männer aus der Praxis der Doktorin kommen. Der eine hatte ein Bild in der Hand, worauf Jacques das nette Pärchen erkannte das er gerade so meisterhaft in die Großstadt dirigiert hatte.
Unbefangen teilte er den feinen Pinkeln, die überrascht den Vagabunden beäugten, mit, dass er die Personen auf dem Bild gesehen habe.
Als Jacques dann hörte, dass das Pärchen wegen Mordes von der Polizei gesucht würde, versprach er, die beiden Fahnder dorthin zu bringen, wo er die Ganoven vor zwei Stunden gesehen habe.Vom Rücksitz aus lotste Jacques, der sich als Monsieur Dubois vorgestellt hatte, die beiden Ermittler tief in den Wald hinein. Dorthin, wo er besonders unwirtlich war, wo es Felsklippen, undurchdringbares Gebüsch und reißende Bäche gab.
Der gewitzte Jacques gab den Ermittlern zu verstehen, dass er genau hier dem Pärchen begegnet sei. Oui, er könne sich erinnern und die Mademoiselle habe einen Verband am Oberarm gehabt. In diese Richtung, mitten hinein in die Wildnis, seien die beiden gezogen.
Der Kommissar bedankte sich bei Jacques für die Unterstützung und bot dem Franzosen an, Kollegen zu verständigen, um ihn wieder in die Stadt zurückzubringen.
Doch Jacques entgegnete, er werde zu Fuß gehen. Der Kommissar solle sich keine Umstände machen.
Mit einem schelmischen Grinsen verließ Jacques die abgeschiedene Gegend, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten.Treibel wusste, dass es große Probleme bereiten würde, die Flüchtigen an diesem fast unzugänglichen Ort zu stellen. Doch man musste es versuchen.
Zunächst ermittelten der Kommissar und Paul anhand einer Karte die Stelle, wo sich das Ganovenpärchen gegenwärtig - nach zwei Stunden Fußmarsch in die vom Zeugen angegebene Richtung - befinden musste.
Dann alarmierte Treibel eine Hundertschaft der Polizei, die das Waldstück mehrere Stunden lang mit Spürhunden durchkämmte.
Die Aktion verlief ergebnislos.
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Der Entflohene
Mystery / ThrillerDie Geschichte eines Entflohenen. Er wird gejagt. Doch die Häscher kommen immer näher. Gibt es ein Entrinnen?