Kapitel XLI - Jiran

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Immer wieder faszinierten ihn die kleinen Häusschen, die über den Platz verteilt waren und die Garni-sion darstellten. In einem von diesen hatte er sein Zimmer. Es war eines der kleineren Häuschen und für Besucher, also Elfen wie ihn, gedacht. Es bot alle Anehmlichkeiten, die Jiran sich nur vorstellen konnte. Er bekam sowohl Frühstück, als auch Mittagessen und Abendessen. Das Bett war jeden Tag frisch gemacht und es war nicht so scheußlich dreckig wie das in der Gaststätte in Assadéi. Außerdem konnte er jeden Tag das tun, was er wollte, sofern nicht wieder einmal ein Besuch beim Rotmantel bevorstand.  

Und trotzdem hatte Jiran beschlossen, das alles zu verlassen. Zwar nagten Zweifel an ihm, aber er ignorierte diese und das hatte er noch so lange vor, bis er aus der Stadt war und nicht so einfach wieder zurückkehren konnte. Sein Plan war ihm eingefallen, als er das Loch in der Mauer im Fluss gefunden hatte. Wie, wenn er nur auf eine passende Möglichkeit gewartet hätte, war ihm bei diesem Loch gleich klar gewesen, dass er aus der Stadt fliehen könnte, nein, würde. Er war nicht freiwillig hier, er wurde hierher zitiert und nun wurde ihm auch noch mit seinem Bruder gedroht. Er hatte sich das anders vorgestellt, als es geschehen war. Er hatte gedacht, er würde zu seinem Bruder kommen, er dachte, er würde im Palast schlafen und er hatte zumindest gehofft, dass die Senatoren schnell das Interesse an ihm verlieren würden. All das war nicht eingetreten. Er durfte seinen Bruder nicht sehen und nun wurde ihm sogar gedroht, sein Bruder müsste leiden, wenn Jiran nicht antworten würde. Ein seltsamer, griesgrämiger Adeliger, der auch noch stur und richtig ungeduldig war, verhörte ihn, kein Senator. 

Was sollte er noch länger in dieser Stadt? Er musste sich mit dem Roten herumschlagen, die Grünen waren dabei keine Hilfe und nebenbei wurde ihm noch das Leid seines Bruders angedroht. Das wollte er sich nicht geben lassen, also hatte er sich seine Tasche aus seinem Zimmer geschnappt und hatte die Decke aus seinem Bett hineingestopft. Er wusste nicht, wo er ein Zelt herbekommen sollte und außerdem war zweifelhaft, ob er es tragen konnte, also musste er sich mit dieser Decke begnügen.  

Danach schlich er in die Küche. Es war eine kleine, gemütliche Küche und niemand war dort. Alles war sauber und ordentlich und eine kleine Tür verriet den Zugang zur Speisekammer. In der Kammer roch es nach allen möglichen Lebensmitteln. Von Brot reichten sie zu Früchten, Fleisch und Süßem. Jiran packte so viel ein, wie in seine Tasche passte und achtete darauf, Dinge mitzunehmen, von denen er wusste, dass sie lange haltbar waren und nebenbei auch noch satt machten. Sein Gepäck stellte er daraufhin wieder zurück in sein Zimmer. Er hatte jetzt noch eine andere Kleinigkeit zu erledigen. Es war nämlich genauso wichtig, wie er gelernt hatte, eine Waffe bei sich zu haben.  

Der Platz war wie immer leer, so kam es Jiran vor. Zwar trainierten einige Grünmäntel hier und dort, aber so viel los wie bei der Kaserne, die ihm Tiklos und Berìn gezeigt hatte, war hier nie. Es gab aber auch nicht viele Spez im heiligen Wald und auch wenn die meisten hier lebten, waren es gerade einmal fünfzig. wenn man die Lehrlinge dazu zählte, von denen fast jeder der Grünmäntel einen besaß, denn es waren etwa noch einmal so viele. Das hieß, es konnten sich maximal hundert grüne Mäntel hier tummeln und das war im Vergleich zu den Soldaten, aber auch zu den Wachen in Lithorin nichts.  

Berìn hatte ihm von dem Gebäude erzählt und auch noch verraten, wozu es diente. Es war eines der Häuser der Garnison, doch am anderen Ende des Platzes. Es war größer als die anderen und somit auch schon etwas besonderes. Zudem besaß es, was noch viel wichtiger war, einen großen Keller, in denen sämtliche Waffen der Garnison lagerten. Berìn hatte seinen Mund nicht halten können und nun dankte es Jiran ihm damit, dass er genau dort einbrach.  

Er hatte schon eine wahnsinnige Idee, die nicht gut durchdacht war, bemerkte er wieder. Nicht nur der Einbruch, dass war weniger schlimm, nein, er wollte ganz alleine in die Wildnis fliehen. Aber noch immer wollte er diese Zweifel nicht wahrhaben, er konnte hier nicht bleiben, denn sein Bruder würde dafür bezahlen müssen. Besser sein kleiner Bruder machte ihm keine Schwierigkeiten mehr und verschwand einfach.  

Der Blutschrein [2] - LithorinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt