Kapitel XLV - Senator Tartin

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Über den Bericht, der vor ihm lag, konnte er sich nun wirklich nicht freuen. Der Hauptmann hatte sein bestes gegeben, aber kurz nachdem der Fremde den Palast wieder verlassen hatte, war er auch schon aus der Stadt abgereist. Damit hatten die Wachen keine Chance mehr gehabt, ihn noch zu fassen. Der Bericht zeigte den Ort auf, an dem er übernachtet hatte. Allein das war schon schwierig gewesen herauszufinden. Am Ende war der Bericht belanglos. Er brachte Tartin seinem Ziel, mehr über den Fremden herauszufinden, nicht näher. Er musste die Dinge anders angehen. Er hatte den Befehl gegeben, zu recherchieren, woher der Fremde kam und wann er die Stadt betreten hatte. Dass er nicht aus Lithorin kam, war klar, aber woher kam er dann und wie konnte er hierher gelangen. Alleine war es kein Spaß, den heiligen Wald zu durchqueren.  

„Herr, die Sänfte steht bereit!" 

Tartin legte das Blatt zur Seite und stand von seiner Couch auf. In letzter Zeit saß er oft hier und brütete über den Fremden nach. Langsam fragte er sich, ob es der Fremde überhaupt wert war, dass er sich so viele Gedanken über ihn machte. So richtig glauben aber, dass der Elf nie wieder auftauchen würde, dass man nichts mehr von ihm hören würde, wollte er nicht. Der Elf würde wiederkehren und dann war das sicher keine erfreuliche Rückkehr. Bis dahin musste Tartin so viel wie möglich über ihn in Erfahrung bringen. 

Die Diener trugen ihn in die nächste Senatssitzung. Voller Begeisterung war niemand, denn es sollte wieder um den Angriff auf den Tribun gehen. Der Tribun ließ bei diesem Fall nicht locker. Vielleicht lag es daran, dass er das Opfer in diesem Fall gewesen war. Die anderen Senatoren waren erschüttert, sahen aber kein Problem mit diesem Thema. Für die meisten war der Fall klar. Die Soldaten aus Ödwacht würden verhört werden, bis sie nichts mehr ausspucken könnten Wenn man den Verdacht hatte, sie behielten etwas für sich, dann konnte man im Notfall auch zu Folter greifen. Der Fall sollte wenigstens einigermaßen klar und aufgeklärt sein, sodass man dem Volk eine Lüge auftischen konnte, die ein wenig Wahrheit enthielt und nicht völlig daneben war. Bei einem Elfen war das schon gescheitert, das war der Fremde. Er wusste genau über den Vorfall Bescheid. Wie er wohl an die Informationen gelangt war? Zugern wüsste Tartin um seine Methoden. Von dem Fremden aber wussten die Senatoren nichts und er selbst hatte versprochen, nichts herumzuerzählen. 

Dann würde man die die Verbrecher einfach zu Nachtelfen machen, schon war die Sache erledigt. Der Tribun wollte es aber von vorne bis hinten wissen. Seine Leute waren ständig in den Kerkern, bei den Soldaten aus Ödwacht zu sehen. Einige treiben sich auch im Lazarett umher, sie befragten den verletzten Hauptmann, sofern dieser einmal wach war. Tartin hatte erfahren, dass es um dessen Gesundheitszustand schlecht stand, seine ersten richtigen Verhöre und erst recht seine Verbannung würden warten müssen. 

„Gut, es sind alle versammelt, also fangen wir an! Ich möchte zuerst noch einmal auf den Angriff zu sprechen kommen und dann habe ich noch einige andere Neuigkeiten, von denen Ryonin euch aber sicher mehr erzählen kann." 

„Können wir die Angreifer nicht einfach verbannen?", murrte Motoro, kaum, dass der Tribun geendet hatte. 

Der Tribun wand sich. „Nein, wir müssen sehen, was die Angreifer dazu bewogen hat. Was machen wir, wenn das noch einmal passiert? Dann haben wir erst richtigen Ärger am Hals." 

Calena knirschte ebenfalls nicht begeistert mit den Zähnen, dann sprach wieder der Tribun. 

„Gestern kam eine Nachricht von allen Generälen außer dem aus Ödwacht bei mir an." 

Er machte eine Pause und man sah ihm an, dass es ihm bei seinen nun folgenden Worten nicht behagte. Ödwacht horchte auf, für ihn konnte das nichts Gutes bedeuten. Der Tribun nahm einen Zettel von seinem Tisch. Ein kleiner Zettel und auch die Nachricht war nicht lang, aber erschütternd. 

Der Blutschrein [2] - LithorinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt