21 - Test

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Wir sind gestern nicht mehr wirklich zu einem Ergebnis gekommen, aber zumindest weiß ich jetzt genau, wie der 'Hollow' aussieht. Außerdem haben wir uns die wichtigsten Fragen aufgeschrieben, um sie nicht zu vergessen.

Leider hilft uns beides jetzt nicht weiter, denn für den Test in Englisch haben wir uns gestern Abend nicht vorbereitet. Irgendwie hatten wir das komplett vergessen und ich habe auch nicht mehr auf mein Handy gesehen, wo in der Klassengruppe hin und her diskutiert wurde, was wohl dran kommen könnte.

Entschuldigend sehe ich zu Vince rüber, der komplett verzweifelt vor den letzte Woche eingeführten Vokabeln sitzt und jetzt entgeistert meinen Blick erwidert.

'So'n Scheiß!', formen seine Lippen.

Genau so antworte ich: 'Aber angekündigt hat sie ihn glaub' ich tatsächlich...'
Er rollt mit den Augen und widmet sich wieder dem Bogen vor ihm.

Anders als ich hätte er tatsächlich eine Ausrede, weshalb er die Vokabeln nicht kann, denn er hat gestern einen Test in Bio mitgeschrieben und hat daher in der letzten Stunde - in der wir Englisch hatten - ziemlich alle und abwesend gewirkt. Zudem ist er nicht in der Klassengruppe, weil er noch niemanden seine Nummer gegeben hat - nicht grundlos, wie ich jetzt weiß, schließlich hätte ihn darauf momentan sowieso niemand erreicht. Noch dazu ist er erst seit letzter Woche hier un somit noch in seiner 'Gewöhnungszeit'. Alles 'n bisschen viel für ihn, wie man sieht... Hust, hust.

Wie bereits erwähnt habe ich aber keine Ausrede. Verflucht!

• • •

"Schrecklich! Ich hab's total verkackt! Dabei habe ich gestern noch so lange gelernt!", mault Liz von links.

Ich will ja nicht gemein sein, aber das ist echt weit von der Wahrheit entfernt. Weder gestern noch davor habe ich sie irgendwann lernen gesehen und den Rest war sie mit Jonathan zusammen. Wer glaubt denn bitte daran, dass ein Mädchen in irgendeiner Weise zu mentaler Leistung fähig ist, wenn ihr Freund oder zumindest ein Junge, den sie mag, neben ihr sitzt.

"Ach ja? Wann denn? Als ich bei dir war? Als du nächtlichen Besuch hattest? Oder heute morgen vor der Schule, als er dich hier abgesetzt hat? Vielleicht auch in den Pausen? Das ist aber echt fies von dir gewesen, mich einfach nicht mit einzubeziehen!", lache ich und lasse Liz damit erröten.

"Du miese, kleine Verräterin! Jetzt stell mich doch nicht so verantwortungslos dar! Vielleicht habe ich gestern ja mit Jonathan gelernt?"

Ich ziehe zweifelnd eine Augenbraue hoch. Daran glaube ich im Traum nicht! "Ach ja?"
Daraufhin wird sie noch roter und senkt beschämt, aber irgendwie auch angefasst ihren Blick. Ich weiß: Ich bin fies.

"Wie ist es denn bei dir gelaufen?", fragt da Vincent von rechts. Er scheint wohl etwas Mitleid mit Liz zu haben. Tze, alles Weicheier!

Ähm... wie ist es denn bei mir gelaufen?
"Naja... äh... ne drei vielleicht?" Vielleicht untertrieben, vielleicht übertrieben, drei ist immer gut., kommentiere ich wie immer meine Standard-Antwort.

"Welches Gefühl hast du?", fragt er jetzt eindringlicher. Hat wohl gemerkt, dass ich nicht ernsthaft darüber nachgedacht hab.

"Keine Ahnung, ich liege so oder so immer schief," lache ich und hole dann aber mein Handy raus, um ein bisschen zu lesen. Ja! Ich habe Fortschritte gemacht! Amazon Kindle ist eine tolle Erfindung! Das einzige, was daran vielleicht nicht ganz so perfekt ist, sind die dubiosen Titel der Bücher, die Mama sich auf unserem, also eigentlich ihrem Account runterläd. Ich habe immer Angst, jemand könnte sehen, dass sich in der Bibliothek Bücher wie 'Mama, nicht schreien!' - ein Erziehungsratgeber -, 'My Sex Memorials' oder 'How to love a Rockstar' - mit erotischen Bildern als Cover - befinden, während die Bücher, die ich lese, was eigentlich immer nur zwei von zehn der Unlimeted Bücher sind, Titel tragen wie 'Alpha Helix' oder 'About A Boy'.

"Und bei dir, Vince?", fragt Liz irgendwann, nachdem sie mich mindestens zwanzig Mal angestupst und ich mindestens genauso oft in Gedanken 'Nein!' geschrien habe.

"Grauenvoll," antwortet dieser. "Ich hatte den Test vollkommen vergessen und wusste dann halt gar nichts... Fünf Felder hab ich trotzdem ausgefüllt. Vielleicht ist ja irgendwas davon richtig..." Oh nein, armer Vincent., denke ich sarkastisch. Mein Gesichtsausdruck scheint mich jedoch verraten zu haben, denn kurz danach höre ich ein empörtds Schnaben von Vincent, der mich immer noch von der Seite mustert, während ich, angelehnt an die Stuhllehne, weiter in meinem Buch, also meinem Handy, lese.

"Wenn ich wiederkommen darf, hilf mir."

Ist vielleicht doch irgendeine Botschaft in diesem Satz?

Das Geheimnis der drei BücherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt