*chastity_girl* Einsicht ?

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Stina hob das Päckchen, dass im Kuvert stecke, auf und schmiss es auf den Couchtisch.
Sie selbst ließ sich in die weiche Couch fallen und verschränkte ihre Hände vors Gesicht:" Die ganze Scheiße geht wieder los. Ich kann das nicht mehr!"
Nun setzte sich Lukas, der mit der Situation mehr als überfordert war, neben sie.
"Was meinst du mit "wieder los"?" Er wusste selbst nicht genau, ob er die Antwort überhaupt wissen wollte. Nötig war sie aber sicherlich!
"Lexa ist rückfällig geworden!" sagte sie und fuhr ihre Hände durch die blonden Haare.
"Fuck!", entriss es Lukas. Mehr konnte er gerade einfach nicht dazu sagen. Sein kleiner Wildfang? Eine Drogenabhängige? "Stina bitte erzähl mir mehr."
Und Stina erzählte ihm die komplette Geschichte und nahm auch auf die Lüge mit dem Autounfall keine Rücksicht mehr. Lukas knetete seine Unterlippe und spielte abwechselnd mit seinem Bart. Er wollte und konnte das, was Stina preisgab, nicht glauben.

***

"FUCK! FUCK! FUCK!" schrie Lexa lauthals in ihrem Auto. Sie war noch nicht losgefahren, da ihre Tränen dies gar nicht zuließen. "Ich bin so am arsch!" Mit voller Wucht boxte sie gegen das Lenkrad.

***

"Ich muss jetzt erstmal eine rauchen", sagte der Rapper schockiert und fragte Stina, ob sie auch eine haben wollte. Nickend gingen sie auf den Balkon. Noch bevor Lukas seine Zigarette anzünden konnte, erblickte er den ihm bekannten weißen SUV.
"Ich komme gleich wieder", die Kippe warf er auf den Boden und auch das Feuerzeug klirrte auf den Beton. Erst jetzt begriff Tims Freundin, das er zu Lexa wollte. Denn auch sie erblickte nun den Wagen:" Lukas warte!", rief sie in die große Wohnung hinein, doch da hörte sie schon, wie die Tür ins schloss fiel.

***

Bitterlich weinte Lexa.
Als sie ihren Kopf vom Lenkrad hob, um sich ein Taschentuch zu suchen, erblickte sie Lukas, der gerade aus der Haustür stürmte.
Sie vergaß das Taschentuch, wischte sich die Tränen weg, startete den Motor und fuhr statt im ersten, im zweiten Gang an. Mit quetschenden Reifen lenkte sie nach links und bog aus.
"LEXA WARTE!", schrie Lukas rennend hinterher. Doch sie musste weg. Sofort. Sie konnte nicht noch mehr Hasstriaden ertragen.
In ihrer Trauer blickte sie in den Rückspiegel und war sich sicher, Lukas so das letzte mal gesehen zu haben.

***
"Alles okay?", fragte Stina, die Lukas und ihm ein kaltes Getränk in ein Glas schüttete, als er wieder zurück kam.
"Nein!", sagte er und nahm dankend einen Schluck.
"Das ist so typisch Lexa!", begann Stina:" Immer abhauen, wenn es unangenehm wird."
"Ich hoffe sie baut kein Unfall!", sagte Lukas sorgenvoll. Klar war er mehr als sauer in dem Augenblick, aber er liebte sie dennoch trotzdem und hatte angst um sie.
"So wie ich sie kenne, meldet sie sich eh bald bei einem von uns. Oder sie postet irgendwas." Noch bei dem letzten Satz griff Stina mit einem bösen Blick in Richtung Lukas nach ihrem Handy, öffnete Instagram und Scrollte zu dem Partybild, welches die Berlinerin vor kurzen gepostet hatte.
"Guck mal", sie zeigte ihm das Foto. Da Lukas unregelmäßig seine Sozialen Kanäle besuchte, kannte er das Bild noch nicht:" Da haben sich ja Zwei gefunden. War sicher keine Party mit Pfannkuchen und Kindercola!"

***
"Hallo Herr Gatoah! Wie komme ich denn zu der Ehre", meldete sich Basti gut gelaunt und tiefenentspannt am Telefon.
"Basti, hast du Lexa Koks vertickt?", Wie mit 180 gegen eine Wand zu preschern, sprach das sogenannte Goldkehlchen, gar nicht so goldig, in den Hörer.
"Was? Nö habe ich nicht!" Basti zupfte am Kragen seines T-shirts, als wolle er sich so etwas mehr Luft verschaffen.
"Basti, ich muss das wissen! Habt ihr euch gestern Nacht was geballert?"
Lukas gehörte zu seiner Band, war ein Kumpel und schlecht verdiente er an dem Erfolg, den Alligatoah feierte, auch nicht. Drum rang er sich durch, die Wahrheit zu sagen:" Mein Gott, hab dich mal nicht so. Die Kleine weiß ganz gut, was sie ab kann und was nicht!"
Lukas fasste es nicht. Basti steckte da auch mit drin? Er forderte seinen Chef auf, direkt zu ihm zu kommen.

***
Parallel zu dem Telefonat von Lukas, klingelte Stinas Handy. Sie verschwand auf den Balkon.
"Hey Schatz",begrüßte er sie:" Du hast vorhin so apruppt aufgelegt. Ist alles okay?"
"Tut mir leid, aber ich musste einfach zu Lexa."
"Und?"
"Sie hat dementiert. Natürlich. Dieser falsche fünfziger hat sogar gemeint, das dir das Zeug gehören könnte. Diese..."
"Stina, Schatz, beruhige dich. Ist doch klar das sie dementiert. Und jetzt?", fragte er.
"Jetzt ist sie abgehauen. Lukas weiß über alles bescheid und die feine Madame hat gestern schön mit Basti ne Koksparty gefeiert! Kannste bei Instagram sehen!", sagte sie wütend.
"Habe ich schon gesehen. Wo ist sie denn jetzt hin?"
"Ach was weiß denn ich. Ehrlich gesagt ist es mir egal!"
"Stina!", redete er auf seine Freundin ein.
"Was?"
"Dir ist das nicht egal! Das weiß ich! Versucht das zu klären. Ich muss jetzt Essen machen. Es ist Raubtierfütterungszeit. Halte mich auf den laufenden ja ?"

***

Irgendwie hatte Lexa es geschafft vor einbruch der Dunkelheit am See anzukommen. Wie in Trance fuhr sie an ihren Platz und nun saß sie da, auf der einsamen Bank und versuchte das erlebte zu verarbeiten. Aus ihrer Tasche kramte sie das Tütchen und der Rest, der von Gestern Nacht übrig geblieben war, holte sie hervor. Sie schaute sich das Pulver lange an.
"Ich habe alles verloren was mir bedeutet hat." seufzte sie, stand auf und lief einige Meter. Vor einem Mülleimer blieb sie stehen und warf das Tütchen hinein.
Ihr Handy klingelte. Sie blickte auf die Anrufer ID. Es war Tim. Sie ignorierte ihn.
Sie wollte niemanden sehen oder hören. Am liebsten würde sie sich im See ertränken. Mit einem schlag war nicht nur Stina nicht mehr da, sondern auch Lukas war weg. Ihren Job im Lagoon würde sie kündigen müssen. Unter keinen Umständen könnte sie dort noch eine Schicht ableisten. Nicht mit Stina und schon gar nicht mit den Trailerparkjungs. Wo sollte sie hin? Wo sie gerade noch Zwei Bleiben hatte, war sie sich sicher dass sie nun keins mehr ihr Zuhause nennen durfte.
Deprimiert setzte sie sich mit einer Zigarrette in der Hand zurück auf ihre einsame Bank.

***

"Und jetzt habt ihr das Mäuschen vergrault?", fragte Basti, der es sich auf Lukas Sessel bequem gemacht hatte:" Seid ihr scheiß Freunde, ey." schmiss er den beiden vor dem Kopf.
"Bitte was?", fragte Stina und glaubte sich verhört zu haben:" Du weißt schon, dass sie mich beklaut und belogen hat?"
"Ja!", nickte Basti:" Ich kenne die Story, Süße, aber Menschen die verzweifelt sich, machen eben jeden Scheiß! Und stattdessen sie noch mehr mit Dreck zu bewerfen, sollte man ihnen vielleicht mal helfen?" Etwas angewidert schaute er die beiden an:" Ähhh, was rede ich da für ein scheiß?"

Stina und Lukas blickten sich an. Waren sie vielleicht echt zu hart gewesen?
"Warum hast du ihr den Stoff denn überhaupt verkauft?", fragte Stina nun mehr traurig als sauer.
"Also erstens: Ich möchte klarstellen, das nicht ich ihr Dealer bin, sondern jemand anderes, Zweitens: Habe ich ihr einmal was klar gemacht, weil sie mich gefragt hatte. Ja woher sollte ich denn wissen das sie ein Ex Junkie war?" Sich selbst verteidigend hob Basi die Hände.
"Wir sollten aufhören uns gegenseitig zu beschuldigen!", sagte Lukas ruhig, der die ganze Zeit auf sein Handy schaute und wartete, dass Lexa bei Whatsapp Online käme. Nach zwei weiteren Minuten, die verstrichen, hielt er es nicht mehr aus und wählte ihre Nummer.

***

Wieder vibrierte ihr Handy und sie stöhnte:"Tim gib es auf , ich geh nicht ran!"
Sie zog das Telefon aus der Tasche und sah, mit pochendem Herz, auf das Display. Ihre Augen füllten sich mit Wasser, als sie das Anruferbild sah. Es war Lukas. Er hielt sie im Arm und beide lachten in die Kamera. Bilder aus glücklicheren Tagen.
Nach einer gefühlten ewigkeit gab er auf und die vibration hörte auf. Lexa schaltete das Telefon nun aus. Sie wollte einfach nur in ruhe nachdenken und klarkommen.

***
"Wir sollten wirklich schauen, das wir uns nochmal mit ihr in ruhe hinsetzen und reden. Was meinst du Stinchen?" Lukas legte freundschaftlich den Arm um sie.
Ein stummes Ja entfuhr es ihrer Kehle.
"Ich habe gesagt, ihr gehört zur Familie! Und es wäre doch gelacht, wenn wir den Scheiß nicht auch in den Griff kriegen!", nickte Basti und fragte sich selbst, warum er so rapisch darauf war, dass sich alle wieder vertragen würden. Ging es ihm um die Band ? Um die Trailerpark Partys ? Das würde alleine sein Geheimnis bleiben.

"Ich versuche sie nochmal anzurufen!", nickte Lukas und wählte ihre Nummer.

"Der gewünschte Teilnehmer ist zur Zeit leider nicht erreichbar. Bitte probieren Sie es später"
Dröhnte in sein Ohr.
"Aus!", sagte er und in Stina machte sich urplötzlich eine unvorstellbare Angst breit, das ihrer Freundin etwas passiert sein könnte.
Ein gebranntmarktes Kind scheut bekanntlich Feuer....

Raus aus meiner KneipeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt